Vorsteuerabzug, Regeln

Vorsteuerabzug: Neue Regeln beim Wechsel der Kleinunternehmer-Regelung

17.11.2025 - 22:09:12

Das Bundesfinanzministerium schafft Klarheit: Wer als Kleinunternehmer investiert und dann zur Regelbesteuerung wechselt, kann Vorsteuer nicht sofort abziehen – aber es gibt einen Weg zurück. Ein Erlass vom 10. November 2025 beendet jahrelange Unsicherheit für Tausende Gründer und wachsende Betriebe.

Die neue Regelung betrifft ein klassisches Wachstumsproblem: Ein Unternehmen überschreitet die Umsatzgrenze und muss von der vereinfachten Kleinunternehmer-Regelung (§ 19 UStG) zur normalen Umsatzsteuer wechseln. Was passiert mit den Investitionen, die kurz vor dem Wechsel getätigt wurden? Das BMF liefert nun bundesweit einheitliche Antworten.

Die Kleinunternehmer-Regelung vereinfacht das Leben: keine Umsatzsteuer auf Rechnungen, keine Voranmeldungen. Der Preis? Kein Vorsteuerabzug auf Geschäftsausgaben. Problematisch wird es, wenn ein Betrieb noch formal als Kleinunternehmen gilt, aber bereits große Anschaffungen für die Zeit danach plant.

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Das Ministerium stellt unmissverständlich klar: Der Vorsteuerabzug ist für Zeiträume vor dem tatsächlichen Wechsel zur Regelbesteuerung ausgeschlossen. Das gilt selbst dann, wenn der Statuswechsel durch Überschreiten der Umsatzgrenzen praktisch feststeht.

Auch Anzahlungsrechnungen oder Vorauszahlungen, die vor dem Wechsel beglichen wurden, bleiben außen vor. Eine rückwirkende Geltendmachung für die Kleinunternehmer-Phase? Nicht vorgesehen. Denn in dieser Zeit existierte schlicht keine Umsatzsteuerpflicht, die einen Vorsteuerabzug rechtfertigen würde.

Der Ausweg: Berichtigung nach § 15a UStG

Keine Sorge – die Vorsteuer ist nicht verloren. Der Kniff liegt in der rechtlichen Einordnung: Das BMF definiert den Übergang zur Regelbesteuerung offiziell als „Änderung der Verhältnisse”. Diese Formulierung ist der Schlüssel zur nachträglichen Korrektur.

Über § 15a des Umsatzsteuergesetzes können Unternehmer die Vorsteuer auf ihre Vor-Wechsel-Käufe doch noch zurückholen. Diese Vorschrift regelt die Anpassung von Vorsteuerabzügen, wenn sich die ursprünglichen Bedingungen ändern – genau das, was beim Statuswechsel passiert.

Allerdings ist der Prozess formalisiert: Unternehmer müssen die spezifischen Anforderungen des § 15a UStG erfüllen und die Geringfügigkeitsgrenzen aus § 44 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung beachten. Unterhalb bestimmter Beträge entfällt die Korrekturpflicht.

Rückwärts gedacht: Vom Regelunternehmen zum Kleinunternehmer

Symmetrie im Steuerrecht: Die Regelung funktioniert auch andersherum. Wechselt ein Unternehmen von der Regelbesteuerung zurück zur Kleinunternehmer-Regelung, gilt das ebenfalls als „Änderung der Verhältnisse” – nur mit umgekehrtem Vorzeichen.

Wer zuvor Vorsteuer auf Anlagegüter oder Dienstleistungen geltend gemacht hat, muss diese nun anteilig zurückzahlen. Ein Beispiel: Eine Maschine, deren volle Vorsteuer abgezogen wurde, wechselt während des Berichtigungszeitraums (fünf Jahre bei beweglichem Anlagevermögen, zehn bei Immobilien) in die steuerfreie Kleinunternehmer-Sphäre. Resultat? Eine teilweise Rückforderung durch das Finanzamt.

Die gute Nachricht: Auch hier greifen die Bagatellgrenzen aus § 44 UStDV, die kleinere Beträge von der Korrektur ausnehmen. Wer seinen Betrieb bewusst verkleinert oder vereinfachen möchte, sollte diese möglichen Rückzahlungen einkalkulieren.

Planungssicherheit für Startups und Wachstumsunternehmen

Der Erlass beendet regionale Unterschiede in der Verwaltungspraxis. Bisher konnten Finanzämter solche Fälle unterschiedlich handhaben – ein Unsicherheitsfaktor für strategische Investitionsentscheidungen kurz vor einem Statuswechsel.

Besonders relevant ist die Klarstellung für Startups mit hohen Anfangsinvestitionen. Sie wissen nun: Der administrative Weg über § 15a UStG ist gangbar, auch wenn die Vorsteuer nicht sofort fließt. Für etablierte Betriebe, die aus Vereinfachungsgründen zur Kleinunternehmer-Regelung zurückkehren wollen, dient die Regelung als Warnung: Früher abgezogene Vorsteuer kann zur Rückzahlungspflicht werden.

Das BMF betont: Die Prinzipien gelten für alle offenen Fälle, wirken also in Vergangenheit und Zukunft. Eine Übergangsregelung schützt allerdings Steuererklärungen, die bis zum 10. November 2025 nach alter Auslegung eingereicht wurden.

Was Unternehmer jetzt tun sollten

Wer den Wechsel plant oder bereits vollzogen hat, muss seine Buchhaltung umstellen. Entscheidend ist die lückenlose Dokumentation aller Anschaffungen vor dem Statuswechsel – nur so lässt sich die § 15a-Korrektur später sauber beantragen.

Umgekehrt sollten Unternehmer, die zur Kleinunternehmer-Regelung zurückkehren möchten, ihre Anlagegüter der letzten Jahre genau prüfen. Welche Vorsteuerbeträge wurden gezogen? Liegt das noch im Berichtigungszeitraum? Drohen Rückzahlungen?

Die Komplexität des § 15a-Verfahrens macht professionelle Beratung fast unumgänglich. Steuerberater können nicht nur die korrekten Beträge berechnen, sondern auch prüfen, ob Bagatellgrenzen greifen oder besondere Abschreibungsregelungen zu beachten sind. Angesichts der bundesweiten Geltung und der rückwirkenden Anwendbarkeit sollten betroffene Unternehmen zeitnah handeln.

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