Schleswig-Holstein vollzieht radikale Microsoft-Abkehr
15.10.2025 - 13:59:0130.000 Landesbedienstete migrieren komplett zu Open-Source-Lösungen, während Microsoft mit souveränen Cloud-Angeboten reagiert. Der Wechsel könnte deutschlandweit Schule machen.
Deutschlands nördlichstes Bundesland hat diese Woche einen Paukenschlag vollzogen: Als erstes deutsches Land migrierten 30.000 Landesbedienstete komplett von Microsoft Outlook zu Open-Source-Lösungen. Was steckt hinter diesem radikalen Schnitt?
Die sechsmonatige Mammutaufgabe ist abgeschlossen. Rund 40.000 Postfächer mit über 100 Millionen Nachrichten und Kalendereinträgen wechselten von Microsofts Plattformen zu Open-Xchange und Mozilla Thunderbird. „Wir wollen unabhängig von großen Tech-Konzernen werden und digitale Souveränität sicherstellen“, erklärte Digitalisierungsminister Dirk Schrödter die „Mission erfüllt“ bei der E-Mail-Kommunikation.
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Doch diese Entscheidung ist weit mehr als nur ein Technologiewechsel. Sie könnte zum Startschuss für eine deutschlandweite Abkehr von US-amerikanischen Cloud-Anbietern werden.
Deutschlands Kampf um digitale Unabhängigkeit
Der Schleswig-Holstein-Vorstoß fügt sich nahtlos in die nationale Strategie ein. Der Koalitionsvertrag 2025 definiert Digitalpolitik klar als „Machtpolitik“ – mit digitaler Souveränität als Kernprinzip. Das Ziel: Abhängigkeiten von ausländischen Technologieanbietern reduzieren und europäische Digitalökosysteme stärken.
Konkret wird diese Ambition bereits umgesetzt. Im März 2025 startete offiziell die „Deutsche Verwaltungscloud“ (DVC) – eine sichere, standardisierte Cloud-Lösung für Behörden bundesweit. Parallel verschärft das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) kontinuierlich seine Sicherheitsanforderungen. Der C5-Katalog setzt strenge Compliance-Standards für Cloud-Anbieter, während detaillierte Konfigurationsempfehlungen für Microsoft-Produkte regelmäßig vor Datenleckagen warnen.
Microsofts Gegenschlag: Die Souveränitäts-Offensive
Microsoft reagiert mit einer umfassenden Europa-Strategie auf den wachsenden Souveränitätsdruck. 2025 vollendete der Konzern seine „EU Data Boundary“-Initiative: Kundendaten von Microsoft 365-Kerndiensten werden ausschließlich in der EU/EFTA-Region gespeichert und verarbeitet.
Der Clou folgte im Juni: Microsoft enthüllte ein erweitertes „Sovereign Cloud“-Portfolio speziell für Europa. Herzstück ist die Partnerschaft mit Delos Cloud, einer SAP-Tochter, die eine souveräne Cloud-Plattform exklusiv für den deutschen öffentlichen Sektor betreibt.
Mit „Microsoft 365 Local“ geht der Konzern noch weiter: Regierungen und kritische Industriekunden können die komplette Produktivitätssuite in ihren eigenen Rechenzentren betreiben – maximale physische Datenkontrolle inklusive.
Zwei Welten: Öffentlich gegen Privat
Deutschlands Digitallandschaft spaltet sich in zwei gegensätzliche Lager. Während der öffentliche Sektor – angeführt von Schleswig-Holstein – aktiv von dominanten Tech-Anbietern wegmigriert, schwenkt ein Großteil der Privatwirtschaft weiter zu Microsoft 365.
Der Grund: Das integrierte Ökosystem mit fortschrittlichen Sicherheitsfeatures und KI-Tools wie Copilot lockt Unternehmen an. Für sie stehen technische Herausforderungen wie Anwendungskompatibilität im Vordergrund – nicht politische Erwägungen.
Diese Spaltung schafft eine faszinierende Spannung: Nationaler Datenanspruch kollidiert mit einem mächtigen, funktionsreichen Ökosystem, das sich gleichzeitig lokalen Souveränitätsanforderungen anpasst.
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Entscheidende Bewährungsprobe steht bevor
Die kommenden Monate werden zeigen, wer in diesem Ringen um Deutschlands digitalen Arbeitsplatz die Oberhand behält. Das Schleswig-Holstein-Projekt muss seine Langzeittauglichkeit, Skalierbarkeit und Nutzerakzeptanz unter Beweis stellen. Erfolg oder Scheitern werden massiv die Entscheidungen anderer Bundesländer und Bundesbehörden beeinflussen.
Gleichzeitig stehen Microsofts souveräne Cloud-Lösungen vor ihrem eigenen Härtetest. Die Schlüsselfrage: Reichen diese Angebote aus, um skeptische öffentliche und private Akteure zu überzeugen, dass sie Deutschlands strenge Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen erfüllen?
Der Kampf um Deutschlands digitale Zukunft hat gerade erst begonnen.


