Unter anderem wegen des Widerstandes der Bundesregierung kann sich die EU bislang nicht auf StrafmaĂnahmen gegen Israel einigen.
10.09.2025 - 09:42:47Von der Leyen: EU-Kommission stoppt Zahlungen an Israel. Nun kommt es zu einem Alleingang der EuropÀische Kommission.
Wegen Israels Vorgehen im Gazastreifen setzt die EU-Kommission ihre UnterstĂŒtzung fĂŒr das Land aus. Man werde alle entsprechenden Zahlungen stoppen, sagte KommissionsprĂ€sidentin Ursula von der Leyen im Europaparlament in StraĂburg. Es solle allerdings keine Auswirkungen fĂŒr die Arbeit mit der israelischen Zivilgesellschaft oder der Holocaust-GedenkstĂ€tte Yad Vashem geben. Israel kritisierte, der Entschluss der EU-Kommission basiere teils auf der Propaganda der Hamas.
Von der Leyen kĂŒndigte auch an, den MitgliedslĂ€ndern VorschlĂ€ge fĂŒr Sanktionen gegen extremistische Minister und gegen gewalttĂ€tige Siedler zu unterbreiten. Auch wolle man den Mitgliedstaaten empfehlen, in einem Partnerschaftsabkommen enthaltene Handelsvereinbarungen auszusetzen.
«Mir ist bewusst, dass es schwierig werden wird, Mehrheiten dafĂŒr zu finden», sagte von der Leyen in ihrer ersten Rede zur Lage der EU in ihrer zweiten Amtszeit. FĂŒr manche Staaten gehe jede dieser MaĂnahmen zu weit und fĂŒr andere nicht weit genug. «Doch wir alle mĂŒssen unserer Verantwortung gerecht werden â Parlament, Rat und Kommission.»
Die CDU-Europaabgeordnete Hildegard Bentele zeigte sich «schockiert ĂŒber die Einseitigkeit» der PlĂ€ne ihrer Parteifreundin von der Leyen. «Keine klare Forderung an Hamas auĂer einem halbherzigen "Freilassen der Geiseln", kein Wort zu den Fortschritten bei der humanitĂ€ren Hilfe, und das Assoziierungsabkommen wird geopfert â ohne Plan fĂŒr den kĂŒnftigen Dialog mit Israel», kritisierte die Vorsitzende der EU-Israel-Delegation im EuropĂ€ischen Parlament. Das sei verheerend fĂŒr die EU-Israel-Beziehungen.
Israel: «Das ist kein akzeptables Verhalten zwischen Partnern»
Auch aus Israel kam Kritik. Israels AuĂenminister Gideon Saar sagte, die EU-KommissionsprĂ€sidentin gebe dem Druck von KrĂ€ften nach, die die Beziehungen zwischen Israel und Europa untergraben wollten. Dies widerspreche auch den Interessen der europĂ€ischen LĂ€nder selbst. Die EU-Kommission stĂ€rke mit ihrer Entscheidung die Hamas, die fĂŒr den Krieg im Gazastreifen verantwortlich sei, sagte Saar weiter. «Und vor allem: Dies ist kein akzeptables Verhalten zwischen Partnern.»
EU-LĂ€nder im Umgang mit Israel uneinig
Die EU ist im Umgang mit Israel tief gespalten. Auf vorgeschlagene MaĂnahmen der BrĂŒsseler Behörde konnten sich die MitgliedslĂ€nder bislang nicht verstĂ€ndigen. So hatte die Kommission Ende Juli vorgeschlagen, die Zusammenarbeit im Rahmen des Forschungsförderungsprogramms Horizon Europe einzustellen. Damit soll der Druck auf das Land erhöht werden, eine bessere humanitĂ€re Versorgung der Menschen im abgeriegelten Gazastreifen zu ermöglichen, wo Israel die islamistische Hamas bekĂ€mpft. Israelische Unternehmen könnten durch die StrafmaĂnahme den Zugang zu ZuschĂŒssen in Millionenhöhe verlieren.
Zur BegrĂŒndung heiĂt es, Israel verstoĂe mit seinem Vorgehen im Gazastreifen und der daraus resultierenden humanitĂ€ren Katastrophe gegen die Menschenrechte und das humanitĂ€re Völkerrecht. Damit werde ein wesentliches Prinzip der Zusammenarbeit zwischen der EU und Israel im Rahmen des geltenden Assoziierungsabkommens verletzt.Â
Berlin will EU-Israel-Sanktionen nicht zustimmen
Unter anderem Deutschland spricht sich dagegen aus und will den Sanktionen nicht zustimmen. Andere LĂ€nder wie beispielsweise Spanien Ă€uĂerten deutliches UnverstĂ€ndnis ĂŒber die Ablehnung des Kommissionsvorschlages. Ob der Sanktionsvorschlag der EU-Kommission umgesetzt werden kann, hĂ€ngt davon ab, ob er im Rat der Mitgliedstaaten die UnterstĂŒtzung einer sogenannten qualifizierten Mehrheit bekommt.Â
Konkret mĂŒssten dafĂŒr 15 der 27 EU-Staaten zustimmen, die zusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der teilnehmenden Mitgliedstaaten reprĂ€sentieren. Zuletzt fehlte lediglich noch die UnterstĂŒtzung von Deutschland oder Italien. Alle anderen groĂen EU-Staaten und viele kleinere sind fĂŒr die StrafmaĂnahme.
Bilaterale Kooperation
Zum Umfang der Mittel, die eingefroren werden sollen, sagte von der Leyen zunĂ€chst nichts. Aus der EU flieĂen Kommissionsangaben zufolge unter anderem Mittel aus einem Instrument fĂŒr Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit nach Israel. Mit durchschnittlich 1,8 Millionen Euro pro Jahr will die EU demnach die AnnĂ€herung israelischer Normen und Standards in der öffentlichen Verwaltung an jene der EU unterstĂŒtzen.Â
Auch israelische Organisationen der Zivilgesellschaft sind von der EU förderfÀhig. Im Jahr 2020 wurden nach Angaben der EU-Kommission etwa Projekte im Gesamtwert von 1,2 Millionen Euro finanziert.
Von der Leyen kĂŒndigte weiterhin an, im Oktober eine Gebergruppe fĂŒr PalĂ€stina ins Leben zu rufen und dabei auch ein Instrument fĂŒr den Wiederaufbau des Gazastreifens zu schaffen. «Dabei handelt es sich um internationale BemĂŒhungen in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Region», sagte sie.
Auslöser des Kriegs war das Massaker der Hamas
Israel bekĂ€mpft im inzwischen groĂflĂ€chig zerstörten Gazastreifen die islamistische Hamas, die dort weiter Geiseln gefangen hĂ€lt. Auslöser des Gaza-Kriegs war das Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 mit 1.200 Toten und etwa 250 Verschleppten. Israel verteidigt sein Vorgehen als notwendige Reaktion und verlangt eine Freilassung aller Geiseln.