Vor drei Jahren stürzten Vorwürfe von Vetternwirtschaft und Verschwendung den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) in eine tiefe Krise.
21.08.2025 - 13:15:29RBB scheitert in Karlsruhe mit Klage gegen Staatsvertrag
Mit einem neuen Staatsvertrag wollten die Länder Berlin und Brandenburg Ende 2023 Konsequenzen ziehen und die Arbeit des Senders transparenter machen. Doch der RBB sah durch mehrere neue Bestimmungen seine Rundfunkfreiheit in Gefahr - und wandte sich ans Bundesverfassungsgericht.
In Karlsruhe hatte das öffentlich-rechtliche Medienhaus nun keinen Erfolg. Das oberste deutsche Gericht wies die Verfassungsbeschwerde zurück. Die angegriffenen Regelungen verletzten nicht die Rundfunkfreiheit des RBB, entschied der Erste Senat. Berlin und Brandenburg hätten als Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Anforderungen eingehalten. (Az. 1 BvR 2578/24) Der Sender begrüßte, dass das Urteil Klarheit in der Sache geschaffen habe.
Landesangebote für Berlin und Brandenburg
Der Sender hatte in seiner Verfassungsbeschwerde unter anderem kritisiert, dass er laut Staatsvertrag verpflichtet ist, das Fernsehprogramm für Berlin und Brandenburg täglich mindestens 60 Minuten "auseinanderzuschalten" - also "zur gesonderten Darstellung jedes Landes" zu trennen. Für diese Landesangebote ist im Staatsvertrag zudem eine zusätzliche Leitungsebene vorgesehen. Beides beschränkt laut RBB die Rundfunkfreiheit.
Das Bundesverfassungsgericht sieht das anders. "Die zeitliche Mindestvorgabe lässt dem RBB weiten Raum zur weitergehenden zeitlichen Gestaltung", so der Senat. Schließlich sei das Mindestzeitfenster für die Landesthemen "in Relation zum Gesamtprogramm zeitlich eher eng bemessen". Die publizistische Freiheit, wie man das ausgestaltet, bleibe außerdem erhalten. Dass durch die neue Leitungsebene die Funktionsfähigkeit des RBB gefährdet oder vom Staat Einfluss auf die Mitarbeitenden genommen werde, sei nicht ersichtlich.
Vorgaben zu Standorten
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde war darüber hinaus, dass im Staatsvertrag Vorgaben auftauchen, wo und in welcher Zahl der RBB Standorte zu unterhalten hat. So müssen demnach Regionalstudios in Cottbus und Frankfurt (Oder) und Regionalbüros in Brandenburg an der Havel, Prenzlau und Perleberg stehen.
Auch hierzu hatte das Gericht anders als der RBB keine verfassungsrechtlichen Bedenken. "Die Festlegung sichert eine Flächenpräsenz des RBB", so die Karlsruher Richterinnen und Richter. "Sie dient der regionalen Vielfalt im Programm und wird dem Wesen des RBB als Mehrländerrundfunkanstalt gerecht." Die Angebote des Senders müssten auch "der regionalen Vielfalt der Länder Berlin und Brandenburg sowie der Sprache und Kultur des sorbischen/wendischen Volkes" Rechnung tragen.
Neues Direktorium
Im neuen Staatsvertrag wurde ein zusätzliches Organ in die Geschäftsleitung des Senders berufen: das sogenannte Direktorium. Dieses besteht aus der Intendantin oder dem Intendanten sowie zwei Direktoren oder Direktorinnen, von denen je einer für den programmlichen Bereich und einer für den administrativen Bereich zuständig ist. Laut RBB ein weiterer Eingriff in seine Rundfunkfreiheit.
Dem Sender gelang es aber auch hier nicht, das Bundesverfassungsgericht davon zu überzeugen. Dass die Rolle der Intendanz schwächer werde, indem ihre Kompetenzen verringert würden, schränke nicht notwendigerweise das Funktionieren des Senders ein, erklärte das Gericht. Die Zuständigkeiten seien ausreichend effektiv und klar verteilt.
Öffentliche Ausschreibung und Haftungsfragen
Der Karlsruher Senat erklärte die Verfassungsbeschwerde überwiegend für zulässig - wenn auch in der Sache erfolglos. In zwei Punkten scheiterte es aber schon an der Zulässigkeit. Dabei ging es zum einen um die vom RBB gerügte Pflicht, ohne Ausnahme jede zu besetzende Stelle öffentlich ausschreiben zu müssen, und zum anderen um Haftungsregelungen für den Rundfunk- und Verwaltungsrat sowie die Intendanz.
RBB-Intendantin Ulrike Demmer betonte, dass man sich bei den grundsätzlichen Zielen mit den Ländern einig sei. "Das gilt für die Stärkung der Regionalität ebenso wie für verbesserte Kontrolle und größere Transparenz." Die Überprüfung durch das höchste deutsche Gericht sei dennoch erforderlich gewesen, so Demmer. "Strittig war, wie detailliert der Gesetzgeber dem Sender den Weg vorgeben kann, um diese Ziele zu erreichen. Darüber ist nun abschließend entschieden, diese Klarheit war für uns wichtig."
Der Berliner Senat begrüßte die Entscheidung erwartungsgemäß. "Das Bundesverfassungsgericht hat heute (...) die Länder Berlin und Brandenburg in ihrem Ziel, den Rundfunk Berlin-Brandenburg zukunftsfest aufzustellen, bestätigt", so der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) laut Mitteilung.
"Nicht nur aus Anlass des RBB-Skandals war es notwendig, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seinen Strukturen zu reformieren, um seine Glaubwürdigkeit wieder herzustellen und seine Leistungsfähigkeit zu verbessern", so Wegner. "Der RBB muss das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen und die beschlossenen Reformen nun zeitnah umsetzen. Der RBB-Staatsvertrag kann auch Vorbild für andere Länder sein."
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bezeichnete den Staatsvertrag als "direkte Antwort auf den massiven Vertrauensverlust, den die frühere Leitung des Senders ausgelöst hatte. Wir haben an zahlreichen Stellschrauben gedreht, um eine Verschwendung von Beitragsmitteln für die Zukunft auszuschließen."