Berlin / Quedlinburg - Die Notwendigkeit eines gesamtgesellschaftlichen Ansatzes angesichts der Herausforderungen der geopolitischen Lage und die Bedeutung des internationalen Feuerwehr-Netzwerks waren die Kernthemen der 72.
08.11.2025 - 17:55:22Bevölkerungsschutz kann nur gemeinsam gelingen / 72. DFV-Delegiertenversammlung: Bedeutung des internationalen Netzwerks betont. Delegiertenversammlung des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV) in der Welterbestadt Quedlinburg (Sachsen-Anhalt).
"Sicherheit, Bildung und gesellschaftliche Resilienz gehen Hand in Hand"
DFV-Präsident Karl-Heinz Banse betonte angesichts wachsender und wechselnder Bedrohungen: "Wir können nicht in der Lage leben, sondern müssen uns vorbereiten." Er bekräftigte die Forderungen des DFV zum Zivil- und Katastrophenschutz, die unter anderem die Förderung des Selbstschutzes anmahnen. "Jeder ist ein Stückweit selbst verpflichtet, sich zu schützen", erklärte Banse und berichtete von seinen Erfahrungen bei internationalen Fachveranstaltungen etwa in Japan, wo die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung bei Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Tsunamis extrem hoch sei. Der Präsident des Fachverbandes für 1,4 Millionen Feuerwehrangehörige in Deutschland unterstützte erneut die Forderung des Bundesinnenministers Alexander Dobrindt, Selbsthilfe bereits in der Schule zu lehren: "Die Feuerwehren sind mit Brandschutzerziehung seit Jahrzehnten gut vernetzt; wir stehen dafür ein, dass Sicherheit, Bildung und gesellschaftliche Resilienz Hand in Hand gehen!"
Dr. Tamara Zieschang, Ministerin für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, avisierte für die Zukunft steigende Einsatzzahlen auch durch Extremwetterereignisse. "Im Bereich des Bevölkerungsschutzes sind auf Ebene der Landkreise in den nächsten Jahren viele Investitionen geplant", berichtete sie. Zur Frage des Einsatzes der Feuerwehren im Zivilschutz forderte sie mehr Klarheit zu Aufgabenumfang und Personalfragen wie der Mehrfachverwendung. "Die Innenministerien sind bei den großen Herausforderungen, die anstehen, auf kluge Ratgeber in Form des Deutschen Feuerwehrverbandes und der Landesfeuerwehrverbände angewiesen", dankte sie für den vielschichtigen Austausch.
Angesichts nationaler Aufgaben: Feuerschutzsteuer-Anteil für Feuerwehren
Angesichts der möglichen Anforderungen an die Feuerwehren im Rahmen des "Operationsplans Deutschland" bekräftigte DFV-Präsident Banse das Bewusstsein der Feuerwehren ob ihrer besonderen Rolle gegenüber Staat und Bevölkerung. Ohne kommunale Feuerwehren seien derartige Bundesaufgaben wie auch im Zivilschutz nicht möglich. Er regte daher auch vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Lage an, 0,1 Prozent des Aufkommens der Feuerschutzsteuer für Feuerwehren in Deutschland zur Verfügung zu stellen, um den durch das föderale System bewältigten Aufgaben Rechnung zu tragen: "Wir haben hier auch eine Erwartungshaltung an den Bund."
"Durch die veränderte Lage in der Welt rückt der Zivilschutz weiter ins Blickfeld. Verteidigung ist nicht nur eine militärische, sondern auch eine zivile Aufgabe. Da sind große Aufgaben viele Jahre lang liegengeblieben: Das ist mittlerweile angekommen!", äußerte sich Dr. Christoph Hübner, stellvertretender Leiter der Abteilung Krisenmanagement im Bundesministerium des Innern. Er avisierte, dass auch die Feuerwehren durch Fahrzeuge oder Warnung der Bevölkerung von den final verfünffachten Haushaltsmitteln des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe partizipieren würden. "Das ist der Pakt für den Bevölkerungsschutz", erklärte er.
Götz Ulrich, Vizepräsident des Deutschen Landkreistags, bezeichnete die Feuerwehren als "verbindendes Element zwischen Alltag und Ausnahmefall". Deutschland brauche ein handlungsfähiges Schutzsystem, in dem die Feuerwehren als einzige engmaschig und flächendeckend verfügbaren Einsatzkräfte eingebunden seien. Hierzu sei auch die umfassende Nutzung der Finanzierungsmöglichkeiten durch den Bund für die Ausstattung der Feuerwehren unerlässlich.
