EU-KI-Verordnung, Fristen

EU-KI-Verordnung: Erste Fristen wackeln unter Industriedruck

16.11.2025 - 19:51:12

Die Europäische Union ringt mit ihrem eigenen Zeitplan: Kaum ist der AI Act in Kraft getreten, mehren sich die Stimmen für eine Verschiebung zentraler Fristen. Während die Kommission offiziell am gestaffelten Plan festhält, verdichten sich Hinweise auf mögliche Anpassungen. Für Unternehmen bedeutet das: Vorbereitung in bewegtem Gewässer.

Der AI Act, seit August 2024 offiziell gültig, gilt als Pioniergesetz. Erstmals reguliert ein umfassendes Regelwerk künstliche Intelligenz – weltweit einmalig. Das Ziel: Innovation fördern, Grundrechte schützen. Der Zeitplan sieht eine schrittweise Umsetzung vor. Bereits am 2. Februar 2025 greifen erste Verbote für KI-Systeme mit „inakzeptablem Risiko”. Im August 2025 folgen Regeln für Allzweck-KI-Modelle, ein Jahr später dann die Hauptlast: strengere Vorgaben für Hochrisiko-Systeme.

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Doch genau dieser Zeitplan gerät ins Wanken. Was steckt dahinter?

Zwei Faktoren treiben die Debatte: Verspätete technische Standards und massiver Druck aus der Industrie. Die europäischen Normungsorganisationen CEN und CENELEC, zuständig für die harmonisierten Standards, hinken dem Zeitplan hinterher. Die Leitlinien, die Unternehmen bei der praktischen Umsetzung helfen sollen, werden voraussichtlich erst 2026 fertig – später als gedacht.

Ein Problem für die Wirtschaft. Wie sollen Firmen komplexe Vorgaben erfüllen, wenn die konkreten Standards fehlen? Diese Frage stellten bereits im Sommer dutzende Manager führender europäischer Konzerne in einem offenen Brief. Ihre Forderung: Mehr Zeit für Hochrisiko-Systeme. Anderenfalls drohe Europa im globalen KI-Wettlauf zurückzufallen.

Die Kommission scheint die Botschaft verstanden zu haben. Berichte von Anfang November deuten auf „gezielte Vereinfachungsmaßnahmen” hin. Übersetzt: Möglicherweise werden Fristen verlängert, eingebettet in eine größere Initiative zur Entbürokratisierung.

Diese Fristen gelten – vorerst

Trotz aller Diskussionen bleibt der offizielle Fahrplan bestehen. Unternehmen tun gut daran, sich darauf einzustellen. Die Strafen sind drakonisch: Bis zu 35 Millionen Euro oder 7 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.

Die wichtigsten Stichtage im Überblick:

Februar 2025: Das Verbot für KI-Systeme mit inakzeptablem Risiko tritt in Kraft. Betroffen sind etwa Social-Scoring-Systeme staatlicher Stellen.

August 2025: Anbieter von Allzweck-KI-Modellen müssen liefern. Transparenzpflichten bei Trainingsdaten werden durchsetzbar.

August 2026: Der Hauptakt. Die meisten Regeln greifen, insbesondere die strengen Anforderungen für Hochrisiko-KI-Systeme.

Parallel baut die EU ihre Unterstützungsstrukturen aus. Das im Februar 2024 gegründete Europäische KI-Büro überwacht die Umsetzung und fördert das KI-Ökosystem. Erst am 14. November präsentierte es ein konkretes Projekt: einen „Digitalen Zwilling” für den Wiederaufbau der Ukraine – KI-gestützte 3D-Modelle für bessere Planung.

Hilfe für kleine Unternehmen

Die Kommission weiß: Für KMU und Start-ups sind die Hürden besonders hoch. Deshalb gibt es spezielle Unterstützung. Der „AI Pact” setzt auf freiwillige Selbstverpflichtungen. Über 200 Unternehmen machen bereits mit, tauschen Best Practices aus und bereiten sich früh auf die Anforderungen vor.

Das KI-Büro organisiert zudem regelmäßig Webinare. Am 25. November steht ein Termin speziell für KMU und Start-ups an. Themen: regulatorische Sandboxes, das AI Act Service Desk und praktische Compliance-Tipps. Ziel ist es, den bürokratischen und finanziellen Aufwand zu senken.

Zwischen Bürgerschutz und Wettbewerb

Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Brüssel nachgibt. Eine Entscheidung über mögliche Fristverlängerungen könnte noch im November fallen – im Rahmen des angekündigten Vereinfachungspakets.

Die EU steht vor einem klassischen Dilemma: Sie will mit dem AI Act globaler Vorreiter sein, einen Standard für vertrauenswürdige KI setzen. Gleichzeitig darf die Regulierung europäische Unternehmen nicht gegenüber US-Konkurrenten oder chinesischen Playern ausbremsen.

Eine Fristverlängerung würde Firmen Luft zum Atmen geben – Zeit, die komplexen Anforderungen mit fertigen Standards umzusetzen. Der Preis: Wichtige Schutzmechanismen für Bürger greifen später. Eine heikle Abwägung.

Für Unternehmen bleibt eine Strategie unverzichtbar: Proaktiv bleiben. Wer jetzt beginnt, potenzielle Hochrisiko-Systeme zu identifizieren, sich mit den Anforderungen auseinandersetzt und Initiativen wie den AI Pact nutzt, ist vorbereitet – egal wie die Kommission entscheidet. Denn eines ist sicher: Der AI Act kommt. Die Frage ist nur noch, wann genau.

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