Deutschland, Bundesregierung

Bei der Kabinettsklausur spielte die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft eine große Rolle.

01.10.2025 - 16:56:17

Klingbeil und Reiche wollen Jobs in Stahlindustrie sichern. Eine wichtige Branche ist besonders unter Druck.

  • Die Stahlindustrie steckt in einer Krise. - Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

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  • Der Finanzminister und die Wirtschaftsministerin ziehen an einem Strang. - Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Die Stahlindustrie steckt in einer Krise. - Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpaDer Finanzminister und die Wirtschaftsministerin ziehen an einem Strang. - Foto: Kay Nietfeld/dpa

Die deutsche Stahlindustrie ist schwer unter Druck, es geht um tausende von Arbeitsplätzen - die Bundesregierung stellt konkrete Hilfen in Aussicht. Ein zentrales Instrument soll ein staatlich subventionierter günstigerer Industriestrompreis sein. Dafür wollen Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) den Weg frei machen.

Die EU-Kommission muss zustimmen. Sie hat unter bestimmten Voraussetzungen direkte staatliche Subventionen erlaubt, um Strompreise für energieintensive Unternehmen zu senken. Reiche sagte, die Verhandlungen mit der Kommission sollten bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein. Dabei geht es um die konkrete Ausgestaltung des Industriestrompreises.

Klingbeil und Reiche sowie Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) kamen im Finanzministerium mit Stahl-Betriebsräten sowie Gewerkschaften zusammen. Das Treffen dient als Vorbereitung für den von Kanzler Friedrich Merz (CDU) angekündigten «Stahlgipfel» im Herbst. 

Unternehmen sollen Planungssicherheit bekommen 

Reiche sagte, die Unternehmen müssten zu Beginn des Jahres 2026 wissen, dass der Industriestrompreis komme. Die Erstattung solle dann rückwirkend mit dem Haushalt 2027 erfolgen. Die Koalition bekenne sich zum Industriestrompreis und wolle ihn mit «aller politischen Durchsetzungskraft» umsetzen.

Klingbeil sprach von einem wichtigen Projekt. Er könne noch keine Summe nennen. Der Finanzminister machte aber deutlich, für einen Industriestrompreis würden im Klima- und Transformationsfonds - einem Sondertopf des Bundes - die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden. Es gehe darum, einer wichtigen Industrie zu helfen.

Kriselnde Branche 

Die deutsche Stahlindustrie leidet unter der Krise in Abnehmerbranchen, vor allem der Autoindustrie. Hinzu kommen gestiegene Energiepreise, Billigimporte vor allem aus China und die Kosten für den Umbau hin zu einer klimafreundlicheren Stahlproduktion. 

Auch hohe Zölle auf Stahlimporte in die USA machen der Branche zu schaffen. Bas nannte die Lage sehr prekär. «Wir haben die ersten Zulieferer, die sagen, dass sie Arbeitsplätze abbauen in der Stahlbranche.» 

Industriestrompreis soll helfen

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, sagte, Investoren bräuchten Klarheit darüber, ob der Stahl in Deutschland eine Zukunft habe, Unternehmen bräuchten mehr Planungssicherheit. Die Erwartungshaltung sei, dass beim Industriestrompreis ein Zielkorridor gelinge, der bei fünf Cent pro Kilowattstunde liege. 

Nach den Worten von Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, muss spätestens zum 1. Januar 2026 ein Industriestrompreis in Höhe von maximal 5 Cent pro Kilowattstunde kommen. Die Bundesregierung müsse schnell und entschlossen handeln, um die Stahlbranche als Grundstoffindustrie zu stabilisieren und damit den Industriestandort Deutschland zu stärken.

Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft liegt der durchschnittliche Strompreis bei Neuabschlüssen für kleine und mittlere Industriebetriebe derzeit bei bis zu 18 Cent pro Kilowattstunde. 

Bei großen Industriebetrieben mit langfristigen direkten Lieferverträgen kann es laut IG Metall anders aussehen. Es gebe daneben bereits Vergünstigungen wie reduzierte Netzentgelte. Dennoch liege auch bei ihnen der Strompreis weit über 5 Cent pro Kilowattstunde und damit weit über einem international wettbewerbsfähigen Niveau.

Weitere Maßnahmen geplant

Klingbeil sagte mit Blick auf einen Schutz der EU-Stahlbranche vor Billigimporten aus dem Ausland: «Wenn wir das Ziel haben, eine starke europäische, deutsche Stahlindustrie zu haben, dann müssen wir auch über entsprechende Maßnahmen nachdenken.» Der Finanzminister sprach von einem «gesunden europäischen Patriotismus». Man dürfe sich nicht von Staaten wie China abhängig machen. 

Heimischen Stahl bei Investitionen bevorzugen?

Klingbeil brachte einen anderen Vorschlag ins Spiel. Mit Blick auf das Sondervermögen für zusätzliche Milliarden-Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur stellte der SPD-Chef die Frage, warum es eigentlich nicht ein klares Bekenntnis gebe, dass dabei bevorzugt heimischer Stahl verwendet werde.

@ dpa.de

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