VDA und Fraunhofer setzen neue KI-Sicherheitsstandards
23.12.2025 - 08:33:12Deutsche Industrie präsentiert konkreten Maßnahmenkatalog, um die Vorgaben der EU-KI-Verordnung in praktische Technik umzusetzen und zum Leitmarkt für vertrauenswürdige KI zu werden.
Deutschlands Industrie prescht mit einem konkreten Fahrplan für sichere Künstliche Intelligenz vor. Nur einen Tag vor Weihnachten legen der Verband der Automobilindustrie (VDA) und das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme (IKS) einen Maßnahmenkatalog vor. Ihr Ziel: Die strengen Vorgaben der EU-KI-Verordnung in praktisch umsetzbare Technik zu übersetzen und Deutschland zum Leitmarkt für vertrauenswürdige Industrie-KI zu machen.
Vom Gesetzestext zur technischen Blaupause
Die Initiative kommt zur rechten Zeit. Seit Mitte 2024 ist der European AI Act in Kraft, der für Hochrisiko-Anwendungen – wie KI in Fahrzeugen oder der Produktion – strenge Sicherheitsnachweise vorschreibt. Bislang fehlte es jedoch an standardisierten Methoden, diese Nachweise auch effizient zu erbringen. „Wir müssen von der theoretischen Regulierung in die praktische Nachweisbarkeit kommen“, lautet die Devise der Projektpartner. Die neuen Leitlinien sollen Unternehmen befähigen, die Konformität ihrer Systeme rechtssicher zu dokumentieren – ein drängender Schritt, da erste Umsetzungsfristen für integrierte Sicherheitssysteme bereits 2027 greifen.
Im Kern der Kooperation steht das Projekt „Safe AI Engineering“. Es zielt darauf ab, die oft als undurchsichtig geltende „Black Box“ KI für Sicherheitsbewertungen zugänglich zu machen. Ein Schlüsselelement ist dabei das Konzept des „Uncertainty Wrapper“. Dabei wird die Unsicherheit einer KI-Entscheidung, etwa bei der Erkennung eines Hindernisses, messbar gemacht. „Wenn das System weiß, dass es etwas nicht weiß, kann es in einen definierten, sicheren Rückfallmodus schalten“, erläutern Fraunhofer-Experten. Diese Methodik ist nicht nur für autonomes Fahren, sondern auch für KI-gestützte Qualitätskontrollen in Fabriken essenziell.
Die EU-KI-Verordnung stellt Hersteller und Zulieferer vor konkrete Pflichten – viele Unternehmen sind auf die technischen Umsetzungsanforderungen nicht vorbereitet. Unser kostenloser Umsetzungsleitfaden fasst die wichtigsten Vorgaben praxisnah zusammen: Kennzeichnungspflichten, Risikoklassifizierung, erforderliche Dokumentation und die relevanten Übergangsfristen. Mit konkreten Checklisten und Handlungsschritten zeigt er, wie Sie KI-Systeme rechtssicher nachweisen und für Zertifizierungsprozesse vorbereiten. Jetzt kostenlosen KI-Umsetzungsleitfaden herunterladen
Wettlauf um die technische Souveränität
Der Vorstoß ist auch ein strategisches Manöver im globalen Technologiewettbewerb. Für die deutsche Automobilindustrie, die bei Software-defined Vehicles (SDV) die globale Spitzenposition verteidigen will, ist verlässliche KI-Sicherheit ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Der VDA betont, dass „Sicherheit Made in Germany“ auch im Zeitalter der Algorithmen ein Qualitätsmerkmal bleiben muss. Die neuen Standards sollen verhindern, dass Innovationen durch bürokratische Hürden ausgebremst werden. Stattdessen soll die Zertifizierung nach „Safe AI“-Kriterien zu einem deutschen Exportgut werden.
Die enge Verzahnung von Spitzenforschung (Fraunhofer) und industrieller Anwendung (VDA) wird dabei als Modell für andere Wirtschaftszweige wie den Maschinenbau oder die Medizintechnik gesehen. Erste Anwendungen zeigen bereits den Weg: Erst in der vergangenen Woche wurde ein Projekt vorgestellt, das die neuen Methoden zur Absicherung von KI in der Batteriezellfertigung nutzt.
Der Weg zur internationalen Norm
Mit der Veröffentlichung der Handlungsempfehlungen beginnt für Zulieferer und Hersteller die heiße Phase der Implementierung. Die im Projekt erarbeiteten Methoden könnten zur Blaupause für künftige internationale ISO-Normen werden. Für 2026 ist geplant, die Standards auf weitere Felder wie die Mensch-Roboter-Kollaboration auszuweiten.
Die Botschaft aus Berlin und München ist eindeutig: Deutschland will bei der KI-Regulierung nicht nur Musterschüler sein, sondern aktiv die technischen Standards setzen, die weltweit Vertrauen in industrielle KI-Anwendungen schaffen. Der Erfolg dieser Initiative wird maßgeblich darüber entscheiden, ob „Made in Germany“ auch im KI-Zeitalter ein Synonym für Sicherheit und Verlässlichkeit bleibt.


