KI-Förderung für Hochschulen endet ohne Nachfolgeprogramm
23.12.2025 - 04:44:12Die Bundesregierung setzt das KI-Förderprogramm für Hochschulen nicht fort, obwohl neue EU-Vorgaben und der massive Einsatz durch Studierende hohe Anforderungen stellen.
Die Bundesregierung plant kein Nachfolgeprogramm für die auslaufende Initiative „Künstliche Intelligenz in der Hochschulbildung“. Hochschulen stehen damit allein vor den wachsenden Anforderungen der EU-KI-Verordnung und einer rasanten Nutzung durch Studierende.
BERLIN, 23. Dezember 2025 – Mit dem Jahreswechsel steht Deutschlands Hochschulen ein einschneidender Wechsel bevor. Die gemeinsame Förderinitiative von Bund und Ländern „Künstliche Intelligenz in der Hochschulbildung“ läuft am 31. Dezember aus – und wird nicht fortgeführt. Das bestätigte die Bundesregierung diese Woche in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Die Entscheidung kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Gerade jetzt treten die verschärften Compliance-Pflichten der EU-KI-Verordnung in Kraft, während der Einsatz generativer KI unter Studierenden explodiert.
Die Hochschulen müssen die finanziellen und organisatorischen Lasten der KI-Governance nun allein schultern. Die Regierung begründet den Stopp mit dem Erreichen der Förderziele. Hochschulvertreter und Studierendenverbände sprechen dagegen von einem drohenden „Kompetenzkrisen“ und einer gefährlichen Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
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Die Förderlücke: Erfolgsmeldung oder verfrühtes Aus?
In ihrer Antwort vom 21. Dezember erklärt die Bundesregierung, die Ziele der seit 2021 laufenden Initiative seien erreicht. Das Programm, das rund 133 Millionen Euro an Fördermitteln bereitstellte, sollte KI als Schlüsseltechnologie im Hochschulsystem verankern. Die Verantwortung für die Ergebnisauswertung und den Praxistransfer liege nun bei den Ländern und den Hochschulen selbst.
Kritiker halten diese „Mission erfüllt“-Haltung für realitätsfern. Die ursprüngliche Förderrunde wurde vor dem Durchbruch großer Sprachmodelle wie GPT-4 konzipiert. Diese Tools haben die Anforderungen an KI-Governance grundlegend verändert. Der Stopp der Bundesmittel kommt für viele Einrichtungen einem Rückzug genau in der Phase zuvor, in der sie langfristige Strategien für den Umgang mit generativer KI entwickeln müssen.
„Die Bundesregierung mandatiert einen komplexen neuen Standard und zieht gleichzeitig die Ressourcen für dessen Umsetzung ab“, kommentiert Dr. Lena Weber, Juristin für Digitales Bildungsrecht.
Die Compliance-Herausforderung: Wer bezahlt die KI-Kompetenz?
Das Ende der Förderung kollidiert frontal mit neuen gesetzlichen Pflichten. Die seit Mitte 2024 vollständig geltende EU-KI-Verordnung schreibt vor, dass Organisationen – also auch Hochschulen – für einen ausreichenden Grad an „KI-Kompetenz“ bei Mitarbeitern und Nutzern sorgen müssen.
Diese seit dem 2. Februar 2025 verbindliche Vorgabe zwingt die Hochschulen, von freiwilligen Workshops zu verpflichtenden, dokumentierten Schulungen für Lehrende und Verwaltung überzugehen. Es geht nicht nur um technisches Know-how, sondern um ein tiefes Verständnis für Datenschutz, Urheberrecht und ethische Risiken.
Rechtsexperten warnen: Ohne eigene Ressourcen werden viele Hochschulen diese gesetzlichen Anforderungen kaum erfüllen können. Es droht eine gespaltene Landschaft. Wohlhabende Exzellenzuniversitäten können sich eigene Governance-Tools und Schulungsoffiziere leisten. Kleinere Hochschulen bleiben dagegen rechtlichen Risiken ausgesetzt. Dort könnte sich der Einsatz nicht genehmigter „Schatten-KI“ ausbreiten.
Die studentische Realität: Hohe Nutzung, wenig Zufriedenheit
Die Kluft zwischen institutioneller Bereitschaft und studentischer Realität ist eklatant. Daten aus dem CHE Hochschulranking vom Wintersemester 2024/25 zeigen: 65 Prozent der Studierenden in Deutschland nutzen KI-Werkzeuge wöchentlich oder täglich – für Recherche, Übersetzung oder Textarbeit.
Trotz dieser Allgegenwart ist die Zufriedenheit mit den hochschulischen KI-Angeboten gering. Die bereitgestellten Lernmöglichkeiten erhielten im Schnitt nur 2,7 von 5 Sternen. Studierende fordern klare „Spielregeln“: verbindliche ethische Leitlinien, transparente Datenschutzrichtlinien und Klarheit beim Einsatz von KI in Prüfungen.
„Wir sehen ein ‚Governance-Vakuum‘. Die Studierenden wollen die Tools verantwortungsvoll nutzen, aber es fehlt an klarer institutioneller Führung“, so ein Sprecher des Freien Zusammenschlusses von Student*innenschaften (fzs). Die Entscheidung, das Thema den Ländern zu überlassen, werde einen Flickenteppich an Regelungen schaffen.
Wirtschaftlicher Kontext: Die Kompetenzlücke im Mittelstand
Die Folgen der Entscheidung reichen über den Campus hinaus. Ein zentrales Ziel der KI-Governance-Initiative war es, eine für die KI-gestützte Wirtschaft gewappnete Arbeitskraft auszubilden. Analysen des Stifterverbandes zeigen jedoch: Auch die Wirtschaft leidet unter einer KI-Kompetenzlücke. Unternehmen, besonders der Mittelstand, brauchen Absolventen, die nicht nur technisch versiert, sondern auch „governance-sicher“ sind.
Sie sind darauf angewiesen, dass Hochschulen als Innovations- und Schulungszentren fungieren. Wenn Hochschulen ihre KI-Kompetenzzentren aufgrund knapper Budgets zurückfahren, könnte der Nachschub an qualifizierten Talenten stocken. Das würde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft bremsen.
Ausblick 2026: Konsolidierung und politischer Streit
Mit dem 1. Januar 2026 müssen die Hochschulrektoren ihre Budgets überarbeiten. Die unmittelbare Zukunft wird wahrscheinlich eine Konsolidierung der Bemühungen bringen. Kleinere Hochschulen werden versuchen, regionale Konsortien zu bilden, um sich die Kosten für KI-Governance-Beauftragte und technische Infrastruktur zu teilen.
Der politische Nachhall wird ins neue Jahr reichen. Oppositionsparteien kündigten bereits an, die „digitale Souveränität in der Bildung“ zum Thema in kommenden Landtagswahlen zu machen. Die Botschaft aus der Hauptstadt ist indes klar: Die Pilotphase ist vorbei. Deutschlands Hochschulen müssen die komplexen Gewässer der KI-Governance jetzt allein navigieren. Ob die Länder die finanzielle Lücke füllen können, bleibt offen. Sicher ist: Der Bedarf an KI-Kompetenz – getrieben von Gesetz, Markt und den Studierenden selbst – wächst rasant. Ohne eine koordinierte nationale Strategie riskiert Deutschland, in jenem Feld zurückzufallen, das es vor vier Jahren noch anführen wollte.
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