Steuererfolg, Spende

Steuererfolg für gGmbH-Gesellschafter: Spende trotz Miet-Rückfluss absetzbar

17.11.2025 - 19:32:12

Das Finanzgericht Münster erlaubt Gesellschaftern gemeinnütziger GmbHs sowohl Spendenabzug als auch Mietverluste, selbst wenn gespendetes Geld als Miete zurückfließt. Entscheidung schafft Rechtssicherheit für Non-Profit-Organisationen.

Das Finanzgericht Münster räumt mit einer verbreiteten Steuerfalle auf: Wer seiner gemeinnützigen GmbH Immobilien vermietet und gleichzeitig Spenden zahlt, kann beides steuerlich geltend machen – sofern die Verträge stimmen. Eine Entscheidung mit Signalwirkung für die gesamte Non-Profit-Branche.

Münster, 17. November 2025 – Ein wegweisendes Urteil sorgt für Aufsehen in der deutschen Steuerlandschaft. Das Finanzgericht Münster hat am 2. September 2025 entschieden, dass Alleingesellschafter gemeinnütziger Organisationen sowohl Spenden absetzen als auch Mietverluste geltend machen können – selbst wenn das gespendete Geld als Miete zu ihnen zurückfließt. Das Aktenzeichen 1 K 102/23 E dürfte künftig in vielen Beratungsgesprächen eine Rolle spielen.

Die bisherige Praxis der Finanzämter? Sie betrachteten solche Konstruktionen skeptisch als “Geldkreislauf” ohne echte Freigebigkeit. Doch die Münsteraner Richter setzen nun klare Grenzen und schaffen Rechtssicherheit für Stifter und Förderer gemeinnütziger Einrichtungen.

Anzeige

Passend zum Thema Finanzamt-Prüfungen: Wenn Sie Verträge, Spendenbescheinigungen und Mietverträge für Ihre gGmbH lückenlos dokumentieren müssen, hilft ein praxisorientierter Vorbereitungs-Guide auf Betriebsprüfungen. Der kostenlose 35-seitige PDF-Report erklärt die wichtigsten Prüfschwerpunkte, liefert einen 12-Punkte-Selbstcheck und zeigt, welche Unterlagen Finanzprüfer zuerst anfordern. Jetzt kostenlosen Betriebsprüfungs-Report anfordern

Der Fall: Ein Museum, sein Förderer und das Finanzamt

Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein Kunstmäzen, der als Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer gemeinnützigen GmbH agierte. Diese betrieb ein Museum in den oberen Etagen eines Gebäudes – das dem Gesellschafter selbst gehörte. Die monatliche Miete floss vertraglich vereinbart an ihn zurück.

Um die Zahlungsfähigkeit seiner gGmbH zu sichern, stellte der Unternehmer eine sogenannte Patronatserklärung aus. Darin verpflichtete er sich, die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Seine regelmäßigen Zahlungen an die gGmbH bezeichnete er in den Steuererklärungen für 2016 bis 2019 als Spenden – und setzte sie entsprechend ab. Parallel dazu machte er gewerbliche Verluste aus der Vermietung geltend, die durch eine Betriebsaufspaltung entstanden.

Das zuständige Finanzamt reagierte mit einer Doppelblockade: Zunächst verweigerte es die Anerkennung der Spendenabzüge mit der Begründung, das Geld fließe ja als Miete zurück – von Unentgeltlichkeit könne keine Rede sein. Später wurden auch die Mietverluste gestrichen. Die Behörde zweifelte an der Gewinnerzielungsabsicht und der Ernsthaftigkeit des Mietvertrags.

Fremdvergleich entscheidet: Wie würden Dritte handeln?

Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster gab dem Kläger recht – und zwar in allen Punkten. Die zentrale Frage lautete: Entspricht die Vertragsgestaltung dem, was auch zwischen fremden Dritten üblich wäre?

Die Antwort der Richter fiel eindeutig aus. Die Spendenzusage erfolgte freiwillig, ohne rechtliche Verpflichtung zur Mietzahlung. Der Zweck, die Zahlungsfähigkeit der gGmbH sicherzustellen, minderte nicht die Qualität der Zuwendung als Spende. Solange der Mietvertrag rechtlich wirksam ist, marktübliche Konditionen aufweist und tatsächlich durchgeführt wird, können beide Positionen – Spendenabzug und anfängliche Mietverluste – steuerlich anerkannt werden.

