Plattform, Termin-Buchung

ePA wird zur Plattform: Termin-Buchung soll integriert werden

22.11.2025 - 05:29:12

Die elektronische Patientenakte wird zum digitalen Gesundheits-Hub. Die nationale Agentur Gematik plant, die Terminvereinbarung direkt in die ePA zu integrieren – ein Schritt, der weit über die bisherige Funktion als digitaler Aktenschrank hinausgeht.

Die Ankündigung kommt zu einem heiklen Zeitpunkt: Während seit Januar 2025 alle gesetzlichen Krankenkassen die ePA anbieten müssen, kämpft das System mit Kinderkrankheiten. Ärzte klagen über mangelnde Alltagstauglichkeit, und ein Hardware-Stichtag zum Jahresende droht Tausende Praxen vom digitalen Netz abzuschneiden.

Am Donnerstag skizzierte Lena Dimde, Produktverantwortliche für die ePA bei Gematik, in Berlin eine Vision, die das System grundlegend verändern würde. Die ePA solle zur zentralen Plattform werden, an die “alle Akteure angedockt” sind – inklusive Terminvergabe.

Konkret geht es um die geplante Hausarzt-Reform der Bundesregierung. Patienten könnten künftig ihren Impfstatus in der ePA prüfen und direkt einen Termin für fehlende Auffrischungen buchen. Eine nahtlose Kette von Prävention bis Behandlung – zumindest in der Theorie.

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Die Patientenvertretung reagierte positiv. Erkan Ertan, Büroleiter des Patientenbeauftragten der Bundesregierung, warnte am Freitag: “Wenn die Politik die Rahmenbedingungen nicht schafft, übernimmt die Wirtschaft – was Risiken für Patienten birgt.” Private Anbieter wie Doctolib füllen bereits die Lücke, die staatliche Infrastruktur hinterlässt.

Ärzte: “Kleinteilig und unpraktisch”

Doch die Realität in den Praxen sieht anders aus. Auf derselben Branchenveranstaltung am Donnerstag übten Mediziner scharfe Kritik am aktuellen Zustand der ePA.

Annette Rennert, Allgemeinärztin aus Dortmund, bemängelte “fehlende Praxistauglichkeit und Kleinteiligkeit”. Statt Zeit zu sparen, produziere das System zusätzliche Klicks. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) teilt diese Einschätzung.

Selbst Gematik räumt die Probleme ein. “Die aktuelle Zersplitterung von Anwendungen und Nutzern ist eines der größten Probleme”, gestand Dimde ein. Man arbeite daran, doch Reibungsverluste seien noch erheblich.

Ertan wählte ein drastisches Bild: “Deutschland ist wie ein großer, schwerer Tanker.” Es brauche Zeit, bis ein Projekt wie die ePA in Fahrt komme. Das System sei “noch nicht nutzerfreundlich”, die größte Hürde bleibe die Patientenermächtigung zur Selbstverwaltung ihrer Daten.

Hardware-Krise: Praxen droht Abschaltung

Während über Zukunftspläne debattiert wird, tickt eine akute technische Zeitbombe. Tausende Arztpraxen müssen bis zum 31. Dezember 2025 ihre Telematik-Hardware austauschen – sonst droht die digitale Isolation.

Der Grund: Ein obligatorisches Sicherheits-Update von RSA- auf ECC-Verschlüsselung (Elliptic Curve Cryptography). Gematik bestätigte diese Woche: Konnektoren – die Hardware-Gateways zur Telematikinfrastruktur – die nur RSA unterstützen, funktionieren ab dem 1. Januar 2026 nicht mehr.

Einen Teilaufschub gab es Mitte November für Smartcards wie die elektronische Heilberufsausweise (eHBA): Hier gilt eine Frist bis zum 30. Juni 2026. Doch für die Konnektoren selbst bleibt es beim Jahreswechsel.

“Wir haben noch Tausende Komponenten in Praxen und Apotheken, die getauscht werden müssen”, warnte ein KBV-Sprecher. Praxen ohne Upgrade können ab Neujahr weder E-Rezepte verarbeiten noch elektronische Impfpässe aktualisieren – der digitale Stillstand.

Macht und Mitsprache: Der Streit der Selbstverwaltung

Die geplante Terminbuchung wirft auch politische Fragen auf. Hans Peter Wollseifer, Vorsitzender des IKK e.V., monierte am Donnerstag: Obwohl die Kassen 80 Prozent der ePA finanzieren, hätten sie zu wenig Einfluss auf die Entwicklung.

Krankenkassen würden gern ePA-Daten nutzen, um proaktiv Vorsorge anzubieten – etwa Impferinnerungen bei Risikoprofilen. Doch Ärzteverbände fürchten die Einmischung der Versicherer in die Arzt-Patienten-Beziehung. Ein klassischer Konflikt der deutschen Selbstverwaltung.

Die geplante Terminbuchung verschärft das Spannungsfeld: Soll ein staatlich vorgeschriebenes System mit privaten Plattformen wie Doctolib oder Jameda konkurrieren? Datenschutz- und Kartellrechtsfragen sind vorprogrammiert.

Was kommt jetzt?

Die nächsten Wochen werden entscheidend. Bis Silvester läuft die Frist für den Hardware-Tausch – Experten rechnen mit einem chaotischen Start ins Jahr 2026, wenn viele Praxen die Umrüstung nicht schaffen.

Die Vision der Super-App für Gesundheit bleibt verlockend: Eine zentrale Anlaufstelle für Impfzertifikate, Befunde und Terminbuchung. Doch wie diese Woche zeigt, ist der Weg vom digitalen Traum zur klinischen Realität noch weit. Vielleicht braucht der Tanker Deutschland eben doch mehr Zeit zum Manövrieren.

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