Betriebsrat gründen: Wie sich Mitarbeiter gegen Widerstände durchsetzen
16.11.2025 - 20:49:11Mediamarkt-Mitarbeiter kämpfen vor Gericht um ihre Interessenvertretung. Der Fall zeigt, welche Hürden Beschäftigte überwinden müssen – und wie sie sich schützen können.
Am 25. November steht beim Arbeitsgericht Bamberg mehr auf dem Spiel als nur eine fehlerhafte Wahl. Vier Mitarbeiter des örtlichen Mediamarkts fechten die Betriebsratswahl vom September an – angebliche Fristfehler bei der Briefwahl sollen die Abstimmung ungültig machen. Ein Konflikt, der exemplarisch zeigt: Der Weg zur eigenen Interessenvertretung ist steinig. Doch Beschäftigte haben mehr Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten, als viele denken.
Das Betriebsverfassungsgesetz macht es eigentlich klar: Bereits ab fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern kann ein Betriebsrat gegründet werden. Drei Kollegen laden zur Betriebsversammlung, dort wird ein Wahlvorstand gewählt, der die Abstimmung organisiert. Klingt einfach – ist es aber oft nicht.
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Die Tücke steckt im Detail. Fristen müssen exakt eingehalten, Wählerlisten fehlerfrei erstellt werden. Schon kleine Formfehler können die gesamte Wahl angreifbar machen. Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz von 2021 sollte eigentlich Erleichterung bringen: Das Wahlalter sank auf 16 Jahre, virtuelle Sitzungen des Wahlvorstands wurden möglich. Trotzdem bleibt die größte Hürde oft eine ganz andere: die Angst vor dem Arbeitgeber.
Kündigungsschutz: Wer geschützt ist – und ab wann
Jobverlust als Konsequenz für Mitbestimmung? Das soll der besondere Kündigungsschutz nach § 15 Kündigungsschutzgesetz verhindern. Und dieser Schutz greift früher, als viele vermuten.
Nicht erst gewählte Betriebsratsmitglieder sind geschützt, sondern bereits die Initiatoren, die zur Wahlversammlung einladen, sowie Wahlvorstandsmitglieder und Kandidaten. Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ging sogar noch weiter: Auch sogenannte “Vorfeld-Initiatoren” – Beschäftigte, die erkennbar Vorbereitungen treffen, etwa durch Gespräche mit Kollegen oder Gewerkschaftskontakte – genießen Schutz. Voraussetzung: Eine notariell beglaubigte Erklärung über die Gründungsabsicht.
Doch Vorsicht: Das Landesarbeitsgericht München stellte im August 2025 klar (Az. 10 SLa 2/25), dass dieser Sonderschutz während der Probezeit nicht greift. Wer sich in den ersten sechs Monaten engagiert, trägt ein höheres Risiko.
Gewerkschaften als Rückendeckung: Mehr als juristische Hilfe
Allein gegen den Arbeitgeber? Das müssen Beschäftigte nicht sein. Gewerkschaften wie ver.di oder die IG Metall bieten weit mehr als nur Rechtsberatung.
Sie können selbst zu Wahlversammlungen einladen, stellen organisatorisches Know-how bereit und begleiten den gesamten Prozess. Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin, betont: Frühzeitige Organisation ist der Schlüssel. Wer sich rechtzeitig Unterstützung holt, profitiert von jahrzehntelanger Erfahrung in Gründungsprozessen.
Im Bamberger Mediamarkt-Fall zeigt sich der Wert dieser Expertise: Ver.di-Gewerkschaftssekretär Paul Lehmann begleitete die Wahl von Anfang an und wies den Wahlvorstand frühzeitig auf mögliche Fristprobleme hin. Ohne externe Fachkompetenz wären solche formale Fallstricke leicht zu übersehen.
Union-Busting: Wenn Arbeitgeber die Wahl behindern
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Bei über 21 Prozent aller erstmaligen Betriebsratsgründungen zwischen 2020 und 2022 versuchten Arbeitgeber aktiv, die Wahl zu verhindern. Experten sprechen von “Union-Busting” – systematischer Behinderung der Mitbestimmung.
Der Bundesrat forderte im Juli 2025 deshalb eine grundlegende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes. Digitalisierung, neue Arbeitsformen und der unklare Status vieler Soloselbstständiger würden Mitbestimmung zunehmend erschweren. Besserer Schutz vor Wahlbehinderung steht ganz oben auf der Forderungsliste.
Auch juristische Feinheiten bleiben relevant: Das Bundesarbeitsgericht entschied im Juni 2025, dass die Wahl in den Betriebsrat ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht automatisch in ein unbefristetes umwandelt. Für Beschäftigte mit Zeitverträgen ein wichtiges Detail.
Was der Bamberg-Fall bedeutet – für alle anderen
Der Gütetermin am 25. November wird zeigen, ob die Mediamarkt-Wahl wiederholt werden muss. Doch unabhängig vom Ausgang sendet der Fall eine klare Botschaft: Mitbestimmung erkämpfen erfordert Ausdauer und professionelle Hilfe.
Die Politik hat den Handlungsbedarf erkannt. Künftige Gesetzesänderungen könnten Gründungen weiter erleichtern und Initiatoren noch wirksamer schützen. Bis dahin gilt: Wer eine Betriebsratsgründung plant, sollte sich frühzeitig mit Gewerkschaften verbünden. Deren Expertise im Arbeitsrecht und Erfahrung aus zahllosen Gründungsprozessen sind der sicherste Weg zu einer dauerhaften Interessenvertretung im Betrieb.
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