Besonders deutlich formulierten die Richter: Allein die Tatsache, dass gespendetes Geld in Form von Miete zurückfließt, begründet keine Gegenleistung und beseitigt nicht die wirtschaftliche Belastung des Spenders. Gemeinnützige Organisationen seien nun einmal auf Zuwendungen angewiesen – diese strukturelle Abhängigkeit dürfe legitime Vertragsbeziehungen nicht entwerten.

Geldkreislauf? Kein Argument mehr

Einen besonders kritischen Punkt räumte das Gericht nachdrücklich aus: das Argument des “Geldkreislaufs”. Finanzämter betrachten solche Strukturen traditionell mit Argwohn und vermuten häufig Gestaltungsmissbrauch oder verdeckte Einlagen.

Das Finanzgericht Münster stellt klar: Ein Kreislaufsystem allein beweist weder einen Gestaltungsmissbrauch noch eine versteckte Kapitaleinlage. Entscheidend sind vielmehr formale Kriterien: Die Spende muss freiwillig erfolgen, ohne konkrete Zweckbindung für die Mietzahlung. Der Mietvertrag muss schriftlich vorliegen und marktübliche Konditionen enthalten.

Im vorliegenden Fall existierten formelle Miet- und Förderverträge, dokumentierte Transaktionen und Spendenbescheinigungen. Diese Nachweise belegten die ernsthafte Absicht und rechtliche Sorgfalt. Der Einwand des Finanzamts, das Museum könne durch Ticketverkäufe niemals genug Einnahmen erzielen, um die Miete zu decken, wurde als nicht ausreichend zurückgewiesen.

Praxisfolgen: Was Stifter jetzt beachten müssen

Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für die deutsche Non-Profit-Landschaft. Gründer und Förderer von gGmbHs oder anderen gemeinnützigen Organisationen stellen häufig private Vermögenswerte zur Verfügung – darunter Immobilien. Bislang herrschte Unsicherheit, ob solche Konstruktionen steuerlich Bestand haben.

Steuerberater werten das Urteil als praxisgerecht und fair, weil es die finanzielle Realität bei Aufbau und Betrieb gemeinnütziger Einrichtungen anerkennt. Die zentrale Botschaft: Peinlich genaue Dokumentation und strikte Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes sind unverzichtbar.

Jeder Gesellschafter, der mit seiner eigenen gGmbH einen Mietvertrag abschließt, muss sicherstellen, dass dieser von einem Vertrag mit einem unabhängigen Dritten nicht unterscheidbar ist. Dazu gehören eine marktgerechte Miethöhe, ein schriftlicher Vertrag mit klaren Bedingungen und formelle Zahlungsabwicklung. Werden diese Standards verfehlt, droht weiterhin die Einstufung als nicht abzugsfähige verdeckte Einlage oder verdeckte Gewinnausschüttung.

Und jetzt? Der Weg zum Bundesfinanzhof steht offen

Das Finanzgericht Münster hat die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen – Deutschlands höchstem Steuergericht. Ob die Finanzverwaltung diesen Weg tatsächlich beschreitet, bleibt abzuwarten. Eine BFH-Entscheidung würde bundesweit verbindliche Rechtssicherheit schaffen.

Bis dahin haben Alleingesellschafter gemeinnütziger Organisationen ein starkes juristisches Argument in der Hand, um die Absetzbarkeit ihrer finanziellen Unterstützung zu verteidigen – auch wenn diese mit einem Mietverhältnis verknüpft ist. Steuerexperten empfehlen bereits jetzt, bestehende Vereinbarungen zu prüfen: Entsprechen sie den vom Finanzgericht aufgestellten Kriterien? Sind Verträge formell korrekt und fremdüblich gestaltet?

Wer diese Hausaufgaben macht, dürfte künftig deutlich entspannter auf Prüfungen durch das Finanzamt blicken können.

Anzeige

PS: Dokumente und Fristen im Blick behalten – das schützt vor bösen Überraschungen bei Prüfungen. Ein kostenloses E-Book listet alle gesetzlichen Aufbewahrungsfristen, beschreibt, welche Belege Sie wie lange aufheben müssen, und liefert bearbeitbare Vorlagen für die Ablagepraxis. Ideal für Stifter, gGmbHs und Vermieter, die Form- und Nachweispflichten ernst nehmen. Aufbewahrungsfristen-Checkliste jetzt kostenlos herunterladen

@ boerse-global.de