Tragödie, Köln

Tragödie in Köln: Zwei Tote bei Unfall am Frachtterminal

10.12.2025 - 12:00:12

Der fatale Unfall am Kölner Güterterminal Eifeltor wirft ein Schlaglicht auf eine der größten Gefahren in der modernen Logistik: das Zusammenspiel von Mensch und automatisierter Maschine. Als am Samstag, dem 6. Dezember, eine Hubarbeitsbühne mit einer mobilen Verladungsbrücke kollidierte, stürzten zwei Arbeiter aus 20 Metern Höhe in den Tod. Die Tragödie trifft die Branche in einer ohnehin sensiblen Phase – denn zeitgleich verschärft die Rechtsprechung die Regeln für den Versicherungsschutz bei Betriebsveranstaltungen. Was bedeutet das für Sicherheitsverantwortliche in den letzten Wochen des Jahres?

Die Kölner Kriminalpolizei ermittelt gegen einen 32-jährigen Mitarbeiter, der zum Unfallzeitpunkt die Containerbrücke bediente. Der Vorwurf: fahrlässige Tötung. Die zentrale Frage lautet: Warum war die automatische Anlage überhaupt in Betrieb, während sich Wartungspersonal in ihrer Bewegungsbahn aufhielt? Für Sicherheitsbeauftragte wird damit ein altbekanntes Problem wieder brandaktuell – die mangelnde Koordination bei gleichzeitigen Arbeiten in Gefahrenzonen.

Die beiden Opfer, 83 und 64 Jahre alt, arbeiteten auf einer mobilen Hubarbeitsbühne in luftiger Höhe. Nach übereinstimmenden Berichten von Kölner Stadt-Anzeiger und WDR erfasste die bewegliche Verladungsbrücke die Plattform – mit tödlichen Folgen. Was auf den ersten Blick wie ein tragisches Einzelereignis erscheint, offenbart bei genauerer Betrachtung ein systemisches Problem: In hochautomatisierten Logistikzentren verschwimmen die Grenzen zwischen menschlicher und maschineller Arbeit zusehends.

Das Alter des älteren Opfers wirft zudem eine unbequeme Frage auf: Sind hochriskante Tätigkeiten in 20 Metern Höhe noch altersgerecht? Personalverantwortliche und Sicherheitsmanager sollten sich auf entsprechende Diskussionen in den kommenden Wochen einstellen.

Für Unternehmen mit vergleichbarer Infrastruktur bedeutet der Vorfall: Sofortiger Handlungsbedarf bei den Sicherheitsunterweisungen. Drei Kernpunkte müssen ab sofort in jeder Schulung thematisiert werden:

  1. Strikte Zonentrennung: Automatisierte oder ferngesteuerte Maschinen sind mechanisch zu sperren (Lockout/Tagout), bevor Personal den Gefahrenbereich betritt.

  2. Kommunikationsprotokolle: Betreiber schwerer Maschinen benötigen eine positive Freigabebestätigung, bevor sie Bewegungsvorgänge einleiten.

  3. Absturzsicherung: Wiederholung der Stabilitätsgrenzen von Hubarbeitsbühnen und der Kollisionsrisiken in komplexen Betriebsumgebungen.

Anzeige

Viele Gefährdungsbeurteilungen übersehen gerade die Schnittstellen zwischen Wartungspersonal und automatisierten Anlagen – genau dort entstehen die größten Risiken. Ein kostenloser Leitfaden liefert praxisnahe Vorlagen, Checklisten und einen Schritt-für-Schritt-Plan, mit dem Sie Ihre GBU so dokumentieren, dass Aufsichtsbehörden und Berufsgenossenschaften sie anerkennen. Perfekt, um unmittelbar Mängel in Zonentrennung, Lockout/Tagout und Unterweisungsnachweisen zu schließen. Jetzt GBU-Vorlagen & Checklisten kostenlos herunterladen

Kein Versicherungsschutz beim Aprés-Ski

Während die Ermittlungen in Köln laufen, sorgt zeitgleich eine Gerichtsentscheidung für Aufsehen, die das Verständnis von “betrieblicher Tätigkeit” grundlegend präzisiert. Das Sozialgericht Hannover (Az. S 22 U 203/23) hat Ende November einen spektakulären Fall entschieden: Ein Geschäftsführer, der sich bei einem viertägigen Firmen-Retreat in Österreich beim Skifahren das Bein brach, erhielt keine Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Begründung der Richter ist eindeutig: Skifahren ist eine “eigenwirtschaftliche Tätigkeit” – also private Freizeitgestaltung. Dass die Reise als “Betriebsausflug” deklariert war und Networking-Möglichkeiten bot, ändert daran nichts. Der funktionale Zusammenhang zur Geschäftsführertätigkeit fehlt schlicht.

Für die Praxis bedeutet das Urteil eine klare Trennlinie: Nur was als strukturierter, verpflichtender Teil des offiziellen Programms stattfindet – etwa ein angeleitetes Teambuilding – fällt unter den Versicherungsschutz der Berufsgenossenschaft. Alles andere ist Privatsache.

Was Personaler jetzt kommunizieren müssen

Mit der Hochsaison für Winterklausuren müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter explizit über die Grenzen des Versicherungsschutzes aufklären. Aktualisierte Unterweisungen sollten folgende Punkte enthalten:

Offizielle versus private Zeit: Aktivitäten wie Skifahren, Wandern oder Wellness-Behandlungen während einer Firmenreise gelten grundsätzlich als private Freizeit – es sei denn, sie sind zwingender, strukturierter Bestandteil des Programms.

