NIS2-Gesetz, Firmen

NIS2-Gesetz verschärft: 30.000 Firmen müssen IT-Sicherheit massiv aufrüsten

17.11.2025 - 18:10:12

Deutschland dreht an der Sicherheitsschraube – und zwar kräftig. Als Reaktion auf eine dramatisch verschärfte Cyber-Bedrohungslage hat der Bundestag das NIS2-Umsetzungsgesetz verabschiedet. Rund 30.000 Unternehmen und Organisationen müssen nun ihre IT-Sicherheit auf ein völlig neues Level heben. Der Beschluss vom 13. November markiert einen Wendepunkt: Deutschland reagiert damit auf die jüngsten Warnungen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und die massive Zunahme KI-gestützter Cyberangriffe.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Im dritten Quartal 2025 stieg die Zahl gehackter Online-Konten in Deutschland um schwindelerregende 600 Prozent auf 10,5 Millionen. Damit liegt Deutschland weltweit auf Platz zwei der am stärksten betroffenen Länder. Das BSI warnt in seinem aktuellen Lagebericht 2025 vor einer “digitalen Sorglosigkeit” besonders im Mittelstand – eine gefährliche Kombination angesichts der immer ausgefeilteren Angriffsmethoden.

Das “NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz” weitet den Kreis der regulierten Unternehmen massiv aus. Bisher galten strenge Auflagen vor allem für Betreiber Kritischer Infrastrukturen. Jetzt reicht bereits die Schwelle von 50 Mitarbeitern oder zehn Millionen Euro Jahresumsatz, um als “wichtige Einrichtung” eingestuft zu werden. Die Regulierung erstreckt sich über 18 Sektoren – von Energie, Verkehr und Gesundheit bis hin zu digitalen Diensten, Abfallwirtschaft, verarbeitender Industrie und öffentlicher Verwaltung.

Was bedeutet das konkret? Unternehmen müssen künftig verpflichtende Risikomanagementmaßnahmen nach dem Stand der Technik umsetzen. Dazu gehören Konzepte zur Bewältigung von Sicherheitsvorfällen, Business-Continuity-Pläne, Sicherheitsmaßnahmen in der Lieferkette sowie der Einsatz von Verschlüsselung und Multi-Faktor-Authentifizierung. Eine besondere Brisanz erhält das Gesetz durch die persönliche Haftung der Geschäftsleitung: Vorstände und Geschäftsführer sind künftig persönlich dafür verantwortlich, dass diese Maßnahmen umgesetzt und überwacht werden. Ergänzt wird dies durch eine verpflichtende Schulung für Führungskräfte im Bereich Cybersicherheit.

Anzeige

Viele Unternehmen sind auf die neuen Anforderungen durch NIS2 und die rasante Zunahme KI-gestützter Angriffe nicht vorbereitet. Ein kostenloses E‑Book erklärt, welche Sofortmaßnahmen IT-Verantwortliche und Führungskräfte jetzt ergreifen sollten: Bedrohungsüberblick, praktische Sofort-Checks und eine umsetzbare Compliance-Checkliste für die ersten 30 Tage. Ideal für Mittelstand und Betreiber wichtiger Infrastrukturen, die jetzt schnell reagieren müssen. Jetzt kostenlosen Cyber-Security-Guide sichern

KI macht Angreifer gefährlicher denn je

Warum dieser drastische Schritt gerade jetzt? BSI-Präsidentin Claudia Plattner bringt es auf den Punkt: Es gibt einen “Trend zur leichten Beute”. Cyberkriminelle suchen systematisch nach den verwundbarsten Systemen – und finden sie oft genug. Doch die eigentliche Revolution liegt in der Methodik: Der Einsatz Künstlicher Intelligenz verändert die Bedrohungslandschaft fundamental.

