Indien, SMS-Regeln

Indien verschärft SMS-Regeln: Kampf gegen Cyberkriminalität eskaliert

19.11.2025 - 07:39:11

Die indische Telekommunikationsbehörde TRAI greift zu drastischen Mitteln gegen SMS-Phishing – und das aus gutem Grund. Zeitgleich erschüttert eine Betrugswelle das Land, bei der Kriminelle ihre Opfer in “digitale Hausarreste” zwingen. Ein Fall macht besonders fassungslos: Eine IT-Managerin aus Bengaluru verlor 31,8 Crore Rupien – umgerechnet knapp 3,4 Millionen Euro.

Die neue Regulierung kommt nicht von ungefähr. Betrüger haben das SMS-System systematisch ausgenutzt, um Schadsoftware und betrügerische Links zu verbreiten. Parallel dazu perfektionieren organisierte Banden psychologische Manipulation bis zur Perfektion: Sie geben sich als Ermittler aus und halten ihre Opfer wochenlang in Angst gefangen.

Die Telecom Regulatory Authority of India hat diese Woche eine wegweisende Maßnahme verkündet: Telekommunikationsanbieter müssen künftig jeden variablen Bestandteil in SMS-Vorlagen vorab kennzeichnen und freigeben lassen. Was technisch klingt, zielt direkt auf die Schwachstelle ab, die Betrüger jahrelang ausnutzten.

Die Untersuchungen der Behörde zeichneten ein klares Bild: Kriminelle schleusten systematisch gefälschte URLs, App-Download-Links und betrügerische Rückrufnummern in ansonsten legitim wirkende Nachrichtenvorlagen ein. Die Folge? Massenhafter Identitätsdiebstahl und Millionenschäden.

Die neue Regelung funktioniert so: Unternehmen müssen jedes variable Feld registrieren und dessen Verwendungszweck explizit definieren – etwa als URL oder Telefonnummer. Die Mobilfunkanbieter gleichen dann automatisch ab, ob die eingesetzten Links und Nummern auf einer Whitelist stehen. Wer sich nicht daran hält, dessen Nachrichten werden schlicht blockiert.

Die Frist läuft: Innerhalb von 60 Tagen müssen alle bestehenden Vorlagen angepasst werden. Danach gilt Nulltoleranz. TRAI spricht von einem “entscheidenden Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens in digitale Kommunikation”.

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Digitaler Hausarrest: Die perfide Masche

Während die Regulierer am technischen Schutz arbeiten, wütet parallel eine Betrugsform, die auf pure psychologische Manipulation setzt. Die Methode nennt sich “Digital Arrest” – und ihre Opfer erleben einen Albtraum, der Monate dauern kann.

Der Fall der 57-jährigen Software-Ingenieurin aus Bengaluru zeigt das volle Ausmaß dieser Machenschaften. Alles begann im September 2024 mit einem scheinbar harmlosen Anruf: Ein angeblicher Kurierdienst-Mitarbeiter behauptete, in ihrem Namen sei ein Paket mit illegalen Substanzen verschickt worden.

Was folgte, war eine monatelange Odyssee des Schreckens. Die Anrufer, die sich als hochrangige CBI-Beamte ausgaben, drohten mit sofortiger Verhaftung. Sie warnten, Kriminelle würden sie beobachten – jeder Kontakt zur örtlichen Polizei würde ihre Familie in Gefahr bringen. Die Lösung? Ein permanenter Skype-Videoanruf, über den die Betrüger sie rund um die Uhr “überwachen” konnten.

Unter diesem konstanten psychologischen Druck tätigte die Frau 187 separate Banküberweisungen. Sie löste ihre Lebensersparnisse auf, räumte Festgeldkonten leer – insgesamt 31,83 Crore Rupien verschwanden so auf Konten der Betrüger. Kein Einzelfall: Ein pensionierter Professor verlor kürzlich auf ähnliche Weise umgerechnet knapp 85.000 Euro.

Das Drehbuch der Täter

Die Masche folgt einem erschreckend präzisen Muster. Der erste Kontakt soll Panik auslösen: Ein Paket voller Drogen, eine angebliche Geldwäsche im eigenen Namen, gestohlene Identitätsdaten bei schweren Verbrechen. Die Behauptungen variieren, das Ziel bleibt gleich.

Dann kommt die Eskalation. Das Gespräch wird an vermeintliche Ermittler übergeben, die mit gefälschten Dokumenten und autoritärem Auftreten Glaubwürdigkeit vortäuschen. Die Isolation des Opfers beginnt: Bloß niemanden einweihen, nicht die Familie, nicht Freunde, schon gar nicht die echte Polizei. Wer aussteigt, gefährdet angeblich sein Umfeld.

Die Kommunikation wird auf Plattformen wie Skype oder WhatsApp verlagert. So können die Täter ihre Opfer permanent kontrollieren. Die Geldforderungen werden geschickt verschleiert – als “Vermögensverifizierung” bei einer Finanzaufsicht oder “Sicherheitsleistung” zur Einstellung des Verfahrens. Eine vollständige Rückzahlung wird versprochen, sobald die “Ermittlungen” abgeschlossen sind.

Dass dieses Versprechen nie eingelöst wird, versteht sich von selbst. Unter Dauerstress und in permanenter Angst treffen die Opfer Entscheidungen, die sie unter normalen Umständen sofort als Betrug erkennen würden.

Technologie gegen Psychologie

Die zeitgleiche Entwicklung – neue Regulierung hier, spektakuläre Betrugsfälle dort – zeigt die zwei Fronten im Kampf gegen Cyberkriminalität. Die TRAI-Richtlinie setzt auf technischen Schutz und will die Eintrittspforte SMS verschließen. Ähnliche Ansätze verfolgen auch globale Tech-Konzerne: Google verklagte kürzlich die “Lighthouse”-Plattform, die Phishing-Tools als Service anbot.

Doch gegen psychologische Manipulation helfen technische Barrieren nur bedingt. Digital-Arrest-Betrüger umgehen jede Firewall, indem sie Urängste ansprechen: Angst vor Strafe, Vertrauen in Autoritäten, der Wunsch, Familie und Ruf zu schützen. Sobald die direkte Kommunikation steht, verlieren technische Sicherheitsmaßnahmen ihre Wirkung.

Der Fall aus Bengaluru beweist: Ein Opfer, das psychologisch unter Kontrolle gebracht wurde, handelt systematisch gegen die eigenen Interessen. Hier hilft nur Aufklärung – und zwar flächendeckend.

Was kommt als Nächstes?

Die nächsten 60 Tage werden entscheidend. Indiens Telekommunikationsbranche steht unter Zeitdruck, die neuen Vorgaben umzusetzen. Sicherheitsexperten erwarten einen spürbaren Rückgang bei Smishing-Versuchen, sobald die Regelung vollständig greift. Doch sie warnen auch: Kriminelle sind anpassungsfähig. Die Betrüger werden neue Wege finden, andere Kanäle ausnutzen.

Eines lässt sich mit Sicherheit sagen: Keine echte Strafverfolgungsbehörde führt Ermittlungen oder fordert Geld über unaufgeforderte Anrufe oder Videochats. Wer mit sofortiger Verhaftung und gleichzeitigen Geldforderungen konfrontiert wird, sollte auflegen – sofort. Die indischen Behörden raten, solche Vorfälle umgehend beim nationalen Cybercrime-Portal zu melden.

Die beste Firewall bleibt der gesunde Menschenverstand. Und im Zweifelsfall gilt: Lieber einmal zu oft misstrauisch sein als einmal zu wenig.

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