KI-Verordnung, Millionenstrafen

KI-Verordnung: Millionenstrafen treffen deutsche Unternehmen jetzt hart

17.11.2025 - 14:09:12

Die Schonfrist ist vorbei. Seit August können Unternehmen für Verstöße gegen die EU-KI-Verordnung mit bis zu 35 Millionen Euro oder sieben Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes bestraft werden – je nachdem, was höher ausfällt. Was vor zwei Jahren noch als ferne Regulierung erschien, ist heute knallharte Realität. Wer verbotene KI-Systeme einsetzt oder seine Mitarbeiter nicht ausreichend schult, riskiert existenzbedrohende Sanktionen. Besonders betroffen: kleine und mittlere Unternehmen, die oft weder die Ressourcen noch das Know-how für die komplexen Anforderungen haben.

Die Bundesnetzagentur und weitere Behörden verschärfen ihre Kontrollen. Doch viele Firmen tappen noch im Dunkeln – welche KI-Anwendungen sind überhaupt erlaubt? Und was genau bedeutet “KI-Kompetenz” in der Praxis?

Seit dem 2. Februar 2025 gilt ein striktes Verbot für KI-Systeme mit “inakzeptablem Risiko”. Die Europäische Kommission lässt keinen Interpretationsspielraum: Social-Scoring-Systeme nach chinesischem Vorbild, die das Verhalten von Bürgern bewerten und sanktionieren, sind ausnahmslos verboten. Gleiches gilt für manipulative Techniken, die Menschen unterschwellig beeinflussen – etwa durch gezielte Ausnutzung psychologischer Schwachstellen.

Überraschend für viele: Auch Emotionserkennung am Arbeitsplatz und in Schulen ist grundsätzlich untersagt. Die Ausnahmen sind eng gefasst und beschränken sich auf medizinische Zwecke oder Sicherheitsanwendungen. Ein HR-Tool, das anhand von Gesichtsausdrücken die Produktivität von Mitarbeitern bewertet? Seit Februar illegal – egal ob das Unternehmen in München oder Mailand sitzt.

Die Kommission hat Leitlinien mit konkreten Beispielen veröffentlicht. Dennoch herrscht Unsicherheit: Wo genau verläuft die Grenze zwischen zulässiger Datenanalyse und verbotener Manipulation?

Anzeige

Viele Unternehmen unterschätzen die praktischen Folgen der EU-KI-Verordnung – Bußgelder von bis zu 35 Millionen Euro oder sieben Prozent des Jahresumsatzes sind keine Ausnahme mehr. Der kostenlose Umsetzungsleitfaden erklärt verständlich, wie Sie KI-Systeme richtig klassifizieren, welche Dokumentationspflichten und Risikoklassen relevant sind und welche Fristen zu beachten sind. Mit konkreten Checklisten für Entwickler, Anbieter und Anwender. Jetzt kostenlosen KI-Verordnungs-Leitfaden herunterladen

Schulungspflicht: Mehr als ein Compliance-Häkchen

Parallel zu den Verboten trat die Pflicht zur KI-Kompetenz in Kraft. Klingt nach bürokratischem Ballast? Von wegen. Unternehmen müssen nachweisen, dass alle Personen, die KI-Systeme bedienen oder überwachen, über ausreichendes Fachwissen verfügen. Gemeint ist nicht eine einstündige Einführungspräsentation.

Gefordert wird ein fundiertes Verständnis der Funktionsweise, der potenziellen Risiken wie algorithmischer Diskriminierung und der rechtlichen Rahmenbedingungen. Ein Personaler, der ein KI-gestütztes Bewerbungstool nutzt, muss verstehen, wie das System Entscheidungen trifft – und wo es systematisch bestimmte Gruppen benachteiligen könnte.

Die Anforderungen richten sich nach dem Einsatzkontext. Wer KI in sensiblen Bereichen wie der Kreditvergabe oder Personalauswahl nutzt, trägt eine höhere Verantwortung. Das Ziel: menschliche Aufsicht darf kein leeres Versprechen bleiben, sondern muss faktisch gewährleistet sein. Für KMUs bedeutet das erheblichen Aufwand – Zeit und Kosten, die viele unterschätzt haben.

