Apple muss 98,6 Millionen Euro Strafe in Italien zahlen
24.12.2025 - 09:02:12Die italienische Wettbewerbsbehörde bestraft Apple für die App Tracking Transparency. Sie sieht die Datenschutzfunktion als wettbewerbsfeindlich und kritisiert eine doppelte Zustimmungspflicht.
Italiens Kartellwächter haben Apple wegen mutmaßlichen Missbrauchs seiner Marktmacht durch die Datenschutzfunktion ATT eine Millionenstrafe auferlegt. Die Entscheidung stellt einen neuen Frontverlauf im europäischen Kampf für fairen Wettbewerb im Digitalmarkt dar.
Datenschutz als Wettbewerbshindernis?
Die italienische Wettbewerbsbehörde AGCM verhängte die Strafe in dieser Woche. Sie wirft Apple vor, mit seiner App Tracking Transparency (ATT)-Richtlinie die eigene dominante Stellung auszunutzen. Konkret kritisiert die Behörde zwei Punkte: Zum einen müssten Drittanbieter-Apps den abschreckenden ATT-Hinweis anzeigen, während Apples eigene Dienste davon ausgenommen seien. Zum anderen schaffe der zusätzliche ATT-Dialog neben der ohnehin nötigen DSGVO-Einwilligung eine unnötige Hürde für Entwickler. Diese „doppelte Zustimmung“ senke die Einwilligungsraten und schädige das Werbegeschäft von Apps, die auf Werbung angewiesen sind.
„Die Bedingungen der ATT-Richtlinie werden einseitig auferlegt und schädigen die Interessen von Apples Geschäftspartnern“, so die AGCM. Apple hätte seine Datenschutzziele auch mit weniger wettbewerbsbeschränkenden Mitteln erreichen können.
Apples Widerspruch: Privatsphäre als Grundrecht
Apple kündigte umgehend an, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen. Das Unternehmen verteidigt ATT als eine Verbraucherschutzfunktion. „Wir glauben, dass Privatsphäre ein grundlegendes Menschenrecht ist“, erklärte ein Apple-Sprecher. Die Regeln würden für alle Entwickler gleichermaßen gelten, auch für Apple selbst. Die eigenen Apps zeigten den Hinweis nicht, weil sie Nutzer nicht über Apps und Websites Dritter hinweg verfolgten – genau das Verhalten, das ATT regulieren solle.
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Teil eines europäischen Musters
Die italienische Strafe reiht sich in eine Serie regulatorischer Herausforderungen für Apple in Europa ein:
- Französische Präzedenz: Frankreichs Kartellbehörde verhängte bereits eine ähnliche Strafe von 150 Millionen Euro gegen Apple wegen ATT.
- EU-Digitalmarktgesetz (DMA): Die Entscheidung fällt in die Zeit der verschärften Durchsetzung des DMA, der die Macht von „Gatekeeper“-Plattformen wie Apple begrenzen soll.
- Vorgeschichte in Italien: Die AGCM ist für harte Strafen gegen US-Tech-Konzerne bekannt. 2021 wurden Apple und Amazon gemeinsam zu einer Strafe von über 200 Millionen Euro verurteilt, die später jedoch reduziert wurde.
Rechtsexperten halten das Argument der „doppelten Zustimmung“ für besonders gewichtig. Damit greifen die Regulierer nicht nur die Marktwirkung, sondern die technische Umsetzung von Apples Datenschutz-Schnittstelle direkt an.
Folgen für den Werbemarkt und die Nutzer
Die Entscheidung unterstreicht den grundsätzlichen Konflikt zwischen Datenschutz und dem Geschäftsmodell der digitalen Werbung. Seit der Einführung von ATT klagt die Werbebranche über milliardenschwere Umsatzeinbußen, da die meisten Nutzer das Tracking ablehnen.
Ein Marktanalyst aus Milan kommentiert: „Dieses Urteil bestätigt, was die Werbebranche seit Jahren sagt: Datenschutz kann als wettbewerbsfeindliche Waffe eingesetzt werden.“ Die größte unmittelbare Gefahr für Apple liegt jedoch nicht in der Geldstrafe, sondern in einer möglichen Zwangs-Neugestaltung der ATT-Funktion. Die AGCM hat Apple eine 90-tägige Frist gesetzt, um die beanstandeten Praktiken zu beenden. Sollte das Urteil Bestand haben, könnte Apple gezwungen werden, einen einheitlichen Zustimmungs-Dialog für ATT und DSGVO zuzulassen. Dies würde dem Konzern die exklusive Kontrolle über eine zentrale Privatsphäre-Schnittstelle nehmen – ein Kernverkaufsargument des iPhones.


