Minijobs, Visier

Minijobs im Visier: Union fordert radikales Umdenken

16.11.2025 - 20:40:12

Die geringfügige Beschäftigung steht auf dem Prüfstand. Während die CDU/CSU eine weitgehende Abschaffung fordert, stehen die Änderungen für 2026 bereits fest. Die Fronten sind verhärtet – und Millionen Beschäftigte fragen sich: Was kommt da auf mich zu?

Ein politisches Erdbeben erschüttert die deutsche Arbeitswelt. Stefan Nacke, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, nennt das System der Minijobs einen „Systemfehler”, der das Fundament des Sozialstaats aushöhle. Die Forderung ist klar: Weg mit der geringfügigen Beschäftigung, wo sie reguläre Jobs verdrängt. Doch was bedeutet das konkret?

Die Diskussion kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Bereits beschlossen ist nämlich die Anhebung der Minijob-Grenze für 2026 – eine direkte Folge des steigenden Mindestlohns. Die politische Grundsatzfrage nach dem „Ob” überlagert nun die längst geklärten Details zum „Wie viel”.

Nacke wird in seinen Äußerungen zur Süddeutschen Zeitung deutlich: Das Prinzip „brutto gleich netto” mag verlockend klingen, im Kern sei es aber unsozial. Die Kosten für Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung werden auf die Allgemeinheit abgewälzt – die Sozialversicherungen verlieren Einnahmen, während die Grundsicherung womöglich mehr zahlen muss.

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Die Beitragsfreiheit solle künftig nur noch in Ausnahmefällen greifen: für Schüler, Studierende oder Rentner. Für alle anderen Beschäftigten müsse Schluss sein mit der „Parallelwelt der Arbeit”, die sich zu weit von ihrer ursprünglichen Idee entfernt habe.

Kein Wunder also, dass die Reaktionen heftig ausfallen.

Gewerkschaften jubeln, Wirtschaft warnt vor Kollaps

Frank Werneke von ver.di begrüßt den Vorstoß umgehend. Minijobs seien erwiesenermaßen kein Sprungbrett in den regulären Arbeitsmarkt – besonders Frauen landen oft in einer beruflichen Sackgasse, die direkt in die Altersarmut führe. In Zeiten des Fachkräftemangels passe dieses Modell nicht mehr in die Zeit.

Die Wirtschaftsverbände sehen das völlig anders. Der DEHOGA, Interessenvertreter der Gastronomie und Hotellerie, warnt eindringlich: Eine Abschaffung würde die Schwarzarbeit massiv ankurbeln. Minijobs seien aus diesen Branchen „nicht wegzudenken”.

Auch das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft schlägt Alarm. IW-Experte Holger Schäfer argumentiert: Minijobber hätten dadurch weniger Geld in der Tasche, ohne nennenswerte neue Ansprüche zu erwerben. Die Sozialkassen würden lediglich mit zusätzlicher Bürokratie belastet.

Das steht bereits fest: 603 Euro ab Januar 2026

Während die Politik über die Zukunft der Minijobs streitet, sind die Fakten für 2026 längst in trockenen Tüchern. Der gesetzliche Mindestlohn steigt am 1. Januar von derzeit 12,82 Euro auf 13,90 Euro pro Stunde.

Da die Minijob-Grenze seit Oktober 2022 dynamisch an den Mindestlohn gekoppelt ist, erhöht sie sich automatisch mit. Die monatliche Verdienstgrenze steigt von aktuell 556 Euro auf 603 Euro. Minijobber können damit weiterhin bis zu zehn Stunden pro Woche zum Mindestlohn arbeiten, ohne sozialversicherungspflichtig zu werden.

Der Übergangsbereich für Midijobs verschiebt sich entsprechend: Die Untergrenze liegt dann bei 603,01 Euro, die Obergrenze bleibt bei 2.000 Euro monatlich.

Bürgergeld-Empfänger profitieren minimal

Für Bezieher von Bürgergeld bringt die höhere Verdienstgrenze leichte Vorteile. Die Anrechnungsregeln bleiben unverändert: Die ersten 100 Euro sind vollständig anrechnungsfrei, vom Einkommen zwischen 100 und 520 Euro bleiben 20 Prozent anrechnungsfrei, zwischen 520 und 1.000 Euro sind es 30 Prozent.

Durch die Anhebung auf 603 Euro können Leistungsbezieher etwas mehr hinzuverdienen – was angesichts der Nullrunde beim Bürgergeld für 2026 durchaus relevant ist.

Vom Sprungbrett zur Sackgasse?

Die aktuelle Debatte offenbart die Sollbruchstelle des Systems. Ursprünglich als Brücke in den regulären Arbeitsmarkt gedacht, stehen Minijobs heute im Verdacht, einen verfestigten Niedriglohnsektor zu zementieren und sozialversicherungspflichtige Stellen zu verdrängen.

Die Folgen treffen nicht nur individuelle Lebensläufe – die Sozialsysteme als Ganzes werden geschwächt. Weniger Beitragszahler, geringere Rentenansprüche, steigende Ausgaben in der Grundsicherung: Die volkswirtschaftliche Rechnung geht für viele Experten nicht auf.

Was kommt jetzt?

Konkrete Gesetzespläne zur Abschaffung der Minijobs gibt es seitens der amtierenden Bundesregierung nicht. Der Vorstoß der oppositionellen Union hat jedoch das Potenzial, das Thema zu einem zentralen Wahlkampfthema zu machen.

Die Fronten sind klar: Gewerkschaften und Teile der Union auf der einen, Wirtschaftsverbände und FDP auf der anderen Seite. Die kommenden Monate werden zeigen, ob aus der neu entfachten Debatte ein echter Reformprozess entsteht.

Für die rund acht Millionen Minijobber in Deutschland bringt 2026 zunächst vor allem eines: 47 Euro mehr im Monat. Ob es langfristig bei dieser technischen Anpassung bleibt oder ob das System grundlegend umgebaut wird, ist offener denn je.

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