Bußgeldkatalog: Gestaffelt nach Schwere des Verstoßes

Die seit August durchsetzbaren Sanktionen haben es in sich. Die höchste Strafkategorie greift beim Einsatz verbotener KI-Systeme: bis zu 35 Millionen Euro oder sieben Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Für einen mittelständischen Maschinenbauer mit 500 Millionen Euro Umsatz wären das potenziell 35 Millionen Euro – eine Summe, die die Existenz gefährden kann.

Die mittlere Kategorie betrifft Verstöße gegen zentrale Bestimmungen, etwa die Pflichten für Hochrisiko-Systeme: bis zu 15 Millionen Euro oder drei Prozent des globalen Umsatzes. Selbst die niedrigste Stufe – für falsche oder unvollständige Informationen an Behörden – schlägt mit bis zu 7,5 Millionen Euro oder einem Prozent des Umsatzes zu Buche.

Die Bundesnetzagentur koordiniert in Deutschland die Überwachung gemeinsam mit Fachbehörden. Erste Kontrollen laufen bereits. Branchenkenner erwarten, dass die Behörden zunächst Exempel statuieren werden, um die Ernsthaftigkeit der Verordnung zu unterstreichen. Niemand kann sich mehr darauf verlassen, dass Verstöße unentdeckt bleiben oder mit einer Verwarnung enden.

Zwischen Innovation und Bürokratie: Die Praxis ernüchtert

Die EU betont stets den Balanceakt: Innovation fördern, aber Risiken eindämmen. In der Realität erleben viele Unternehmen vor allem eines – Bürokratie. KI-Systeme müssen klassifiziert, Risikobewertungen durchgeführt, technische Dokumentationen erstellt und Transparenzpflichten erfüllt werden.

Für Start-ups und KMUs wird die Compliance zur Zerreißprobe. Während SAP, Siemens oder die Telekom eigene Rechtsabteilungen beschäftigen können, stehen kleinere Firmen vor kaum lösbaren Aufgaben. Die EU verspricht zwar, bei der Bemessung von Strafen die besonderen Umstände von KMUs zu berücksichtigen. Doch hilft das einem Unternehmen, das bereits tief in der Compliance-Falle steckt?

Branchenverbände warnen vor einer Phase der Rechtsunsicherheit. Solange keine Gerichtsentscheidungen vorliegen und die Praxis der Aufsichtsbehörden sich nicht eingespielt hat, bewegen sich Unternehmen auf unsicherem Terrain. Ist ein Chatbot für den Kundenservice ein Hochrisiko-System? Wann genau greift die Emotionserkennung? Die Antworten werden sich erst mit der Zeit herauskristallisieren.

August 2026: Die nächste Welle rollt an

Wer glaubt, das Schlimmste überstanden zu haben, irrt. Am 2. August 2026 greift die nächste große Stufe: Die umfangreichen Pflichten für Hochrisiko-KI-Systeme werden durchsetzbar. Betroffen sind Anwendungen im Personalwesen, bei der Kreditvergabe, in der medizinischen Diagnostik oder bei der Strafverfolgung.

Diese Systeme unterliegen strengen Anforderungen an Datenqualität, Transparenz, menschliche Aufsicht und Risikomanagement. Anbieter müssen nachweisen, dass ihre Systeme die Grundrechte nicht verletzen und diskriminierungsfrei funktionieren. Eine finale Stufe tritt im August 2027 für spezielle Hochrisiko-Systeme in Kraft, die bereits anderen EU-Regulierungen unterliegen.

Die Botschaft ist klar: Wer jetzt nicht handelt, steht 2026 mit dem Rücken zur Wand. Unternehmen, die ihre Prozesse proaktiv anpassen, vermeiden nicht nur Bußgelder – sie können sich als Vorreiter für vertrauenswürdige KI positionieren. In einer Zeit, in der Kunden und Geschäftspartner zunehmend auf Datenschutz und ethische Standards achten, könnte das zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden.

Anzeige

PS: Sind Sie sicher, dass Ihre KI-Systeme korrekt klassifiziert sind und Sie alle Dokumentationspflichten erfüllen? Der kompakte Umsetzungsleitfaden zur EU-KI-Verordnung bietet praxisnahe Checklisten, Erläuterungen zu Risikoklassen und konkrete Handlungsschritte für die Umsetzung in Ihrem Unternehmen – ideal für Entscheider, Entwickler und Compliance-Teams, die Strafen und Rechtsunsicherheit vermeiden wollen. Jetzt Umsetzungsleitfaden zur KI-Verordnung anfordern

@ boerse-global.de