Mateco ordert 1.500 Arbeitsbühnen: Tödliche Unfälle zeigen Schulungs-Lücken

Die größte Flottenerneuerung des Jahres trifft auf eine Serie tödlicher Arbeitsunfälle – und offenbart die kritische Bedeutung der gesetzlichen Sicherheitsunterweisung.

Während Europas Verleihriesen in neue Technik investieren, zeigen die jüngsten Todesopfer eine unbequeme Wahrheit: Moderne Maschinen allein schützen nicht. Die Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) bleiben die wichtigste Verteidigungslinie gegen vermeidbare Tragödien.

Der Branchenriese Mateco verkündete am 26. November eine Großbestellung bei Genie: 1.500 Arbeitsbühnen für die Flottenerneuerung 2026. Das Portfolio umfasst Scheren-, Gelenk- und Teleskoparbeitsbühnen – elektrisch, Diesel und hybrid. Besonders die geländegängigen TraX-Raupenmodelle sollen verstärkt zum Einsatz kommen.

„Diese Investition zeigt unser Vertrauen in Genie-Produkte”, erklärte Andries Schouten, COO der Mateco-Gruppe. Neben der Hardware habe vor allem der Aftersales-Service überzeugt, der maximale Verfügbarkeit garantiere.

Doch für Sicherheitsfachkräfte bedeutet diese Flotte eine gewaltige Herausforderung. DGUV Vorschrift 1 und DGUV Regel 100-500 sind unmissverständlich: Jeder Bediener muss eine gerätespezifische Einweisung erhalten – selbst wenn er einen allgemeinen Bedienerausweis besitzt. Neue Bedienelemente, andere Stabilitätseigenschaften, veränderte Hybridantriebe? Alles einweisungspflichtig.

Passend zum Thema Schulungspflichten: Gerade beim Umstieg auf neue Maschinen und bei risikoreichen Vorgängen wie Be- und Entladen zeigen sich Lücken in vielen Unterweisungen. Ein praxisorientiertes Paket bietet fertige PowerPoint-Folien, Checklisten für Geräteeinweisungen und Formulare zur rechtssicheren Dokumentation – speziell abgestimmt auf DGUV-Regeln und jährliche Unterweisungen. So sparen Sie Zeit und reduzieren Haftungsrisiken. Sicherheitsunterweisung: Anleitung & PowerPoint-Vorlage herunterladen

Tödlicher Unfall beim Entladen: Die unterschätzte Gefahr

Die Dringlichkeit rigider Schulungen wurde Mitte November in Weil am Rhein dramatisch unterstrichen. Am 14. November starb ein 43-jähriger Arbeiter beim Abladen einer Arbeitsbühne vom Tieflader – die Maschine kippte um und traf ihn tödlich.

Die Ermittlungen laufen noch. Doch solche Vorfälle zeigen ein gefährliches Muster: Das Be- und Entladen von Arbeitsbühnen gehört zu den risikoreichsten Phasen – wird aber in vielen Standard-Schulungen stiefmütterlich behandelt. Der Fokus liegt oft auf der Arbeit in der Höhe, während die Logistik am Boden zur tödlichen Falle wird.

Nur sechs Tage später ereignete sich in Bad Langensalza ein weiterer Unfall mit Baumaschinen, bei dem ein Arbeiter verletzt wurde. Diese Häufung sorgt branchenweit für Alarmstimmung.

DGUV Grundsatz 308-008: Drei Stufen, die Leben retten

Sicherheitsexperten mahnen zur Überprüfung der Schulungsprotokolle. Der DGUV Grundsatz 308-008 definiert drei klar getrennte Qualifikationsstufen:

1. Ausbildung: Theoretische und praktische Grundlage mit Zertifikat (der klassische „Hubarbeitsbühnen-Führerschein”)
2. Geräteeinweisung: Pflicht-Familiarisierung bei jedem neuen Maschinentyp – etwa beim Wechsel von Schere zu Teleskop oder zwischen Herstellern
3. Jährliche Unterweisung: Gesetzlich vorgeschriebene Wiederholung nach Arbeitsschutzgesetz

Mit 1.500 neuen Genie-Maschinen allein bei Mateco wird die Geräteeinweisung zum Nadelöhr. Die neuen Modelle haben aktualisierte Sicherheitssysteme und veränderte Bedienkonzepte. Wer diese spezifische Einweisung nicht dokumentiert, riskiert im Schadensfall rechtliche Konsequenzen.

Internationaler Preis für Sicherheitsbemühungen

Die weltweite Branche nimmt das Thema ernst: Am 24. November erhielt die International Powered Access Federation (IPAF) in Madrid den „Special Jury Award” der Premios Potencia Gala. Die Organisation arbeitet eng mit deutschen Sicherheitsstellen zusammen, um Schulungsstandards zu harmonisieren.

Ausgezeichnet wurden Initiativen wie die digitale ePAL-Lizenz und die Kampagne „Safety Starts on the Ground” – Ansätze, die DGUV-Richtlinien international flankieren. Für deutsche Unternehmen mit grenzüberschreitenden Projekten bedeutet diese Anerkennung zusätzliche Rechtssicherheit.

Das Paradoxon: Sicherere Technik, menschliches Versagen

Die Gleichzeitigkeit von Mateco-Investment und tödlichen Unfällen zeigt das zentrale Dilemma der Branche. Maschinen werden immer sicherer – mit Neigesensoren, Quetschschutz, optimierten Stabilisatoren. Doch der Faktor Mensch bleibt die entscheidende Variable.

Der Unfall in Weil am Rhein offenbart einen blinden Fleck: Viele Schulungen konzentrieren sich auf die Höhenarbeit, vernachlässigen aber die statistisch gefährlichsten Momente beim Transport. Quetschungen und Kippunfälle passieren überwiegend am Boden.

Hinzu kommt: Mateco durchläuft gerade einen Führungswechsel. Am 27. November übernahm Stefan Kurtze interimistisch die Geschäftsführung von Alexander Bradfisch. Wie der Marktführer Wachstum, Flottenerneuerung und Schulungspflichten unter einen Hut bringt, wird die Branche aufmerksam beobachten.

Ausblick 2026: Schulungswelle erwartet

Die neue Maschinengeneration wird 2026 eine Schulungswelle auslösen. Trainingszentren müssen ihre Curricula aktualisieren – besonders zu Hybrid- und Elektroantrieben, die in Flotten wie der von Mateco dominant werden.

Arbeitgeber sollten sich auf verschärfte Kontrollen der Geräteeinweisungs-Dokumentation einstellen. Sobald die Unfallstatistiken 2025 vorliegen, reagieren die Berufsgenossenschaften häufig mit gezielten Inspektionskampagnen. Wer Mietgeräte nutzt, muss proaktiv sicherstellen: Jede Übergabe braucht eine dokumentierte Sicherheitsunterweisung.

Die Lücke zwischen allgemeinem DGUV-Ausweis und spezifischer Maschinenkenntnis? Sie kann tödlich sein. Mateco liefert die Technik – die Verantwortung für sichere Einweisung liegt bei jedem einzelnen Betrieb.

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