Kommunen brechen mit Steuertabu – Gewerbesteuer steigt 2026
27.12.2025 - 01:03:12Deutschlands Städte und Gemeinden reagieren auf Rekorddefizite mit deutlichen Erhöhungen der Gewerbesteuer. Selbst wirtschaftsstarke Kommunen wie Stuttgart brechen mit langjähriger Steuerstabilität.
Deutschlands Städte und Gemeinden steuern mit Rekorddefiziten ins neue Jahr. Sie reagieren mit einem Tabubruch: Der Hebesatz der Gewerbesteuer wird vielerorts deutlich erhöht.
Das Jahr endet mit einem beispiellosen finanziellen Alarmruf. Der Deutsche Städtetag warnte am 25. Dezember, die kommunalen Haushalte „brechen reihenweise ein“. Das prognostizierte Defizit übersteigt 30 Milliarden Euro. Die Konsequenz ist eine historische Wende: In ihren letzten Sitzungen 2025 haben zahlreiche Stadtparlamente deutliche Erhöhungen der Gewerbesteuer für 2026 beschlossen. Für Unternehmen beginnt das neue Jahr mit einer schwereren Last.
Stuttgart beendet 25-jährige Steuerstabilität
Das prominenteste Beispiel kommt aus einer wirtschaftsstarken Metropole. Der Stuttgarter Gemeinderat verabschiedete einen Doppelhaushalt für 2026/2027, der den Gewerbesteuer-Hebesatz von 420 auf 430 Punkte anhebt. Damit endet eine 25-jährige Phase der Stabilität.
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Die Stadtführung begründet den Schritt mit den „schwierigsten finanziellen Rahmenbedingungen seit Jahrzehnten“. Zwar sollen 90 Prozent der Konsolidierung durch Ausgabskürzungen erreicht werden, doch auch die Einnahmeseite bleibe nicht unberührt. Die Entscheidung der schwäbischen Wirtschaftshochburg sendet ein Signal: Selbst finanzstarke Kommunen sind nicht mehr immun gegen die Steuererhöhungslogik.
Die Bewegung ist bundesweit. In Marburg (Hessen) steigt der Hebesatz zum 1. Januar 2026 von 380 auf 420 Punkte – ein Plus von fast 11 Prozent. Die Stadt Eppstein im Main-Taunus-Kreis beschloss am 17. Dezember eine Anhebung auf 385 Punkte, um wieder „handlungsfähig“ zu werden.
Doch der Widerstand wächst. Auf Sylt lehnte der Gemeinderat eine Erhöhung von 350 auf 360 Punkte kurz vor den Feiertagen ab. Die Abstimmung zeigt den politischen Zielkonflikt: Wie lassen sich finanzielle Notwendigkeit und die Belastbarkeit der lokalen Wirtschaft vereinbaren?
Strukturkrise: Die „Schere“ zwischen Einnahmen und Ausgaben
Die Steuerwelle hat tiefe Ursachen. Der Deutsche Städtetag spricht von einer „Schere“: Die Einnahmen stagnieren mit der schwächelnden Konjunktur, während die Pflichtausgaben explodieren.
Drei Haupttreiber verschärfen die Lage:
* Sozialausgaben: Die Kosten für Sozialleistungen und Jugendhilfe steigen überproportional, oft verursacht durch Bundes- oder Landesgesetze ohne ausreichende Gegenfinanzierung.
* Personalkosten: Die jüngsten Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst verteuern die Gehaltslisten der Kommunen erheblich.
* Inflationsfolgen: Bau und Instandhaltung kommunaler Infrastruktur – von Schulen bis Straßen – sind massiv teurer geworden. Der Investitionsstau bundesweit beläuft sich auf fast 190 Milliarden Euro.
