Frankreich, Regierung

Nach dem Sturz der Regierung Bayrou ist Neustart in Frankreich angesagt.

09.09.2025 - 20:00:35

Macron ernennt Verteidigungsminister Lecornu zum Premier. Macron legt rasch einen neuen Premier vor.

  • Lecornu ist neuer französischer Premier. (Archivbild) - Foto: Moritz Frankenberg/dpa

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  • Der bisherige Verteidigungsminister Sébastien Lecornu ist Frankreichs neuer Premierminister. (Archivbild) - Foto: Moritz Frankenberg/dpa

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Lecornu ist neuer französischer Premier. (Archivbild) - Foto: Moritz Frankenberg/dpaDer bisherige Verteidigungsminister Sébastien Lecornu ist Frankreichs neuer Premierminister. (Archivbild) - Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Nur einen Tag nach dem Sturz der Mitte-Rechts-Regierung in Frankreich hat Staatschef Emmanuel Macron den bisherigen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu zum Premierminister ernannt. Das teilte der Élysée-Palast mit. Der 39-Jährige mehrfache Minister gilt als Vertrauter Macrons. Lecornu soll nun mit den politischen Kräften in der Nationalversammlung beraten, um den dringend nötigen Haushalt auf die Beine zu stellen, hieß es. Auch Vereinbarungen für die Entscheidungen der kommenden Monate solle er mit ihnen treffen.

In der Mitteilung des Élysée-Palastes hieß es, erst im Anschluss solle der neue Premier seine Regierungsmannschaft vorschlagen. Sein Handeln solle unter anderem von der Verteidigung der Unabhängigkeit und der Stärke Frankreichs geleitet werden. «Der Präsident der Republik ist überzeugt, dass auf diesen Grundlagen ein Einvernehmen zwischen den politischen Kräften im Respekt der Überzeugungen eines jeden möglich ist.»

Von den Konservativen kommend wurde Lecornu 2017 in die Mitte-Regierung von Édouard Philippe berufen. Lecornu wird nachgesagt, einen gewissen Draht zu und Respekt von der rechtsnationalen Führungsfigur Marine Le Pen zu haben. Er gilt als Politiker, der von der bürgerlichen Rechten toleriert wird und dem im linken Lager zumindest keine krasse Ablehnung entgegenschlägt.

Vorgänger Bayrou war mit Vertrauensfrage gescheitert

Am Montagabend hatte der vorherige Premier François Bayrou nach nicht einmal neun Monaten im Amt in der Nationalversammlung eine Vertrauensfrage verloren und seine Minderheitsregierung so zu Fall gebracht. Schon im Dezember war das Mitte-Rechts-Kabinett von Michel Barnier gestürzt. Nach Monaten der Instabilität muss Frankreich nun darauf hoffen, politisch voranzukommen.

Entscheidend ist das vor allem mit Blick auf den Haushalt. Das hoch verschuldete Land muss seinen Sparkurs stabilisieren und ein Budget für das kommende Jahr verabschieden. Wie einer neuen Regierung dies angesichts der weit auseinander liegenden Positionen im gespaltenen Parlament gelingen wird, ist unklar.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Frankreich mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. In absoluten Zahlen lastet auf dem Land mit rund 3.300 Milliarden Euro der höchste Schuldenberg in der Eurozone. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in Europa. Das Haushaltsdefizit lag zuletzt bei 5,8 Prozent. Die EU hat bereits im Juli 2024 ein Defizitverfahren gegen Frankreich eröffnet.

Komplizierte politische Ausgangslage erschwert Regieren

Seit der Parlamentswahl im vergangenen Jahr ist die Nationalversammlung tief gespalten. Macrons Mitte-Leute, Le Pens Rechtsnationale und das linke Lager stehen sich als drei große Blöcke gegenüber. Eine eigene Mehrheit hat keiner von ihnen. Barniers Regierung hing von den Rechtsnationalen ab und scheiterte, Bayrou ließ sich erst von den Sozialisten dulden, verspielte dann aber deren Gunst.

Auch unter der neuen Regierung dürfte es ein Balanceakt werden, mit der politischen Ausgangslage zu regieren. Lagerübergreifende Koalitionen sind in Frankreich unüblich. Statt Kompromisssuche wird im Parlament eher ein Konfrontationskurs gefahren.

Auch Macron in Politkrise unter Druck

Macrons schnelle Ernennung dürfte nicht zuletzt eigennützige Gründe haben. Mit zwei gescheiterten Premiers in nur einem Jahr war der Präsident selbst unter Druck geraten. Die Rechtsnationalen forderten ihn auf, mit einer Parlamentsauflösung den Weg für Neuwahlen freizumachen. Die altlinke LFI wollte ihn gar absetzen. Macrons Schnell-Nominierung dürfte daher nicht nur der Versuch sein, die Haushaltskrise und die abermalige Politkrise einzugrenzen, sondern auch selbst aus der Schusslinie zu kommen.

@ dpa.de

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