Haftungsausschlüsse: Unternehmen sollten dokumentieren, dass Mitarbeiter darüber informiert wurden, dass Verletzungen bei diesen Freizeitaktivitäten unter die private Krankenversicherung fallen, nicht unter die Berufsgenossenschaft.

Die Botschaft ist unbequem, aber juristisch notwendig: Wer nach dem offiziellen Abendessen noch auf die Piste geht, tut dies auf eigenes Risiko.

DGUV Vorschrift 2: Die Reform nimmt Fahrt auf

Jenseits der akuten Krisenbewältigung nutzen Sicherheitskoordinatoren die letzten Wochen des Jahres zur Vorbereitung auf die nächste Phase der DGUV Vorschrift 2. Die im April 2025 gestartete Reform tritt für bestimmte Branchen – etwa das Gastgewerbe unter der BGN – am 1. Januar 2026 in Kraft.

Die wichtigsten Neuerungen für die Praxis:

Digitale Betreuung: Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit dürfen künftig 30-40 Prozent ihrer Beratungsleistungen digital erbringen – vorausgesetzt, sie kennen den Betrieb bereits.

Erweiterte Qualifikationswege: Ab 2026 können auch Absolventen der Arbeitspsychologie oder Biologie als Sicherheitsfachkräfte tätig werden – eine Antwort auf moderne Risiken wie psychische Belastungen.

Erleichterungen für Kleinbetriebe: Die Schwelle für flexible Betreuungsmodelle steigt von 10 auf 20 Beschäftigte, wodurch mehr kleine Unternehmen ab Januar Zugang zu vereinfachter Sicherheitsbetreuung erhalten.

Unternehmen, die unter die BGN oder andere Berufsgenossenschaften mit Stichtag 1. Januar fallen, sollten ihre Betreuungsverträge noch vor Jahresende überprüfen.

Weihnachtsfeier: Wann der Versicherungsschutz endet

Die Vorweihnachtszeit bringt ihre eigenen Sicherheitsherausforderungen mit sich. Anders als beim Skifahren auf Firmenkosten gilt: Unfälle bei offiziellen Weihnachtsfeiern sind grundsätzlich versichert – allerdings nur unter klaren Bedingungen:

  1. Die Feier ist für alle Mitarbeiter offen
  2. Sie wird von der Unternehmensleitung ausgerichtet
  3. Der offizielle Teil läuft noch (der Versicherungsschutz endet mit dem offiziellen Programmende)

Aktuelle Schwerpunkte für Unterweisungen:

Alkohol und Heimweg: Die Feier mag versichert sein – die Heimfahrt erfordert jedoch Nüchternheit, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden.

Brandschutz: Angesichts von Adventskränzen und Kerzen in Büros setzen viele Unternehmen diese Woche auf strikte “Keine offenen Flammen”-Regeln.

Die Zange zieht sich zu

Die Kombination aus dem Kölner Unfall und dem Hannoveraner Urteil schafft eine Art Zangengriff auf die Unternehmenshaftung. Auf der einen Seite bleiben die physischen Risiken der Schwerindustrie tödlich, wenn Protokolle missachtet werden. Auf der anderen Seite verengt sich die rechtliche Definition von “Arbeit” bei Außer-Haus-Veranstaltungen.

Die Lehre der Woche für Sicherheitsmanager lautet: Spezifität. Allgemeine Warnungen reichen nicht aus. Die Kölner Ermittlungen legen nahe, dass selbst erfahrene Bediener (und ältere Mitarbeiter) gefährdet sind, wenn Betriebsverfahren wie das Absperren von Maschinen versagen. Gleichzeitig verlangt das Hannoveraner Urteil, dass Unternehmen aufhören anzunehmen, “alles auf einer Geschäftsreise ist abgedeckt” – und stattdessen klare, schriftliche Abgrenzungen liefern.

Ausblick: Strengere Richtlinien zu erwarten

Für das erste Quartal 2026 rechnet die Branche damit, dass die Untersuchung des Unfalls am Kölner Eifeltor zu verschärften technischen Richtlinien für den Betrieb mobiler Hubarbeitsbühnen in automatisierten Umgebungen führen wird. Wahrscheinlich werden die Berufsgenossenschaften Anfang 2026 eine Sicherheitswarnung zu dieser spezifischen Maschinenschnittstelle herausgeben.

Mit der breiteren Umsetzung der DGUV-Vorschrift-2-Reform ab Januar dürfte sich außerdem einTrend zur “hybriden Sicherheitsbetreuung” durchsetzen – eine Kombination aus Vor-Ort-Inspektionen und digitaler Berichterstattung. Frühe Anwender im vierten Quartal 2025 berichten bereits von Effizienzgewinnen, doch die rechtliche Belastbarkeit rein digitaler Beratungen muss sich erst in der Praxis bewähren.

Was bleibt: Der Dezember 2025 wird als Wendepunkt in Erinnerung bleiben – als Monat, in dem tragische Unfälle und wegweisende Urteile das Bewusstsein für Arbeitssicherheit neu schärften.

Anzeige

Übrigens: Wenn Sie jetzt kurzfristig Ihre Dokumentation und Unterweisungen auf den Prüfstand stellen wollen, gibt es ein kostenloses Praxis-Paket mit sofort einsetzbaren Gefährdungsbeurteilungs-Vorlagen, Checklisten und einer klaren Schritt-für-Schritt-Anleitung für automatisierte Betriebsbereiche. Ideal für Sicherheitsbeauftragte, die Mängel schnell beheben und die Nachweispflicht gegenüber Aufsichtsbehörden erfüllen möchten. Gefährdungsbeurteilung-Set gratis sichern

@ boerse-global.de