SPÖ, Mieterschutz

ÖVP-Gesetzesplan: SPÖ sieht „Bankenrettung getarnt als Mieterschutz

07.11.2025 - 17:42:11

„Lex Neue Eisenstädter”: Flucht vor der Kontrolle?

Die SPÖ attackiert ein geplantes Gesetz der ÖVP scharf. Der Grund: Ein durchgesickerter Entwurf zur Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes würde Bauvereinigungen erlauben, durch simple Sitzverlegung der Landesaufsicht zu entkommen. Was nach technischem Detail klingt, könnte massive Folgen für hunderttausende Mieter haben – und stellt möglicherweise die Interessen von Banken über den Mieterschutz.

Kern der Kritik ist eine scheinbar unscheinbare Regelung: Bisher braucht eine Gemeinnützige Bauvereinigung (GBV) für eine Sitzverlegung die Zustimmung des alten und des neuen Bundeslandes. Der ÖVP-Entwurf von Minister Wolfgang Hattmansdorfer sieht vor, dass künftig nur noch das aufnehmende Land zustimmen muss.

SPÖ-Klubobmann Roland Fürst sieht dahinter einen konkreten Fall: Die Bauvereinigung “Neue Eisenstädter” steht im Burgenland unter Prüfung. Der Verdacht: Überhöhte Kreditzinsen wurden zugunsten der Eigentümerbanken auf die Mieter abgewälzt. „Sie soll ohne Zustimmung des Burgenlandes ihren Sitz verlegen können, um sich der Überprüfung zu entziehen”, so Fürst.

Die Folgen für Mieter? Keine Schadenswiedergutmachung, keine Mietbegrenzung durch das Land. Die FPÖ nennt den Plan daher „Lex Neue Eisenstädter” – ein maßgeschneidertes Gesetz für einen Einzelfall.

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„Politischer Skandal ersten Ranges”

Die SPÖ wirft der ÖVP vor, als Lobbyist der Banken zu agieren. „Evident, dass hier die involvierten Banken bei der Bundesregierung intervenieren, um sich aus der Verantwortung zu stehlen”, erklärt Fürst. Der Schutz der Mieter bleibe auf der Strecke.

FPÖ-Bautensprecher Michael Oberlechner teilt diese Einschätzung: „Der gemeinnützige Wohnbau wird zum Spielball einer offensichtlich Banken-hörigen ÖVP.” Ausgerechnet jetzt, wo massive Vorwürfe im Raum stehen, werde eine „Flucht vor der Aufsicht” ermöglicht.

Im Fokus stehen dabei Raiffeisen und Erste Bank, die als Eigentümer der betroffenen Bauvereinigung gelten.

Ein Muster: Mieterschutz unter Dauerbeschuss

Die aktuelle Kritik reiht sich in eine längere Geschichte ein. Bereits bei früheren Novellen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes warnte die SPÖ vor einer schleichenden Aushöhlung des Mieterschutzes:

  • Verkürzung der Verkaufsfrist: Von zehn auf fünf Jahre – geförderte Wohnungen verschwinden schneller vom preisgeschützten Markt
  • Auslaufannuitäten: Mieten sinken nach Kreditauslauf nicht mehr automatisch
  • Konsumentenschutz: Wichtige Schutzbestimmungen wurden gestrichen
  • Befristungen: Einführung zeitlich begrenzter Mietverträge im gemeinnützigen Sektor

Die SPÖ brachte wiederholt Abänderungsanträge ein – meist erfolglos gegen die Regierungsmehrheit.

Was steht auf dem Spiel?

Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ist kein Nischenthema. Rund 185 Bauvereinigungen verwalten über 600.000 Wohnungen in Österreich. Ihr Prinzip: Kostendeckende Mieten statt Gewinnmaximierung. Die staatliche Aufsicht durch die Länder soll diese Zweckbindung sicherstellen.

Kann eine GBV dieser Kontrolle durch einfache Sitzverlegung entkommen, verliert die Aufsicht ihre Wirkung. Was passiert, wenn andere Vereinigungen dem Beispiel folgen? Der angespannte Wohnungsmarkt und steigende Lebenshaltungskosten verschärfen die Brisanz zusätzlich.

Ein bemerkenswerter Kontrast: Erst Anfang des Jahres setzte die Regierung die Mietenindexierung für 2025 aus, um Mieter zu entlasten. Nun droht eine Schwächung ihrer Rechte durch die Hintertür.

Parlamentarische Offensive angekündigt

Der Entwurf ist noch nicht offiziell eingebracht – er wurde durch Indiskretionen bekannt. Die FPÖ hat bereits parlamentarische Anfragen angekündigt, um „bis ins Detail aufzuklären, warum hier ein Bankenrettungspaket als WGG-Novelle getarnt wurde”. Im Visier: Wohnminister Andreas Babler (SPÖ) und der zuständige ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmansdorfer.

Die SPÖ kündigte an, sich „mit allen Mitteln” gegen die Schwächung der Landesaufsicht zu stellen. Sollte das Gesetz in der aktuellen Form beschlossen werden, könnte es einen Präzedenzfall schaffen – mit weitreichenden Folgen für Mieterrechte in ganz Österreich.

Bleibt die ÖVP bei ihren Plänen? Oder gibt der massive Widerstand der Opposition den Ausschlag für eine Kurskorrektur? Die kommenden Wochen werden es zeigen.

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