NECKARSULM - Der IT-Dienstleister Bechtle DE0005158703 sieht nach einer längeren Flaute eine Belebung der Nachfrage.
08.08.2025 - 11:44:01Bechtle sieht Belebung der Nachfrage - Aktie zieht stark an
(neu: Aussagen aus der Pressekonferenz, Kurs)
NECKARSULM (dpa-AFX) - Der IT-Dienstleister Bechtle DE0005158703 sieht nach einer längeren Flaute eine Belebung der Nachfrage. Das Geschäftsvolumen zog im zweiten Quartal deutlich an, auch der Umsatz konnte etwas zulegen. Gegenüber dem schwachen Jahresbeginn fiel auch der operative Gewinn erfreulicher aus. Impulse kamen weiter vor allem aus dem Ausland. Aber auch in Deutschland bessern sich bei den öffentlichen Kunden die Aussichten, hier dürfte im zweiten Halbjahr ein stärkerer Anstieg ins Haus stehen. Die Aktie stieg am Freitag nach einem schon starken Vortag kräftig.
Das Papier legte am späten Vormittag um über 13 Prozent auf 41,75 Euro zu und war damit Spitzenreiter im MDax DE0008467416. Der Kurs erreichte zudem ein Hoch seit Juli 2024. Vergangene Woche war er noch in Mitleidenschaft gezogen worden durch eingetrübte Aussichten beim Rivalen Cancom DE0005419105. Im laufenden Jahr hat der Kurs fast ein Drittel gewonnen - im vergangenen Herbst war er mit dem schwachen Abschneiden im wirtschaftlich schwierigen Umfeld aber auch deutlich abgerutscht.
Der Ton des Bechtle-Managements sei viel optimistischer geworden, schrieb Analyst Martin Comtesse von der US-Investmentbank Jefferies - insbesondere auch im Vergleich zur Gewinnwarnung des Konkurrenten Cancom. Erstmals sei wieder die Rede von einer Erholung gewesen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Sektor in Deutschland. Mit dem Wachstum des Geschäftsvolumens und der Verbesserung der Margen gegenüber dem Vorquartal befinde sich Bechtle an einem Wendepunkt, so der Fachmann. Laut Baader-Bank-Experte Knut Woller fiel die Profitabilität im Quartal unerwartet gut aus.
Das Geschäftsvolumen stieg im zweiten Quartal um 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, wie der Konzern am Freitag in Neckarsulm mitteilte. Nach wie vor entwickelte sich das Geschäft in Belgien, den Niederlanden und in Luxemburg sowie in Großbritannien gut. Bei den wichtigen öffentlichen Kunden in Deutschland ziehe die Nachfrage zudem langsam wieder an. Der positive Trend bei der Nachfrage habe sich auch im Juli fortgesetzt.
"Wir sind zwar noch von den Wachstumswerten entfernt, die wir uns selbst zum Ziel setzen und zutrauen, befinden uns mit der Entwicklung im zweiten Quartal aber wieder zurück auf dem Wachstumspfad", sagte Vorstandschef Thomas Olemotz laut Mitteilung. Mit öffentlichen Kunden im Inland konnte Bechtle im zweiten Quartal das Geschäftsvolumen um fünf Prozent ausbauen. Vor allem ab Spätsommer soll das Wachstum hier weiter zulegen.
Dabei ist die Stimmung im Mittelstand derzeit noch schlecht. Von ihm seien in Deutschland kaum Wachstumsimpulse ausgegangen, sagte Olemotz in einer Telefonkonferenz. Die Unsicherheiten bezüglich der weiteren Wirtschaftsentwicklung bremsten, auch wenn deutsche Mittelständler nun wieder erste Diskussionen mit dem Konzern um Projekte führten, die in den vergangenen zwölf Monaten auf Eis lagen. Auch in Frankreich bleibe die Lage schwierig.
Der Umsatz kletterte in den drei Monaten April bis Juni wie erwartet im Jahresvergleich um 0,8 Prozent auf 1,49 Milliarden Euro. Im Unterschied zum Geschäftsvolumen, das ein gutes Stück über dem Umsatz liegt, kann sich Bechtle Verkäufe von Software nicht mit dem vollen Verkaufspreis als Erlös anrechnen.
Der Vorsteuergewinn ging gegenüber dem von einem Einmaleffekt aufgepolsterten Ergebnis im Vorjahreszeitraum um ein Fünftel auf 66,8 Millionen Euro zurück, fiel damit aber etwas besser aus als von Experten erwartet. Im Vergleich zum Vorquartal habe sich die Situation gebessert, hieß es vom Konzern. Unter dem Strich ging der Nettogewinn ebenfalls um ein Fünftel auf 47,7 Millionen Euro zurück.
Die Jahresprognose bestätigte Olemotz. 2025 soll das Geschäftsvolumen insgesamt leicht wachsen, der Umsatz voraussichtlich etwas schwächer, weil das Softwaregeschäft gut läuft. Das Vorsteuerergebnis sieht Olemotz weiter in einer Bandbreite von minus bis plus fünf Prozent zum Vorjahreswert von 345 Millionen Euro. Die Lücke beim Ergebnis aus dem ersten Halbjahr will er schließen: "Das ist ambitioniert, aber möglich."
Olemotz selbst wird Ende des kommenden Jahres aus dem Unternehmen ausscheiden. Er habe sich entschieden, keine Verlängerung seines Vertrags anzustreben, sagte der Manager, der im kommenden Jahr 64 Jahre alt wird. Er sei nun schon seit vielen Jahren bei Bechtle. "Irgendwann ist es auch mal Zeit, Platz zu machen für die nachfolgende Generation", fügte er an. Olemotz ist seit 2007 im Vorstand des Konzerns.