Wohnungsnot, Flächenfraß

Österreich: Wohnungsnot trifft auf Flächenfraß

03.11.2025 - 04:22:11

Bauwirtschaft am Boden

Die Zahlen sind alarmierend: 32.100 Baubewilligungen 2024 – ein historischer Tiefstand. Gleichzeitig verschlingt Österreich täglich 11,3 Hektar wertvolle Böden. Das Land steckt in einem dramatischen Dilemma zwischen explodierenden Mietpreisen und unkontrolliertem Bodenverbrauch.

Der Wohnungsmarkt kollabiert förmlich. Mit einem Rückgang der Baubewilligungen um 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr erreicht die Bautätigkeit den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen 2010. Im Vergleich zum Rekordjahr 2017 bedeutet das einen dramatischen Einbruch um fast 56 Prozent.

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Die Folgen spüren Mieter direkt im Portemonnaie. In Salzburg kletterten die Mieten 2024 auf durchschnittlich 20,5 Euro pro Quadratmeter – deutlich über der allgemeinen Inflationsrate. Wien erreicht in der Innenstadt sogar Spitzenwerte von über 23 Euro pro Quadratmeter.

Hohe Zinsen, explodierende Baukosten und strenge Kreditrichtlinien lähmen den Neubau. Die Prognosen für 2025 sind düster: Nur noch rund 1.800 neue Mietwohnungen sollen fertiggestellt werden – ein Einbruch von über 50 Prozent gegenüber den 4.200 Einheiten des Vorjahres.

Diese Verknappung treibt die Mietpreise weiter nach oben. Je nach Lage stiegen sie 2024 bereits um bis zu 7,7 Prozent. Für 2025 erwarten Experten eine weitere Beschleunigung dieser Entwicklung.

Der täglich Flächenfraß geht weiter

Während die Wohnungsnot wächst, frisst sich die Bautätigkeit ungebremst in die Landschaft. Österreich verbraucht täglich 11,3 Hektar landwirtschaftliche Flächen und natürliche Lebensräume – mehr als viermal so viel wie das Regierungsziel von 2,5 Hektar bis 2030 vorsieht.

Die größten Flächenfresser sind Betriebsgebiete sowie neue Wohn- und Geschäftsviertel. Das Umweltbundesamt warnt vor den Folgen: verschärfte Überschwemmungsgefahr, städtische Hitzeinseln und bedrohte Ernährungssicherheit.

Politik reagiert mit Doppelstrategie

Die Bundesregierung versucht den Spagat zwischen beiden Problemen. Das neue Wohn- und Baupaket soll die lahmende Bauwirtschaft ankurbeln. Zusätzlich tritt im Januar 2026 eine Mietpreisbremse auch für den freien Markt in Kraft.

Parallel dazu beschloss die Österreichische Raumordnungskonferenz eine nationale Bodenstrategie. Ein neues Monitoring-System des Umweltbundesamtes soll präzisere Daten zur Flächeninanspruchnahme liefern.

Wien geht mit einer eigenen Wohnbauoffensive voran und setzt verstärkt auf geförderten Wohnbau.

Das Leerstand-Paradox

Besonders brisant: Während Wohnungen fehlen, stehen schätzungsweise hunderttausende Einheiten leer – oft aus spekulativen Gründen. Erste Bundesländer reagieren bereits mit einer Leerstandsabgabe.

Weichenstellung für die Zukunft

Die nächsten Monate entscheiden über Österreichs Wohnzukunft. Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten ab 2025 eine leichte Erholung der Bauwirtschaft – abhängig von den gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen.

Das ambitionierte Ziel der Bodenreduktion bis 2030 erfordert jedoch eine grundlegende Reform der Raumordnung. Experten fordern steuerliche Anreize für die Nutzung von Brachflächen und Nachverdichtung statt Neubau auf der grünen Wiese.

Ohne diese Kehrtwende droht die Schere zwischen Wohnungsnot und Bodenverlust weiter aufzugehen – mit dramatischen sozialen und ökologischen Folgen für kommende Generationen.

@ boerse-global.de