Gesundheitsbranche, Fachkräfte

Gesundheitsbranche ringt um Fachkräfte zwischen Gesetzes-Turbo und Klinik-Pleiten

23.12.2025 - 13:43:12

Deutschlands Kliniken stehen vor einer paradoxen Lage: Während ein neues Gesetz die Anerkennung ausländischer Pflegekräfte beschleunigen soll, setzen aktuelle Krankenhausschließungen erfahrene Teams frei.

Der Kampf um medizinisches Personal spitzt sich in Deutschland zu. Während der Bundestag über ein beschleunigtes Anerkennungsgesetz für ausländische Qualifikationen debattiert, setzt eine Welle von Klinikschließungen erfahrene Teams auf den Markt frei. Personalverantwortliche müssen nun eine paradoxe Doppelstrategie fahren.

Gesetzes-Turbo: Kommt der Durchbruch für Pflegekräfte?

Im Zentrum der politischen Hoffnungen steht das „Gesetz zur Beschleunigung der Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsqualifikationen in Heilberufen“. Nach der ersten Lesung am 18. Dezember im Bundestag wird der Entwurf nun in den Ausschüssen beraten. Er soll bürokratische Hürden für internationale Fachkräfte abbauen.

Doch der aktuelle Text stößt auf massive Kritik. Der Deutsche Pflegerat (DPR) bezeichnete ihn am Montag als unzureichend. „Ohne internationale Pflegefachkräfte ist eine verlässliche Versorgung in Deutschland nicht mehr möglich“, so DPR-Präsidentin Christine Vogler. Die Forderung: Eine „Kompetenzvermutung“ muss ins Gesetz. Diese würde es examinierten Pflegekräften aus Drittstaaten erlauben, sofort in voller Qualifikation zu arbeiten, während die formale Anerkennung parallel läuft.

Für Personalchefs ist diese Klausel entscheidend. Mit ihr würde sich der Fokus von der Visumsbearbeitung auf die Integration verlagern. Ohne sie bliebe der Prozess auch mit „Turbo“-Label zäh und papierlastig. Die Entscheidung fällt voraussichtlich im ersten Quartal 2026.

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Der Schließungs-Paradox: Pleiten als Personalquelle

Während in Berlin debattiert wird, verändert sich der Arbeitsmarkt vor Ort dramatisch. Eine Serie von Klinikschließungen und Insolvenzen in den letzten Tagen setzt unerwartet erfahrenes Personal frei – eine düstere, aber realistische Personalquelle.

  • Duisburg: Die Entbindungsstation des Bethesda-Krankenhauses schließt im Zuge der Fusion mit Sana Kliniken. Bis Januar 2026 werden etablierte Teams freigesetzt.
  • Tettnang: Die Innere Medizin der Klinik Tettnang stellt zum 1. Januar 2026 den Betrieb ein – ausgerechnet wegen Personalmangels. Die qualifizierten Mitarbeiter strömen nun auf den regionalen Markt.
  • Geesthacht: Der Insolvenzantrag für das Krankenhaus Geesthacht scheiterte, was zu Entlassungen und Abteilungs-Schließungen führen wird.

Für stabile Kliniken eröffnet sich eine Art „Acqui-Hiring“-Chance. Doch Experten warnen: Dieses Personal ist verunsichert. Jobsicherheit und die Stabilität des Arbeitgebers sind jetzt die entscheidenden Kriterien. „Bewerber fragen heute: ‚Wird es Sie in sechs Monaten noch geben?‘“, heißt es in einer aktuellen Marktanalyse.

Digitale Personalgewinnung: KI wird zum Standard

Inmitten der Turbulenzen schreitet die Digitalisierung der Personalarbeit voran. Laut der kürzlich veröffentlichten SWI HR-Studie wird 2026 zum Jahr der KI-gestützten Personalbindung.

Manuelle Bewerberprüfung ist nicht mehr zeitgemäß. Der neue Standard umfasst:
* Automatisierte „Defizit-Analyse“: KI-Tools prüfen internationale Bewerbungen vor und sagen vorher, welche Qualifikationslücken die Behörden beanstanden werden. So können Schulungspläne schon vor Ankunft der Fachkraft erstellt werden.
* Mobile-First-Bewerbung: 75 Prozent der Pflege-Bewerber erwarten laut „Weißkitteljobs“-Report einen „One-Click“-Bewerbungsprozess per Smartphone. Kliniken, die ein Anschreiben verlangen, verlieren Kandidaten an agile Konkurrenten.

Analyse: Ein „hausgemachter“ Teufelskreis

Die Ereignisse der letzten Tage offenbaren einen Teufelskreis. Die Schließung der Inneren Medizin in Tettnang, weil „die medizinische Versorgung nicht mehr sichergestellt werden kann“, ist ein Paradebeispiel: Personalmangel führt zu Schließungen, diese setzen Personal frei, das bei frustrierenden Erfahrungen den Beruf ganz verlässt – was den Mangel weiter verschärft.

Die Gewerkschaft Verdi kritisiert die Auswirkungen der Krankenhausreform auf das Personal scharf. Effizienzgewinne durch Fusionen dürften nicht zu einer noch höheren Belastung des verbliebenen Personals führen – einem Hauptgrund für den Berufsausstieg.

Ausblick: Zwei Wege im ersten Quartal 2026

Für die Personalabteilungen zeichnen sich zwei klare Aufgaben für das kommende Jahr ab:

  1. Politische Lobbyarbeit: Der Gesetzentwurf muss in den Ausschüssen um die „Kompetenzvermutung“ für Pflegekräfte ergänzt werden. Bei Erfolg ist mit einer Welle neuer Einstellungsinitiativen aus Drittstaaten ab März 2026 zu rechnen.
  2. Regionale Konsolidierung: Die Pleiten in Duisburg und am Bodensee könnten nur der Anfang einer „Winterwelle“ sein. Kluge Personalteams richten „Rapid Response“-Taskforces ein, um komplette, funktionierende Teams aus insolventen Häusern zu übernehmen.

Die Botschaft ist klar: Die passive „Stellenausschreibung-und-Hoffen“-Methode ist tot. Die neue Personalstrategie ist politisch, opportunistisch und zutiefst digital.

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