Langzeitkonten, Gerichtsurteil

Langzeitkonten: Gerichtsurteil birgt hohes Krankheitsrisiko für Arbeitnehmer

25.12.2025 - 20:51:12

Ein aktuelles Gerichtsurteil stellt beliebte Langzeitkonten infrage. Wer während einer Freistellungsphase erkrankt, verliert seine angesparten Tage – und damit oft Tausende Euro. Das Urteil fällt just zu einem Zeitpunkt, in dem Tarifverträge den Zugang zu diesen Konten für 2026 ausweiten.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat einen Präzedenzfall geschaffen. Ein langjähriger Mitarbeiter hatte 31 Tage – fast 9.000 Euro wert – auf einem Langzeitkonto angespart. Vor Antritt der vereinbarten Freistellung im Sommer 2023 erkrankte er schwer und konnte die Zeit nicht nutzen. Seinen Antrag auf Auszahlung oder Gutschrift der Tage wiesen die Richter ab.

Die Begründung: Der Arbeitgeber habe seine Pflicht mit der Gewährung der Freistellung erfüllt. Anders als der gesetzliche Erholungsurlaub, der dem Gesundheitsschutz dient, seien Langzeitkonten Instrumente der „Lebensarbeitszeitgestaltung“. Die Erfüllungswirkung trete ein, sobald der Arbeitnehmer freigestellt wird. Das Risiko, die Zeit nicht genießen zu können, trage allein der Arbeitnehmer.

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Urlaub vs. Freistellung: Ein fundamentaler Unterschied

Rechtsexperten warnen vor einem gefährlichen Irrglauben. Viele Arbeitnehmer gingen davon aus, dass „frei ist frei“. Die Rechtsgrundlage sei jedoch eine völlig andere.

  • Gesetzlicher Urlaub: Bei Krankheit mit Attest werden die Tage gutgeschrieben. Der Zweck ist eindeutig die Erholung.
  • Freistellung vom Langzeitkonto: Dies gilt als Abbau einer angesammelten „Zeitschuld“. Ist der Arbeitnehmer einmal freigestellt, ist die Schuld beglichen.

Eine Ausnahme gilt nur, wenn ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung den Zweck ausdrücklich mit der Erholung gleichsetzt oder eine spezielle Störfallregelung für Krankheit vorsieht. Ohne solche Klauseln trägt der Arbeitnehmer das volle Risiko.

Ausblick 2026: Mehr Konten, unverändertes Risiko

Die rechtliche Klarstellung kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. Neue Tarifverträge, wie etwa für Rettungsdienste, führen ab Januar 2026 Langzeitkonten für weitere Beschäftigtengruppen ein.

Die Konten bieten zwar Flexibilität für Sabbaticals oder früheren Ruhestand. Die aktuelle Rechtsprechung zeigt jedoch: Ohne sorgfältige vertragliche Absicherung nutzen Arbeitnehmer ein System mit weniger Schutz, als sie erwarten.

„Der Ausbau von Langzeitkonten ist positiv für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Die ‚Krankheitsfalle‘ bleibt jedoch eine kritische Schwachstelle“, kommentieren Arbeitsrechtler. Arbeitnehmer sollten bei Individualvereinbarungen auf Schutzklauseln bestehen – ein Anspruch darauf besteht aber nicht.

Das können Betroffene jetzt tun

Für alle mit bestehenden Konten oder Sabbatical-Plänen 2026 gibt es klare Handlungsempfehlungen:

  1. Vertrag prüfen: Studieren Sie Ihre Wertguthabenvereinbarung. Enthält sie eine Regelung für Arbeitsunfähigkeit während der Freistellung?
  2. Gesetzlichen Urlaub zuerst nutzen: Ziehen Sie immer erst den gesetzlichen Urlaub heran. Dieser bietet den deutlich besseren Schutz vor Krankheitsrisiken.
  3. Schutz verhandeln: Versuchen Sie bei Neuvereinbarungen, eine „Rückgutschriftsklausel“ für attestierte Krankheit auszuhandeln. Dies hängt vom Goodwill des Arbeitgebers ab.

Die Botschaft der Gerichte zum Jahresende 2025 ist eindeutig: Nicht jede freie Zeit ist vor dem deutschen Arbeitsrecht gleich geschützt.

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