KI-Tools ermöglichen es Angreifern, aus kleineren Datenlecks umfassende Profile zu erstellen und hochgradig personalisierte Spear-Phishing-Kampagnen in industriellem Maßstab durchzuführen. Diese KI-gestützten Angriffe sind oft kaum noch von legitimer Kommunikation zu unterscheiden – traditionelle Abwehrmaßnahmen laufen ins Leere. Kein Wunder also, dass Sicherheitsexperten von einer eskalierenden Bedrohungslage sprechen. Was früher spezialisiertes Wissen und aufwendige manuelle Arbeit erforderte, erledigt heute eine KI in Sekundenschnelle.

24-Stunden-Frist und empfindliche Bußgelder

Das neue Gesetz verschärft auch die Meldepflichten erheblich. Betroffene Einrichtungen müssen erhebliche Sicherheitsvorfälle künftig in einem dreistufigen Verfahren an das BSI melden – die erste Erstmeldung muss innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Das BSI wird als zentrale Cybersicherheitsbehörde des Bundes deutlich gestärkt: Es überwacht die Einhaltung der Vorschriften und kann bei Verstößen empfindliche Bußgelder verhängen.

Doch das BSI soll nicht nur kontrollieren, sondern auch unterstützen. Geplant sind Mindestsicherheitsstandards, Umsetzungshilfen und der organisierte Informationsaustausch über Sicherheitsvorfälle. Ein “Starterpaket” und spezielle Seminare sollen den vielen neu betroffenen Unternehmen den Einstieg erleichtern. Der Digitalverband Bitkom begrüßte die Verabschiedung als überfälligen Schritt zur Schaffung von Rechtssicherheit.

Compliance allein reicht nicht

Trotz breiter Zustimmung bleiben kritische Stimmen nicht aus. Experten warnen: Zwischen regulatorischen Mindestanforderungen und einem tatsächlich umfassenden Schutz klafft oft eine gefährliche Lücke. Compliance dürfe nicht als einmalige Übung missverstanden werden, sondern müsse als kontinuierlicher, strategischer Prozess etabliert werden. Die Bedrohungslage entwickelt sich schließlich täglich weiter.

Kontrovers diskutiert wurde im Gesetzgebungsprozess die Regelung zu sogenannten kritischen Komponenten. Sie räumt dem Bundesinnenministerium weitreichende Befugnisse ein, den Einsatz bestimmter IT-Produkte zu untersagen – eine Regelung, die bei Netzbetreibern für erhebliche Unsicherheit sorgt.

Der Countdown läuft

Nach der Verabschiedung im Bundestag muss das Gesetz am 21. November noch den Bundesrat passieren – ein Schritt, der als Formsache gilt. Anschließend beginnt für mehr als 30.000 Unternehmen der Countdown zur Umsetzung der neuen Anforderungen. Die kommenden Monate werden zeigen, wie schnell und effektiv deutsche Unternehmen die strengen Vorgaben in die Praxis umsetzen können.

Steht Deutschland vor einem Wettlauf gegen die Zeit? Die immer professioneller agierenden Cyberkriminellen schlafen jedenfalls nicht. Das NIS2-Gesetz ist ein notwendiger, aber auch herausfordernder Schritt. Ob er ausreicht, um die digitale Widerstandsfähigkeit Deutschlands wirklich signifikant zu erhöhen, wird sich in der praktischen Umsetzung entscheiden. Sicher ist: Die Zeiten digitaler Sorglosigkeit sind endgültig vorbei.

Anzeige

PS: Spear-Phishing und CEO‑Fraud werden durch KI besonders effektiv – oft genügen schon kleine Datenlecks. Das Gratis‑E‑Book liefert eine 4‑Punkte-Notfall-Checkliste, klare Meldewege und praktische Maßnahmen, mit denen Sie Meldefristen einhalten und Haftungsrisiken reduzieren können. Besonders geeignet für Geschäftsführer und IT‑Leiter, die schnell handlungsfähig sein müssen. Gratis E‑Book: Cyber-Security Awareness herunterladen

@ boerse-global.de