Wien und Tirol führen Solarpflicht ein
08.11.2025 - 11:21:12Wiens radikale Wende: PV wird Pflicht
Wien macht ernst mit Klimaschutz im Bausektor. Ende 2023 beschloss die Bundeshauptstadt eine weitreichende Bauordnungsnovelle, deren Auswirkungen sich jetzt voll entfalten. Parallel dazu zieht Tirol nach und verschärft seine Bauvorschriften massiv. Beide Bundesländer reagieren damit auf den dringenden Handlungsbedarf: Der Gebäudesektor ist für einen erheblichen Teil der Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Die neuen Regelungen setzen vor allem auf drei Säulen: Photovoltaik-Pflicht, Gebäudebegrünung und klimafreundliche Wärmeversorgung. Doch was bedeutet das konkret für Bauherren und die Immobilienbranche?
Die Wiener Bauordnung macht keine halben Sachen mehr. Auf allen Neubauten müssen künftig Solaranlagen installiert werden – und zwar nicht symbolisch, sondern mit konkreten Mindestleistungen.
Die Kennzahlen:
* Wohngebäude: Mindestens 1 kWp pro 150 m² Brutto-Grundfläche
* Nicht-Wohngebäude: 1 kWp pro 100 m² Nutzfläche
* Alternative: Ersatzleistung auf anderen geeigneten Flächen in Wien
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Ist eine Installation technisch oder wirtschaftlich nicht machbar, müssen Bauherren alternative erneuerbare Energieanlagen errichten. Die Messlatte liegt hoch.
Doch Wien geht noch weiter. Rankhilfen für Fassadenbegrünung dürfen nun 20 Zentimeter über die Fluchtlinien ragen – ein Detail, das die nachträgliche Begrünung von Bestandsbauten erheblich vereinfacht. Bei größeren Renovierungen werden Innenhöfe gärtnerisch gestaltet, auf Parkplätzen ist pro fünf Stellplätzen ein großkroniger Baum verpflichtend.
Weniger Bürokratie für Klimaschutz
Die Hauptstadt räumt gleichzeitig bürokratische Hürden aus dem Weg. PV-Anlagen bis 15 kWp, Erdwärmesonden, Fassadenbegrünungen und Ladeinfrastruktur für E-Mobilität sind unter bestimmten Voraussetzungen bewilligungsfrei. Die Botschaft ist klar: Klimaschutz soll schnell und unkompliziert umgesetzt werden.
Ein Gegenpol dazu: Der Altbauschutz wurde massiv verschärft. Gebäude, die vor 1945 errichtet wurden, dürfen nur noch unter strengeren wirtschaftlichen und strukturellen Auflagen abgerissen werden. Die Stadt will ihren wertvollen Bestand erhalten – und zwingt gleichzeitig zur Sanierung statt Neubau.
Tirol setzt auf ganzheitliche Strategie
Tirol wählt einen anderen Weg als Wien, verfolgt aber ähnliche Ziele. Die Tiroler Bauordnung kennt keine explizite Solarpflicht, fordert aber bei Neubauten Dachkonstruktionen, die für spätere PV-Installationen tragfähig sind. Die Nachhaltigkeits- und Klimastrategie des Landes zielt auf Energieautonomie bis 2050.
Der Schwerpunkt liegt auf der Sanierung des Gebäudebestands. Tirol unterstützt den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme mit gezielten Förderprogrammen – sowohl Einmalzuschüsse als auch Annuitätenzuschüsse für kreditfinanzierte Sanierungen. Die Raumordnung wird angepasst, um flächensparende Siedlungsentwicklung zu forcieren und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.
Was bedeutet das für die Baubranche?
Die neuen Regelungen treffen die Immobilienwirtschaft in schwierigen Zeiten. Gestiegene Kosten, hohe Zinsen und ein Rückgang bei Baugenehmigungen belasten die Branche ohnehin. Die verpflichtenden Klimaschutzmaßnahmen erhöhen die initialen Baukosten weiter.
Doch es gibt auch Chancen:
* Langfristig niedrigere Energiekosten
* Staatliche Förderungen auf Bundes- und Landesebene
* Planungssicherheit durch klare Vorgaben
* Innovationsschub bei nachhaltigen Baustoffen und Technologien
Experten sehen in den Novellen eine notwendige Weichenstellung. Während der Neubau schwächelt, gewinnt die Sanierung an Bedeutung. Die neuen Regelungen könnten diesen Trend zur qualitativen Aufwertung des Bestands weiter verstärken.
Der lange Weg zur Klimaneutralität
Wien will bis 2040 klimaneutral sein – ein ambitioniertes Ziel. Die neu geschaffenen Regelungen zur Energieraumplanung, die Fernwärme-Ausbaugebiete für Bestandsgebiete definieren können, sollen die Dekarbonisierung des Wärmesektors weiter vorantreiben.
In Tirol wird das zweite Maßnahmenprogramm der Nachhaltigkeits- und Klimastrategie für 2025 bis 2027 die konkreten Umsetzungsschritte weiter definieren. Die Harmonisierung der Bauvorschriften mit den Klimazielen bleibt eine Daueraufgabe.
Klar ist: Der Fokus auf erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimawandelanpassung im Baurecht ist unumkehrbar. Die Art, wie in Österreich gebaut wird, ändert sich gerade fundamental – ob die Branche will oder nicht.
PS: Die verpflichtenden Klimaschutzmaßnahmen erhöhen nicht nur Baukosten, sondern werfen auch Fragen zur Betriebskostenabrechnung auf: Welche Posten dürfen Vermieter auf Mieter umlegen, wenn etwa Heizung oder Warmwasser modernisiert werden? Der kostenlose PDF-Report “Betriebskosten 2025” erklärt übersichtlich, welche Kosten umlagefähig sind und worauf Sie bei der rechtssicheren Abrechnung achten müssen. Betriebskosten-Report 2025 kostenlos herunterladen


