Bundesregierung setzt nach Chat-Control-Stopp auf neue Überwachungspläne
25.12.2025 - 15:23:11Nach dem Stopp der verpflichtenden Chat-Überwachung drängt die Koalition auf die Speicherung von IP-Adressen. Für Unternehmen entstehen neue Compliance-Herausforderungen.
Die deutsche Regierung eröffnet ein neues Kapitel im Überwachungsstreit – direkt nach ihrem Erfolg gegen die EU-weite Chat-Kontrolle. Während die umstrittene verpflichtende Durchsuchung verschlüsselter Nachrichten auf EU-Ebene vorerst gestoppt ist, drängen Justizministerium und Koalitionspolitiker nun auf die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen und radikale Gerätesperren. Für Bürger und Unternehmen zeichnet sich ein komplexes Jahr 2026 ab.
Fragiler Sieg: Die Chat-Control ist nur pausiert
Der unmittelbare Albtraum für Datenschützer ist vorbei, aber nicht beendet. Die EU-weite Pflicht zum Scannen privater Chats – bekannt als Chat-Control – wurde für 2025 gestoppt. Deutschland hatte im Oktober sein Veto eingelegt und eine Sperrminorität im EU-Rat angeführt. Die dänische Ratspräsidentschaft musste die invasivsten Teile des Plans streichen.
Das im Dezember finalisierte Positionspapier des Rates sieht keine verpflichtende Überwachung mehr vor. Stattdessen schafft es einen Rechtsrahmen für „freiwillige“ Überwachung. Große Tech-Plattformen dürfen weiter unverschlüsselte Kommunikation scannen. Neue „Risikominderungs“-Pflichten könnten sie indirekt zu Altersverifikationssystemen zwingen.
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Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) feierte das Ende der Pflicht zum Scannen als Erfolg für Grundrechte. „Die anlasslose Massenüberwachung privater Kommunikation ist in einem Rechtsstaat tabu“, betonte sie. Doch kaum war die Debatte um die Chat-Control beigelegt, eröffnete die Koalition die nächste Front.
Neues Schlachtfeld: Die Rückkehr der Vorratsdatenspeicherung
Die Debatte hat sich dramatisch verschoben – vom Scannen von Nachrichten hin zum Speichern von Verbindungsdaten. Die Regierungskoalition aus SPD und Union treibt die verpflichtende Speicherung von IP-Adressen voran.
Bereits am 21. Dezember bestätigten Berichte, dass Ministerin Hubig einen Gesetzentwurf vorantreibt. Internetanbieter sollen IP-Adressen ihrer Nutzer für einen bestimmten Zeitraum speichern, um Strafverfolgern zu helfen. Die Ministerin betont: „Eine anlasslose Chat-Control wird es mit dieser Bundesregierung nicht geben.“ Kritiker sehen in der Vorratsdatenspeicherung jedoch eine Hintertür zur Massenüberwachung.
„Die jetzt von der Justizministerin geplante Speicherung von IP-Adressen ist der Anfang der anlasslosen Massenüberwachung aller Bürger“, warnt Digitalexpertin Lena Gumnior. Die Methode sei anders als bei der Chat-Control, das Ergebnis – eine lückenlose Protokollierung des digitalen Lebens – jedoch ähnlich gefährlich.
Das Vorhaben soll eine Lücke zwischen Privatsphäre und effektiver Strafverfolgung schließen, besonders bei Kinderpornographie und Cyberkriminalität. Juristen warnen jedoch: Selbst diese „Quick Freeze“-Lösung könnte am Europäischen Gerichtshof scheitern, der pauschale Datenspeicherung wiederholt gekippt hat.
„Nordkorea-Methode“: Radikale Vorschläge für Gerätesperren
Die Spannung im Bundestag eskalierte nach einer kontroversen Rede des SPD-Innenexperten Sebastian Fiedler. In einer Debatte am 17. Dezember erklärte er, die Diskussion über das Scannen von Nachrichten sei veraltet. Stattdessen forderte er ein radikales technisches Verbot: Endgeräte sollten illegale Inhalte gar nicht erst anzeigen können.
„Es darf auf dem europäischen Markt kein Endgerät geben, das überhaupt in der Lage ist, Kinderpornographie-Material anzuzeigen und zu verarbeiten“, so Fiedler. Er zog einen Vergleich zu modernen Druckern, die das Kopieren von Banknoten technisch blockieren. Diese Idee sorgte für sofortigen Widerstand.
Das Portal Netzpolitik.org verglich die notwendige Technologie mit Zensurwerkzeugen autoritärer Regime wie Nordkorea. Kritiker machten deutlich: Eine solche Pflicht würde das komplette Redesign aller Betriebssysteme erfordern und eine zentrale „Erlaubnis-Liste“ für alle anzeigbaren Inhalte notwendig machen. Das Ende des universell nutzbaren Computers wäre die Konsequenz.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Für die Wirtschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz zeichnet sich eine herausfordernde Compliance-Lage ab:
- Freiwilliges Scannen: Da der EU-Rat „freiwillige“ Überwachung festschreibt, stehen Anbieter von E-Mail- und Cloud-Diensten vor einer schwierigen Entscheidung. Die neuen Haftungsregeln könnten einen De-facto-Zwang zum Scannen schaffen.
- IP-Protokollierung: Kommt das deutsche Gesetz, müssen Internet-Provider ihre Infrastruktur für die sichere Speicherung von IP-Daten umbauen.
- Altersverifikation: Der EU-Fokus auf „Risikominderung“ bedeutet starken Druck für Alterskontrollen. Digitale Dienste brauchen bald robuste Systeme, um Haftungsrisiken zu vermeiden.
Ausblick 2026: Polen übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft
Zum Jahreswechsel geht der Staffelstab an Polen. Die neue Ratspräsidentschaft hat bereits signalisiert, „Kinderschutz“ im Internet priorisieren zu wollen. Das könnte strengere Maßnahmen wiederbeleben, die unter Dänemark pausierten.
Die Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission beginnen Anfang 2026. Die deutsche Position ist klar: Keine verpflichtende Chat-Control, aber dafür Vorratsdatenspeicherung. Der Kompromiss könnte also einen Überwachungsmechanismus gegen einen anderen tauschen. Für Datenschützer ist das kein Gewinn.
Die Chat-Control ist blockiert, doch die Maschinerie der digitalen Überwachung läuft für das entscheidende Jahr 2026 bereits warm.
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