Sozialpolitik, Regierung

Österreichs Sozialpolitik: Regierung unter Beschuss

04.11.2025 - 09:51:11

Reform trifft die Ärmsten

Die Bundesregierung gerät von zwei Seiten in die Defensive: Während die geplante Sozialhilfe-Reform massiven Widerstand auslöst, droht ein versprochener Bonus für arbeitende Pensionisten zu platzen. Die Opposition wittert ihre Chance – und die betroffenen Menschen bangen um ihre Existenz.

Die “Sozialhilfe NEU” soll Anfang 2027 kommen. ÖVP, SPÖ und Neos wollen bundesweit vereinheitlichen und die Zügel anziehen. Besonders brisant: Zuwanderer sollen in einer “Integrationsphase” zunächst nur eingeschränkte Leistungen erhalten.

Menschenrechtsorganisationen schlagen Alarm. Amnesty International warnt, die Reform höhle das soziale Netz aus und verschärfe die Armut bewusst. Besonders hart träfe es Geflüchtete, Frauen und Kinder. Die Steiermark will ab 2026 sogar noch einen draufsetzen: Das “strengste Sozialhilfegesetz Österreichs” soll Kürzungen bis zu 100 Prozent ermöglichen.

Experten: “Die Debatte läuft völlig falsch”

Martin Schenk von der Armutskonferenz übt scharfe Kritik an der öffentlichen Diskussion. Die Fixierung auf Kindersätze und Einzelfälle kinderreicher Familien sei “total verengt”. Die wahren Probleme lägen woanders:

  • Untragbare Wohnkosten, die durch keine Reform gelöst werden
  • Versagende Soforthilfe, die nicht ankommt, wenn sie gebraucht wird
  • Gravierende Lücken für Menschen mit Behinderungen und chronisch Kranke

Der maximale Sozialhilfesatz liegt aktuell bei 1.209 Euro monatlich für Alleinstehende. Schenk stellt klar: Die Sozialhilfe verschlingt gerade einmal 0,4 Prozent des Staatsbudgets und erreicht die ärmsten zwei Prozent der Bevölkerung. Von den gesamten Sozialausgaben von 146 Milliarden Euro entfallen nur 1,1 Milliarden auf die Sozialhilfe.

Warum also diese Aufregung um einen so kleinen Posten?

Pensionisten-Bonus: Versprechen gebrochen?

Parallel zur Sozialhilfe-Debatte brodelt es bei den Senioren. Der angekündigte Bonus für arbeitende Pensionisten droht zu scheitern. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch findet drastische Worte: “Totalversagen” und “schäbiger Betrug an der älteren Generation”.

Der Bonus sollte jene entlasten, die über das Regelpensionsalter hinaus arbeiten. Zwar gibt es bereits einen Aufschubbonus, der die Pension bei späterem Antritt um bis zu 15,3 Prozent erhöhen kann. Doch der zusätzlich versprochene Bonus wird nun zum Symbol politischer Unzuverlässigkeit.
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Zwei Debatten, ein Grundproblem

Die Regierung navigiert zwischen zwei widersprüchlichen Zielen: Einerseits will sie Sozialausgaben kontrollieren und den Zugang erschweren. Andererseits muss sie wichtige Wählergruppen wie die arbeitenden Pensionisten bei Laune halten – und scheitert daran.

Diese Inkonsistenz bietet der Opposition eine Steilvorlage. Die Frage drängt sich auf: Wie kann eine Regierung gleichzeitig bei den Ärmsten kürzen wollen und bei einer vergleichsweise kleinen Gruppe von Pensionisten ihre Versprechen nicht halten?

Was kommt jetzt?

Die Verhandlungen zur “Sozialhilfe NEU” zwischen Bund und Ländern gehen in die entscheidende Phase. Bis 2027 muss eine Einigung stehen. Ob die massive Kritik von Sozialverbänden die Pläne noch entschärfen kann, ist offen.

Beim Pensionisten-Bonus steigt der Druck im Parlament täglich. Die Regierung muss sich entscheiden: Versprechen einlösen oder den Zorn einer wichtigen Wählergruppe riskieren.

Für armutsgefährdete Familien und arbeitende Senioren beginnt eine Zeit großer Unsicherheit. Die kommenden Entscheidungen werden die sozialpolitische Landschaft Österreichs nachhaltig prägen – und den Ton für die nächsten Wahlkämpfe setzen.

@ boerse-global.de