OLG, Hamm

OLG Hamm: Hersteller im OP verletzt nicht die DSGVO

23.12.2025 - 14:02:12

Ein Gerichtsurteil schafft Rechtssicherheit für Kliniken. Die bloße Wahrnehmung durch anwesende Herstellervertreter fällt nicht unter die strengen Regeln der Datenschutz-Grundverordnung.

Ein Gerichtsurteil schafft Klarheit für Kliniken und Medizintechnik-Hersteller: Die bloße Anwesenheit von externen Spezialisten im Operationssaal stellt keine Datenverarbeitung dar.

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Grundsatzentscheidung die Grenzen der Datenschutz-Grundverordnung im Operationssaal definiert. Die Richter stellten klar, dass die menschliche Wahrnehmung eines anwesenden Geräteherstellers nicht unter die strengen Regeln der DSGVO fällt. Das Urteil (Az. 26 W 18/25) beendet eine Rechtsunsicherheit, die die Zusammenarbeit in deutschen Kliniken belastete.

Der Fall: Patientin klagt gegen Anwesenheit im OP

Auslöser war der Eingriff einer Patientin, bei dem ein Mitarbeiter des Implantat-Herstellers anwesend war. Diese Praxis ist üblich, um bei komplexen Eingriffen mit speziellen Medizinprodukten technischen Rat zu geben. Die Patientin verklagte später das Krankenhaus. Sie forderte Schmerzensgeld und die Offenlegung des Namens des externen Mitarbeiters.

Ihre Argumentation: Die Anwesenheit verletze ihr Persönlichkeitsrecht. Allein durch das Beobachten der Operation verarbeite der Mitarbeiter ihre Gesundheitsdaten – nämlich durch Speicherung in seinem Gedächtnis. Damit seien die Pflichten der DSGVO ausgelöst worden.

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Klare Abgrenzung: Das Gehirn ist kein Speichermedium

Das Gericht wies diese Argumentation entschieden zurück. Die Richter betonten, dass die DSGVO nur für automatisierte Verarbeitung oder Daten in Dateisystemen gilt. „Bloße menschliche Wahrnehmung“ und die Erinnerung im menschlichen Gedächtnis fallen nicht darunter.

„Das Gericht hat effektiv entschieden, dass das menschliche Gehirn kein Datenspeicher im Sinne der DSGVO ist“, analysiert das Fachportal dsgvo-portal.de. Damit werde eine absurde Ausweitung des Datenschutzrechts verhindert. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für Notizen, Aufnahmen oder die Eingabe in ein System vorlägen.

Was bedeutet das für Kliniken und Hersteller?

  • Entwarnung für Hospitationen: Die Anwesenheit von Experten, Technikern oder Medizinstudenten wird nicht plötzlich zum datenschutzrechtlichen Großprojekt. Komplexe Verträge zur Auftragsverarbeitung für jede beobachtende Person sind nicht nötig.
  • Praktikabilität bleibt gewahrt: Die Zusammenarbeit mit Herstellern ist für patientensichere Operationen oft unerlässlich. Ein gegenteiliges Urteil hätte diese Praxis massiv behindert.
  • Kein Freibrief: Das Urteil entbindet Kliniken nicht von ihrer Schweigepflicht. Die Einholung einer Einwilligung der Patientin für die Anwesenheit Dritter bleibt eine empfehlenswerte Praxis, um Streit über Persönlichkeitsrechte zu vermeiden.

Einordnung: Trend zur Versachlichung der DSGVO

Das Urteil fällt in eine hitzige Debatte um „immaterielle Schadensersatzansprüche“ nach der DSGVO. In den letzten Jahren häuften sich Klagen, bei denen bereits kleinste Verstöße zu Schmerzensgeldforderungen führten.

Das OLG Hamm folgt einem erkennbaren Trend in der deutschen Rechtsprechung: Die Haftung soll sich auf nachweisbare Datenverarbeitung beschränken, nicht auf theoretische Eingriffe. Es stärkt damit einen pragmatischen Ansatz im sensiblen Medizinbereich – im Gegensatz zu strengeren Auslegungen in anderen EU-Ländern.

Ausblick: Dokumentation bleibt Schlüssel

Rechtsexperten raten Kliniken dennoch zur Sorgfalt. Die Entscheidung ist ein starkes Signal, vor allem für Nordrhein-Westfalen, und dient als Referenz für Gerichte bundesweit. Bislang ist keine Revision beim Bundesgerichtshof bekannt.

Die wichtigsten Lehren für die Praxis:
* Die Dokumentation im Patientenblatt, wer zu welchem Zweck anwesend war, bleibt essenziell.
* Die Einwilligung der Patientin ist der beste Weg, um Konflikte zu vermeiden.
* Sobald der externe Mitarbeiter Notizen macht oder fotografiert, greift die DSGVO sofort wieder in voller Härte.

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