Mehr als die Hälfte der Deutschen findet: Vermieter haben beim Mietrecht die besseren Karten.
21.12.2025 - 06:00:07Mehrheit sieht Immobilienbesitzer beim Mietrecht im Vorteil. Die Bundesjustizministerin bereitet weitere Reformen vor. Der Eigentümer-Verband ist entsetzt.
In Mietrechtsfragen sieht die Mehrheit der Deutschen die Eigentümer von Immobilien gegenüber den Mietern klar im Vorteil. Die Verlängerung der Mietpreisbremse durch die Koalition sowie weitere Reformen, die sich die schwarz-rote Bundesregierung vorgenommen hat, stoßen daher bei den Bürgerinnen und Bürgern auf relativ hohe Zustimmung, wie die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur belegen.
Mehr als jeder Zweite sieht Vermieter am längeren Hebel
Auf die Frage, wer hierzulande mit Blick auf rechtliche Vorgaben wohl die stärkere Position hat, Mieter oder Vermieter, antworteten 17 Prozent der befragten Wahlberechtigten, das Verhältnis sei ausgewogen. Die Mieter im Vorteil sehen demnach 18 Prozent der Deutschen, während 54 Prozent überzeugt sind, die Vermieter seien in der rechtlich stärkeren Position. Elf Prozent der Menschen, die zwischen dem 12. Dezember und dem 15. Dezember an der Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut YouGov teilgenommen haben, trauten sich hierzu kein Urteil zu oder machten keine Angaben.
Der Deutsche Mieterbund (DMB) sieht die Mieter zwar auf dem Papier nicht im Nachteil. Er beobachtet aber eine große Diskrepanz zwischen der rechtlichen Situation und dem, was Wohnungssuchende und Mieter in der Praxis erleben. Der Verband teilt auf Anfrage mit: «Theoretisch hat der Mieter viele Schutzrechte, aber auf dem Wohnungsmarkt herrscht in vielen Städten erheblicher Nachfrageüberhang - das heißt: Wohnungen sind knapp und Vermieter können oft den Preis und Konditionen diktieren oder aussuchen, an wen sie vermieten.»
Aus Sicht des Eigentümer-Verbands Haus & Grund sind Vermieter schon seit einigen Jahren rechtlich im Nachteil. «Die Balance ist nicht mehr gegeben», sagt Verbandspräsident Kai Warnecke.
Mietpreisbremse existiert seit Juni 2015
Die Mietpreisbremse für Neuvermietungen in begehrten Wohngebieten war 2015 eingeführt und in diesem Sommer erneut verlängert worden - bis Ende 2029. Das zeitlich befristete Instrument zum Schutz vor überhöhten Mieten gilt in Gegenden, die die jeweilige Regierung des Bundeslandes als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt bestimmt. Bei Neuvermietung einer Wohnung darf die Miete dort zu Beginn höchstens um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. So heißt die Durchschnittsmiete für vergleichbare Wohnungen, die zum Beispiel in Mietspiegeln zu finden ist.
Von der Bremse ausgenommen sind unter anderem neu gebaute Wohnungen, die nach Oktober 2014 erstmals vermietet wurden, sowie Wohnungen, die nach einer umfassenden Modernisierung zum ersten Mal wieder vermietet werden.
Hubig bereitet mehrere Änderungen vor
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hält die Verlängerung jedoch nicht für ausreichend und plant - unter Verweis auf den Koalitionsvertrag - weitere Reformen: strengere Regeln für Kurzzeitmietverträge, möbliertes Wohnen sowie für Indexmieten, bei denen die Höhe der Miete an die Entwicklung der Verbraucherpreise gekoppelt ist.
Dass die Mietpreisbremse verlängert wurde und die Bundesregierung nach eigener Aussage weitere Maßnahmen für bezahlbares Wohnen plant, halten laut Umfrage 43 Prozent der Deutschen für sinnvoll. Lediglich elf Prozent der Bundesbürger sind hier gegenteiliger Meinung. 35 Prozent der Befragten entschieden sich für die Antwortoption «teils/teils». Weitere elf Prozent machten hier keine Angaben oder antworteten mit «weiß nicht».
Die Justizministerin hat auch neue Regeln zur sogenannten Schonfristzahlung angekündigt. Sie sollen verhindern, dass Mieter in die Obdachlosigkeit rutschen. «Wer mit der Miete im Rückstand ist, soll die ordentliche Kündigung abwenden können, indem er die Miete nachzahlt», erklärte Hubig bereits im Juni. Für Haus & Grund ist vor allem dieser Punkt inakzeptabel. Verbandschef Warnecke sagt, für Vermieter würde das bedeuten, dass sie den Gegenwert von sechs bis neun Monatsmieten ausgeben müssten, um eine Räumungsklage anzustrengen, die am Ende womöglich unwirksam wird - «und sie bleiben dann auf den Kosten sitzen». Sein Verband beobachte wegen zu vieler Einschränkungen und des stark gestiegenen bürokratischen Aufwands ohnehin seit Jahren einen Rückzug privater Vermieter.
Wer durch Schenkung oder als Erbe Inhaber eines Mehrfamilienhauses wird, entscheidet sich laut Warnecke inzwischen häufig wegen der komplizierten Vorgaben beziehungsweise der in Städten wie München sehr hohen Erbschaftssteuer für den Verkauf an eine Fondsgesellschaft oder einen Immobilienkonzern. Das Nachsehen hätten die Mieterinnen und Mieter, deren Anliegen im direkten Kontakt mit einem privaten Vermieter meist besser berücksichtigt würden. Auch schreckten immer engere Vorschriften potenzielle private Investoren ab, was zu weniger neuen Mietwohnungen führe.
Mieterbund: Mietpreisbremse überall und Bußgelder
Der Mieterbund spricht sich dagegen dafür aus, die Mietpreisbremse künftig nicht nur in den ausgewiesenen Gebieten zu Anwendung zu bringen, sondern bundesweit und unbefristet. Eine weitere Forderung des DMB: Vermieter, die gegen die Regeln der Mietpreisbremse verstoßen, sollten nicht nur wie bislang die überhöhte Miete rückwirkend erstatten, sondern «empfindliche Bußgelder» fürchten müssen. Zudem brauche es «mehr staatliche Stellen, die Verstöße aufdecken und sanktionieren».
Expertenkommission berät auch über Bußgelder
Mitte September hat im Justizministerium eine Expertenkommission zum Mietrecht ihre Arbeit aufgenommen. Sanktionen bei Mietwucher und Verstößen gegen die Mietpreisbremse stünden besonders im Fokus des Gremiums, teilte das Justizministerium damals mit.
Die insgesamt 20 Experten sollen unter anderem Ideen für mögliche neue Bußgeldregeln erarbeiten. Neben Stimmen der Mieter- und Vermieterseite gehören auch Richter und Wissenschaftler zur Kommission. Ob sich die Kommission am Ende auf einen gemeinsamen Vorschlag wird einigen können, ist noch offen.







