Europas, Unabhängigkeit

Europas digitale Unabhängigkeit: Merz und Macron suchen gemeinsamen Weg

16.11.2025 - 21:40:12

Europa will sich von Tech-Giganten aus den USA und China lösen. Doch können Deutschland und Frankreich ihre Differenzen überwinden?

Diese Woche treffen sich die europäischen Spitzen in Berlin, um über nichts Geringeres als die digitale Zukunft des Kontinents zu entscheiden. Am Dienstag, dem 18. November, richtet der Europäische Gipfel zur Digitalen Souveränität alle Augen auf die Bundeshauptstadt. Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollen gemeinsam die Weichen stellen – weg von der Abhängigkeit ausländischer Technologiekonzerne, hin zu einer eigenständigen europäischen Digitalwirtschaft. EU-Spitzen hatten erst kürzlich betont, wie “entscheidend” es sei, die digitale Transformation zu beschleunigen und ein eigenes Tech-Ökosystem aufzubauen.

Der Berliner Gipfel könnte zum Wendepunkt werden. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie schafft Europa seinen eigenen technologischen Weg zwischen Chinas staatlicher Kontrolle und dem marktgetriebenen US-Modell? Die Antworten, die hier gefunden werden, dürften weitreichende Folgen haben – für den globalen Tech-Wettbewerb, für Datenschutz und für die Innovationskraft der gesamten Europäischen Union.

Die entscheidende Dynamik des Gipfels liegt im Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich. Beide Länder verfolgen traditionell unterschiedliche Visionen digitaler Autonomie. Präsident Macron warnt seit Jahren vor Europas massiver Abhängigkeit von US-Technologie und favorisiert einen zentral gesteuerten, staatsnahen Ansatz beim Aufbau europäischer Digital-Champions. Seine Strategie setzt auf strikte Regulierung, um faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und europäische Werte zu schützen.

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Die deutsche Position hingegen bevorzugt marktwirtschaftliche Lösungen. Berlin fürchtet, dass zu viel Regulierung Innovation ersticken und der exportorientierten Wirtschaft schaden könnte. Dieser grundlegende Unterschied wird in Berlin im Zentrum stehen. Beobachter erwarten, dass der Gipfel auf einen Kompromiss abzielt – möglicherweise besiegelt durch eine neue europäische Erklärung zur digitalen Souveränität. Ein überarbeiteter Entwurf für eine solche Deklaration lag bereits im Oktober vor und betont die Zusammenarbeit mit Partnern, die EU-Werte teilen, sowie die nationale Kontrolle über digitale Infrastrukturen.

Kann das funktionieren? Nur wenn Merz und Macron ihre Differenzen überbrücken und eine gemeinsame Front präsentieren. Solange die beiden größten europäischen Volkswirtschaften gespalten bleiben, dürfte eine entscheidende Einigung auf eine einheitliche Strategie schwierig werden.

Infrastruktur statt nur Vorschriften

Unter europäischen Politikern wächst die Einsicht: Regulierung allein reicht nicht aus. Weder der Digital Services Act (DSA) noch der Digital Markets Act (DMA) können echte digitale Souveränität garantieren. Bei einem früheren Berliner Gipfel im Juni hieß es bereits, Europa müsse gezielt eigene technologische Infrastrukturen entwickeln, um nicht dauerhaft von globalen Plattformriesen abhängig zu bleiben.

Das bedeutet: Investitionen in Cloud-Computing, Künstliche Intelligenz und Cybersicherheit. Die Herausforderung ist nicht nur technologischer Natur. Europäische Firmen kämpfen mit zersplitterten Märkten und mangelnder Skalierbarkeit – Nachteile, die US-amerikanische und chinesische Konkurrenten nicht haben. Experten sehen die wahren Hindernisse für Europas digitalen Fortschritt in chronischer Unterfinanzierung, isolierten nationalen Märkten und der Abhängigkeit von außereuropäischen Infrastrukturen – nicht in zu viel Bürokratie. Der Gipfel soll klären, wie strategische Investitionen angeregt und öffentlich-private Partnerschaften gestärkt werden können.

Volle Agenda: Brüssel legt nach

Der Berliner Gipfel steht nicht isoliert. Nur einen Tag später, am Mittwoch, dem 19. November, präsentiert die EU-Kommission in Brüssel ein umfassendes “Digital-Omnibus-Paket”. Dieser Gesetzesvorschlag könnte sogar Anpassungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) enthalten – ein Signal, dass Brüssel das digitale Regelwerk der EU vereinfachen und modernisieren will.

Diese geballte Aktivität zeigt: Digitale Souveränität hat für europäische Entscheidungsträger höchste Priorität. Das Thema ist längst keine Nischenpolitik mehr, sondern ein zentraler Pfeiler der wirtschaftlichen und geopolitischen Strategie der EU. Europa steht vor der doppelten Herausforderung, seine Bürger und Werte zu schützen und gleichzeitig strategische Autonomie in einem Zeitalter intensiven globalen Wettbewerbs zu erlangen.

Von Worten zu Taten

Der wahre Erfolgsmaßstab des Gipfels wird sein, ob politische Ambitionen in konkrete Maßnahmen münden. Eine gemeinsame Erklärung wäre ein wichtiges symbolisches Zeichen – doch die eigentliche Bewährungsprobe kommt danach. Wie wird Europa die Entwicklung eigener Tech-Ökosysteme finanzieren? Wie die notwendigen digitalen Kompetenzen aufbauen?

Industrievertreter und Politik werden genau beobachten, ob der Gipfel einen klaren Fahrplan für grenzüberschreitende Zusammenarbeit und strategische Investitionen liefert. Der Weg nach vorn erfordert einen heiklen Balanceakt: Innovation und Wettbewerbsfähigkeit fördern, ohne das Bekenntnis der EU zu Datenschutz und demokratischen Prinzipien zu gefährden. Die Diskussionen in Berlin werden zeigen, ob Europa seine digitale Zukunft wirklich selbst in die Hand nehmen kann.

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