KI am Arbeitsplatz: Digitaler Stress bedroht Deutschlands Beschäftigte
15.10.2025 - 17:07:02AOK-Report 2025 zeigt: Fast die Hälfte der Beschäftigten leidet unter digitalem Stress durch unzureichend vorbereitete KI-Einführung in Unternehmen. Mangelnde Schulungen und Transparenz verstärken psychische Belastungen.

Die Künstliche Intelligenz erobert deutsche Büros – doch die Mitarbeiter zahlen einen hohen Preis. Ein neuer AOK-Bericht enthüllt: Fast die Hälfte aller Beschäftigten leidet unter digitalem Stress, während Unternehmen ihre Teams unvorbereitet ins KI-Zeitalter schicken.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 42 Prozent der deutschen Unternehmen setzen bereits auf Künstliche Intelligenz, weitere neun Prozent planen den Einstieg. Doch dieser Technologie-Boom hat eine dunkle Seite. Der am Dienstag vorgestellte Fehlzeiten-Report 2025 der AOK warnt eindringlich vor den psychischen Folgen einer schlecht durchdachten KI-Einführung.
Dr. Rahild Neuburger von der LMU München bringt es auf den Punkt: „Die Auswirkungen auf die mentale und physische Gesundheit der Mitarbeitenden werden oft völlig vernachlässigt.“ Während die Technologie Routineaufgaben automatisiert und Zeit spart, entstehen neue Stressfaktoren, die das Wohlbefinden erheblich gefährden.
Unternehmen lassen Mitarbeiter im Regen stehen
Das Paradox der deutschen KI-Revolution: Obwohl zwei Drittel der Beschäftigten keine Angst vor dem Jobverlust durch KI haben, herrscht Unsicherheit an anderer Front. Selbst in Unternehmen mit etablierter KI-Nutzung erhielten nur 40 Prozent der Mitarbeiter eine entsprechende Schulung.
Helmut Schröder, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, sieht darin einen fatalen Fehler: „Dieser Mangel an Qualifizierung führt zu Unsicherheit und Überforderung.“ Die Folge: Mitarbeiter fühlen sich der neuen Technologie hilflos ausgeliefert.
AOK-Vorstandschefin Dr. Carola Reimann fordert deshalb ein radikales Umdenken: KI könne durchaus helfen, Arbeitsbelastungen zu reduzieren – „vorausgesetzt, ihre Einführung wird partizipativ und transparent gestaltet.“
„Technostress“ wird zum Volksleiden
Die Dimension des Problems offenbart eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens Adaptavist: 43 Prozent der Befragten empfinden Stress durch die Nachrichtenflut und das ständige Wechseln zwischen verschiedenen digitalen Plattformen. Knapp ein Viertel leidet regelmäßig unter digitaler Überlastung.
Eine von Slack beauftragte YouGov-Untersuchung bestätigt den Trend: 48 Prozent der Büroangestellten erleben mindestens einmal wöchentlich digitalen Stress. Ständige Unterbrechungen und der Druck permanenter Erreichbarkeit zermürben die Beschäftigten.
Das rheingold Institut bezeichnet die KI-Einführung treffend als „psychologischen Stresstest“. Die beschleunigten Arbeitsprozesse und permanente Konnektivität beeinträchtigen die Konzentrationsfähigkeit und erhöhen das Burnout-Risiko drastisch.
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Kontrollverlust schürt Ängste
Besonders belastend: die psychologische Unsicherheit. Zwar sehen 78 Prozent der Arbeitnehmer Chancen in der KI, doch gleichzeitig fürchten sie einen Kontrollverlust. Nur 40 Prozent fühlen sich beim Datenschutz sicher, lediglich 39 Prozent trauen sich zu, KI-Fehler zu erkennen.
Der DEKRA Arbeitssicherheitsreport 2025 warnt vor den Folgen mangelnder Transparenz: Wenn Mitarbeiter nicht verstehen, nach welchen Kriterien die KI entscheidet oder welche Daten gesammelt werden, verstärkt sich das Gefühl der Ohnmacht. Hinzu kommt die Gefahr sozialer Isolation, wenn Maschinen den Kollegenaustausch ersetzen.
Kulturwandel statt Technik-Gläubigkeit
Die Lösung liegt nicht in weniger Technologie, sondern in besserer Umsetzung. Johannes Dorn, Geschäftsführer des rheingold Instituts, fordert „klare Leitplanken, transparente Kommunikation und Räume für offene Diskussion.“
Führungskräfte stehen dabei im Fokus: KI sollte Manager von administrativen Aufgaben entlasten, damit sie mehr Zeit für empathische Führung haben. Dr. Neuburger sieht darin den Schlüssel für eine erfolgreiche Transformation.
Experten sind sich einig: Unternehmen müssen psychische Gefährdungsbeurteilungen durchführen, die digitale Stressfaktoren explizit berücksichtigen. Nur durch gezielte Schulungen und transparente Kommunikation lässt sich KI vom Unsicherheitsfaktor zum Gestaltungsmotor einer neuen Arbeitskultur entwickeln.
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