Einheitliche Ausbildung für grenzübergreifenden Einsatz
"Die einheitliche Ausbildung ist ein Eckpfeiler der europäischen Zusammenarbeit - wenn sich die Folgen des Klimawandels weiter fortsetzen, wird dies wichtiger denn je", erklärte DFV-Präsident Banse im Hinblick auf das EU-Katastrophenschutzverfahren rescEU, in dem sich europäische Einsatzkräfte gegenseitig helfen. Er betonte nicht zuletzt die Bedeutung des neu gegründeten Verbandes der Feuerwehren in der Europäischen Union. Das starke grenzübergreifende Netzwerk der Feuerwehren und ihrer Verbände zeigte sich direkt vor Ort in Quedlinburg: Milan Dubravac, Präsident des Weltfeuerwehrverbandes CTIF, bekräftigte den Ansatz, geopolitische Herausforderungen im Bereich des Zivilschutzes und der zivilen Verteidigung gemeinsam anzugehen. Der Präsident des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes, Robert Mayer, dankte für die wertvollen Einblicke in das deutsche Feuerwehrwesen: "In Österreich gibt es die Diskussion über den Zivilschutz in dieser Dimension derzeit noch nicht. Das können wir uns aber nicht mehr leisten; wir müssen über die Grenzen hinaus an unseren Herausforderungen arbeiten." Slavko Tucakovíc, Kroatiens oberster Feuerwehrmann, berichtete von Waldbränden, die nur durch gemeinsamen internationalen Einsatz bewältigt werden konnten. "Die engen deutsch-französischen Beziehungen waren die Keimzelle des Verbandes der Feuerwehren in der Europäischen Union", konstatierte Armand Jung, Vertreter des Französischen Feuerwehrverbandes. Er bekräftigte, dass mit einem gemeinsamen Ausbildungskonzept internationale Kräfte bei großen Katastrophen mit Sicherheit und Effektivität eingesetzt werden könnten.
Internationalität und der Faktor Mensch waren die Schwerpunkte im Schlaglicht, das DFV-Vizepräsident Frank Hachemer auf die Weltleitmesse Interschutz warf. Diese findet vom 1. bis 6. Juni 2026 in Hannover statt und steht unter dem Motto "Safeguarding tomorrow".
Mit Blick auf die Zukunft gab Dr. Alexander Beck, DFV-Experte für Cybersicherheit, einen beeindruckenden Einblick in hybride Gefahrenlagen und die Auswirkungen solcher Angriffe von finanziellen Schäden bis hin zum Vertrauensverlust in die Sicherheitsarchitektur. "Die Cybersicherheit bei den Feuerwehren ist bundesweit unstrukturiert, während sich die Bedrohungen weiterentwickeln", erklärte er.
Frank Ruch, Oberbürgermeister der Welterbestadt Quedlinburg, richtete den Blick in seinem Grußwort auf den Nachwuchs: "Tugenden, die schon Kinder und Jugendliche vermittelt bekommen, tragen die Gesellschaft. Jugendarbeit ist gelebte Wertebildung und ein wichtiger Beitrag für die Zukunft unserer Gesellschaft." DFV-Präsident Banse zeigte sich stolz, dass die Deutsche Jugendfeuerwehr entgegen dem allgemeinen Trend immer mehr Kinder und Jugendliche ins ehrenamtliche Engagement bringt. Bezüglich der dort gelebten Inklusion äußerte er die Erwartung, dass das Engagement der Jugendlichen dann nicht durch Landesgesetze ausgebremst würden, sondern sie in die jeweiligen Einsatzabteilungen wechseln könnten.
Im Vorfeld der Delegiertenversammlung fand ein ökumenischer Gottesdienst in der Marktkirche St. Benedikti Quedlinburg statt. Dr. Frank Conrads, Pastor und DFV-Bundesbeauftragter für Feuerwehrseelsorge, gestaltete den Gottesdienst und appellierte beim Totengedenken im Rahmen der Delegiertenversammlung: "Bei aller Verschiedenheit und auch, wenn wir uns nicht immer in allem einig sind: Unser Dienst ist ein Zeichen der Hoffnung und der Menschenwürde."
Bereits am Freitag lud der Landesfeuerwehrverband Sachsen-Anhalt die Delegierten zu einem Länderabend im Großen Schloss Blankenburg ein. LFV-Präsident Kai-Uwe Lohse nutzte die Gelegenheit zum Appell für die Verbandsarbeit: "Wenn wir uns nicht selbst organisieren, werden wir zum Spielball der Politik. Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen!" Blankenburgs Bürgermeister Heiko Breithaupt freute sich über die Gäste aus ganz Deutschland und dem Ausland. Er bezeichnete die Feuerwehr als "Rückgrat der kommunalen Daseinsvorsorge". DFV-Präsident Karl-Heinz Banse dankte den Organisatoren für die Veranstaltung im größten erhaltenen Welfenschloss: "Das ist eine wunderbare Gelegenheit zum Austausch!" Er trug sich danach in das Goldene Buch der Stadt Blankenburg ein.
Freundliche Unterstützung erfuhr die 72. Delegiertenversammlung des Deutschen Feuerwehrverbandes durch die Mercedes Benz AG und die Telekom Deutschland GmbH. Bilder der Veranstaltung werden unter https://www.feuerwehrverband.de/presse/bilder/ zur Verfügung gestellt.
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