Deutschland, Nordrhein-Westfalen

Nach dem Angriff auf Herdeckes designierte Bürgermeisterin steht ein Familienstreit im Fokus der Ermittlungen.

08.10.2025 - 17:37:07

Messerangriff auf Bürgermeisterin: Eine Tat in der Familie. Die 17-jährige Tochter ist tatverdächtig. Warum sie dennoch wohl nicht in U-Haft muss.

  • Die Frau war am Dienstag lebensgefährlich verletzt in ihrem Haus gefunden worden und mit einem Hubschrauber in eine Klinik gebracht worden. - Foto: Alex Talash/dpa

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  • Die Spurensicherung war bis Dienstag am späteren Abend vor Ort. - Foto: Christoph Reichwein/dpa

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  • Am Mittwoch konnten die Ermittler Entwarnung geben: Die designierte Bürgermeisterin befindet sich nicht mehr in Lebensgefahr. - Foto: Fabian Strauch/dpa

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  • Die Kinder der Frau waren vorläufig festgenommen worden. - Foto: Alex Talash/dpa

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Die Frau war am Dienstag lebensgefährlich verletzt in ihrem Haus gefunden worden und mit einem Hubschrauber in eine Klinik gebracht worden. - Foto: Alex Talash/dpaDie Spurensicherung war bis Dienstag am späteren Abend vor Ort. - Foto: Christoph Reichwein/dpaAm Mittwoch konnten die Ermittler Entwarnung geben: Die designierte Bürgermeisterin befindet sich nicht mehr in Lebensgefahr. - Foto: Fabian Strauch/dpaDie Kinder der Frau waren vorläufig festgenommen worden. - Foto: Alex Talash/dpa

Die Nachricht von einem lebensbedrohlichen Messerangriff auf die frisch gewählte Bürgermeisterin der Ruhrgebietsstadt Herdecke hat bundesweit Schockwellen ausgelöst. Am Tag nach der Tat machen die Ermittler bei einer Pressekonferenz zum Stand der noch laufenden Ermittlungen deutlich: Statt der auch von der Polizei anfänglich für möglich gehaltenen politischen Tat, steht womöglich ein eskalierter Familienstreit hinter der Attacke. Beschuldigt wird die 17-jährige Tochter der 57-jährigen Kommunalpolitikerin Iris Stalzer. Ihr werde gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Die gute Nachricht des Tages rückt die Einsatzleiterin der Polizei Hagen, Ursula Schönberg, weit an den Anfang ihrer Auskünfte: Man habe mittlerweile die frohe Kunde, dass sich Frau Stalzer nicht mehr in Lebensgefahr befinde und nun hoffentlich weiter auf dem Weg der Besserung sei.

Politikerin saß lebensbedrohlich verletzt in einem Sessel

Als die Polizei am Dienstagmittag alarmiert wurde, hatte sich ein anderes, zunächst unklares Bild gezeigt: Rettungskräfte fanden die von mehreren Messerstichen lebensgefährlich Verletzte in einem Sessel, nicht mehr ansprechbar. Ein Hubschrauber flog sie in ein Krankenhaus, wo sie intensivmedizinisch betreut wurde. 

Nach den Ausführungen der Ermittler hatte die nun tatverdächtige 17-Jährige selbst den Notruf verständigt. Aufgrund ihrer Aussage sei man zunächst von einem Überfall ausgegangen, habe auch eine Fahndung eingeleitet. 

Nach und nach rückten für die Polizei dann allerdings die beiden adoptierten Kinder, die ebenfalls vor Ort gewesen seien, in den Fokus der Ermittlungen: Der 15-Jährige und die 17-Jährige seien voneinander getrennt auf eine Polizeiwache gebracht worden, schildert Einsatzleiterin Schönberg. Sie seien in den Abendstunden vorläufig festgenommen worden.

Ermittler: Mutter belastet 17-jährige Tochter

Die weiteren Ermittlungen der eingesetzten Mordkommission und die kriminaltechnischen Untersuchungen führten dann dazu, dass sich ein Tatverdacht gegen die Ältere der beiden Teenager erhärtet habe, erläutert der ermittelnde Oberstaatsanwalt Bernd Haldorn. Ausschlaggebend dafür sei neben der Spurenlage in dem Wohnhaus auch die Aussage der Mutter: Sie hatte in ihrer Vernehmung im Krankenhaus die 17-Jährige belastet. 

Den Tatort finden die Ermittler im Keller des Wohnhauses. In einem anderen Zimmer entdecken sie zwei mutmaßliche Tatmesser sowie Kleidung, die bei der Tat getragen worden sein soll. Welches Motiv hinter der Tat stecke, sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen, sagt der Leiter der Mordkommission, Jens Rautenberg. Nur so viel: «Es gab innerfamiliäre Streitigkeiten».

Staatsanwalt: «Es kann hier keine Sonderbehandlung geben»

Der Staatsanwalt nutzt seinen öffentlichen Auftritt daher auch für einen deutlichen Appell: Der Fall habe zwar ein überregionales Interesse ausgelöst, jetzt, da man sicher sei, es mit einem Familienstreit zu tun zu haben, sei es seine Aufgabe, das Verfahren so zu behandeln, wie andere Fälle dieser Art: «Es kann hier keine Sonderbehandlung geben, sondern muss so entschieden werden, wie man es in anderen Fällen auch entschieden hätte», sagt er mit Blick auf das große mediale Interesse an dem Fall. Zudem sei wegen des jugendlichen Alters der Beschuldigten besondere Zurückhaltung geboten. 

Angesichts seiner Erkenntnisse zum Tatgeschehen werde er daher auch keinen Haftbefehl gegen die Jugendliche beantragen, stellt er klar. «Rein rechtlich gehe ich von gefährlicher Körperverletzung aus», so seine Bewertung. Gegen ein Tötungsdelikt als Tatbestand spreche unter anderem, dass die Tochter selbst den Notruf gewählt habe.

Man könne niemanden eines versuchten Tötungsdeliktes beschuldigen, wenn dieser die Tat abgebrochen oder einen Rettungsversuch unternommen habe, sagt Haldorn. Und: Der Zustand der Verletzten sei nach aktuellen Erkenntnissen besser als zunächst angenommen. Zudem seien weder Flucht- noch Wiederholungsgefahr zu begründen.

Welche Rolle spielte der 15-Jährige?

Die Ermittlungen in dem Fall sind allerdings noch lange nicht abgeschlossen: Die Spuren vor Ort müssen weiter ausgewertet, weitere Vernehmungen durchgeführt werden, unterstreichen die Ermittler. 

Die beiden Jugendlichen waren am Tattag noch nicht von der Polizei vernommen worden. Die Rolle des 15-Jährigen - ob als Zeuge oder Helfer der 17-Jährigen - müsse noch ermittelt werden, hieß es. Auch gegen ihn sei daher kein Haftbefehl zu erwarten.

@ dpa.de

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