Burkhard Jung, Präsident des Städtetags, warnte kürzlich, ohne sofortige Hilfe rutschten viele Städte in das Nothaushaltsrecht. Diese rechtliche Zwangsjacke zwingt zur Streichung freiwilliger Leistungen wie Bibliotheken, Schwimmbäder oder Kulturförderung. Gleichzeitig verpflichtet es die Kommunen gesetzlich, ihre Einnahmen zu maximieren – Steuererhöhungen werden dann zum Muss.
Bundesweite Trendwende: Das Ende der „Steueroasen“?
Über die lokalen Haushaltsnöte hinaus zeichnet sich ein bundespolitischer Paradigmenwechsel ab. Der Koalitionsvertrag der nach der Wahl im Februar 2025 gebildeten Bundesregierung sieht vor, die Mindestbesteuerung bei der Gewerbesteuer drastisch zu verschärfen.
Bislang liegt die gesetzliche Untergrenze bei 200 Punkten, um „ruinösen“ Steuerwettbewerb zu verhindern. Die neue Bundesregierung plant eine Anhebung auf 280 Punkte. Diese Politik zielt auf sogenannte „Gewerbesteuer-Oasen“ wie Monheim am Rhein oder Leverkusen ab, die mit Sätzen von teils nur 250 Punkten Konzernzentralen anlockten.
Bei Umsetzung müssten diese Kommunen ihren Hebesatz um mindestens 30 Punkte erhöhen. Ihr Standortvorteil wäre über Nacht dahin. Juristen erwarten eine „Neusortierung“ von Unternehmensstandorten, wenn der Steuervorsprung der Niedrigsteuer-Kommunen schwindet.
Wirtschaft warnt vor Gift für den Investitionsstandort
Die Reaktion der Wirtschaft fällt scharf aus. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnte diese Woche, steigende Gewerbesteuern vergifteten das Investitionsklima zur falschen Zeit. In einer ohnehin schwächelnden Konjunktur belasteten sie die Liquidität der Unternehmen zusätzlich.
Experten betonen: Die Gewerbesteuer trifft besonders, weil sie in Teilen gewinnunabhängig ist. Eine Hebesatzerhöhung schlägt direkt auf die Gewinnmarge durch. Für einen Mittelständler mit einer Million Euro steuerpflichtigem Ertrag bedeutet ein Plus von 10 Punkten eine Mehrbelastung von rund 3.500 Euro. Die langfristigen Folgen für die Unternehmensbindung sind ungewiss, wie das Beispiel Mainz zeigt, das Ende 2024 mit einer massiven Erhöhung für Aufsehen sorgte.
Regionale Handelskammern appellieren an die Kommunen, den Schwerpunkt auf Ausgabendisziplin zu legen. Standortqualität definiere sich nicht nur über Infrastruktur, sondern auch über ein kalkulierbares und wettbewerbsfähiges Steuerumfeld. Die Ablehnung auf Sylt wird von Wirtschaftsvertretern bereits als Vorbild „verantwortungsvoller Wirtschaftspolitik“ angeführt – sie bleibt im aktuellen Trend jedoch die Ausnahme.
Ausblick: Konfliktreicher Start ins neue Jahr
Unternehmen müssen sich zum 1. Januar auf angepasste Gewerbesteuer-Vorauszahlungen einstellen. Steuerberater raten dringend, die aktuellen Haushaltssatzungen der Heimatgemeinde zu prüfen, um böse Überraschungen im ersten Quartal 2026 zu vermeiden.
Der politische Streit über die Kommunalfinanzen dürfte sich verschärfen. Der Städtetag fordert eine „grundlegende Reform“ und eine höhere Beteiligung der Kommunen an der Umsatzsteuer. Bis dahin bleibt die Gewerbesteuer der primäre Hebel, den die Kommunen in eigener Hand haben. Die Botschaft aus den Rathäusern ist eindeutig: Die Ära günstiger kommunaler Leistungen und niedriger Steuern ist vorbei. Die Wirtschaft soll einen größeren Teil der Rechnung für Infrastruktur und soziale Stabilität tragen.
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