WhatsApp, Kurswechsel

WhatsApp öffnet sich: EU zwingt zu radikalem Kurswechsel

08.11.2025 - 22:41:12

Durchbruch oder Risiko? Erstmals Nachrichten über Plattform-Grenzen hinweg

Der Messenger-Riese WhatsApp testet erstmals das Senden und Empfangen von Nachrichten an Nutzer anderer Messaging-Dienste – eine Revolution für die bisher abgeschottete Plattform. Parallel dazu entwickelt das Meta-Unternehmen einen „Hochsicherheitsmodus” speziell für gefährdete Nutzergruppen wie Journalisten und Aktivisten. Beide Neuerungen befinden sich derzeit in der Beta-Phase und werden mit ausgewählten Testern in der Europäischen Union erprobt.

Was nach freiwilliger Innovation klingt, ist in Wahrheit regulatorischer Druck: Das EU-Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act) zwingt die Plattform zur Öffnung. Doch was bedeutet das konkret für die zwei Milliarden Nutzer weltweit? Und steht ein SMS-ähnliches System für verschlüsselte Messenger bevor?

Nutzer der aktuellen Android-Beta (Version 2.25.33.8) und iOS-Beta (Version 2.5.32.10.72) entdecken in den EU-Ländern eine neue Funktion: „Chats von Drittanbietern”. Diese optional aktivierbare Einstellung ermöglicht erstmals die Kommunikation mit Kontakten auf anderen Messaging-Diensten – direkt aus WhatsApp heraus.

In der ersten Testphase funktionieren bereits grundlegende Funktionen: Textnachrichten, Fotos, Videos, Sprachnachrichten und Dokumente lassen sich plattformübergreifend austauschen. Die Nutzer können selbst entscheiden, ob sie diese externen Konversationen gemeinsam mit ihren WhatsApp-Chats in einem Posteingang sehen oder getrennt in einem eigenen Ordner verwalten möchten. BirdyChat ist bislang die erste offiziell unterstützte Drittanbieter-App.

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Doch es gibt Einschränkungen: Typische WhatsApp-Features wie Status-Updates, Sticker oder selbstlöschende Nachrichten funktionieren in plattformübergreifenden Chats nicht. Zudem warnt WhatsApp ausdrücklich, dass die Datenschutzrichtlinien der externen Anbieter für deren Seite der Kommunikation gelten. Ein pikantes Detail: Personen, die ein Nutzer auf WhatsApp blockiert hat, könnten theoretisch über einen Drittanbieter-Dienst wieder Kontakt aufnehmen.

Maximaler Schutz auf Knopfdruck: Der neue Hochsicherheitsmodus

Parallel zur Öffnung nach außen rüstet WhatsApp intern auf. In der Android-Beta-Version 2.25.33.4 tauchte erstmals der „Strenge Kontosicherheitsmodus” auf – ein gebündeltes Sicherheitspaket für besonders gefährdete Nutzer. Die Idee dahinter: Journalisten, Aktivisten oder Personen des öffentlichen Lebens sollen maximalen Schutz erhalten, ohne Cybersecurity-Experten sein zu müssen.

Ein einziger Klick aktiviert dann automatisch die restriktivsten verfügbaren Einstellungen. Was genau passiert? Fotos und Dateien von unbekannten Nummern werden blockiert, Link-Vorschauen deaktiviert (um IP-Tracking zu verhindern), Anrufe anonymer Kontakte stummgeschaltet und Gruppeneinladungen auf Kontakte beschränkt. Zusätzlich erzwingt der Modus die Zwei-Faktor-Authentifizierung, aktiviert Warnungen bei Sicherheitscode-Änderungen und schützt die IP-Adresse bei Anrufen durch Routing über WhatsApp-Server.

Diese Funktion befindet sich noch in der Entwicklung und ist selbst für Beta-Tester nicht verfügbar. Ein Veröffentlichungstermin wurde nicht genannt.

Regulierung statt Innovation: Die EU als Treiber des Wandels

Täuschen wir uns nicht: WhatsApp öffnet sich nicht freiwillig. Der Digital Markets Act der EU stuft Meta als „Gatekeeper” ein und verpflichtet das Unternehmen zur Interoperabilität mit Konkurrenten. Ziel ist mehr Wettbewerb und Wahlfreiheit für Verbraucher – eine Kampfansage an die geschlossenen Ökosysteme der Tech-Giganten.

Könnte daraus ein neues Standard-Modell entstehen? Durchaus möglich. Andere Länder beobachten das EU-Experiment genau. Sollten ähnliche Gesetze weltweit folgen, stünde eine grundlegende Transformation des Messaging-Marktes bevor – vergleichbar mit der Interoperabilität von E-Mail-Anbietern oder Telefonnetzwerken.

WhatsApp beteuert zwar, dass Nachrichten an Drittanbieter-Apps weiterhin Ende-zu-Ende-verschlüsselt bleiben. Doch die Plattform gibt auch zu: Was auf der Gegenseite mit den Daten geschieht, unterliegt fremden Datenschutzregeln. Ein Risiko, das Nutzer kennen sollten.

Der lange Weg zur vollständigen Vernetzung

Die volle Integration wird Jahre dauern. WhatsApp plant, die Drittanbieter-Funktionalität 2026 offiziell in der EU zu starten – zunächst nur für Textnachrichten und Medien. Aber plattformübergreifende Sprach- und Videoanrufe? Die sind frühestens für 2027 angekündigt.

Ob und wann die Funktionen außerhalb der EU verfügbar werden, bleibt offen. Klar ist: Die EU setzt hier einen Präzedenzfall, der die globale Messaging-Landschaft nachhaltig verändern könnte. Eine Plattform, die offener und vernetzter wird – aber gleichzeitig neue Werkzeuge bietet, um die Verwundbarsten zu schützen. Der Spagat zwischen Öffnung und Sicherheit wird WhatsApps größte Herausforderung der kommenden Jahre.

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