Energiewende am Limit / Neue Analyse zeigt Finanzierungslücke von 185Milliarden bis 2030Düsseldorf - Die Energiewende in Deutschland steht vor einer massivenFinanzierungslücke: Laut einer aktuellen Analyse der UnternehmensberatungKearney fehlen bis 2030 rund 185 Milliarden Euro zur Umsetzung derambitionierten Ausbauziele.
24.06.2025 - 12:27:10Kearney / Energiewende am Limit / Neue Analyse zeigt Finanzierungslücke ...
Klassische Finanzierungswege wie staatlicheFörderungen oder Bankkredite reichen nicht aus. Besonders betroffen sindkommunale Versorger, deren Verschuldung sich seit 2018 fast verdoppelt hat. NeueKapitalquellen, etwa über private Investoren oder grüne Finanzinstrumente,werden dringend benötigt. Ohne strukturelle Reformen und stabile regulatorischeRahmenbedingungen droht die Umsetzung der Energiewende zu scheitern - miterheblichen Risiken für Wirtschaft, Gesellschaft und Klimaziele.
Die politischen Ziele zur Energiewende sind wichtig, ihre Umsetzung scheitertjedoch zunehmend an den wirtschaftlichen Realitäten. Bis 2030 seien laut eineraktuellen Analyse der Unternehmensberatung Kearney Investitionen in Höhe von 675Milliarden Euro erforderlich, um Stromnetze, nachhaltige Energieerzeugung,Wasserstoffinfrastruktur und Speicherlösungen für die Elektromobilitätauszubauen. Doch bislang sind nur 615 Milliarden Euro über Eigenmittel,Bankkredite und Förderprogramme abgesichert - es bleibt eine Lücke von 185Milliarden Euro. Vor allem die Kombination aus gestiegenen Zinsen, politischerUnsicherheit und regulatorischem Flickenteppich erschwereInvestitionsentscheidungen. Zentrale Projekte geraten dadurch in Verzug: DieUmsetzung der kommunalen Wärmewende, etwa durch den Ausbau von Fernwärmenetzen,ist ebenso betroffen wie die Umstellung auf Windenergie, die Dekarbonisierung imVerkehrssektor oder der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Auch Investitionenin die dringend benötigte Stromnetzinfrastruktur könnten ohne zusätzlicheFinanzierung auf die Zeit nach 2030 verschoben werden. Das hätte nicht nurunmittelbare Folgen für die Versorgungssicherheit, sondern auch für dasErreichen der Klimaziele.
"Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, werden zentrale Infrastrukturprojekte insStocken geraten", warnt Hanjo Arms, Partner bei Kearney. Besonders kritisch sei,dass sich Finanzierungslücken durch die lange Amortisationsdauer vieler Projekteweiter verschärfen. Eine kosteneffiziente Transformation bleibe damit in weitenTeilen ungesichert.
Kommunale Versorger am Limit: Marge sinkt, Verschuldung steigt
Das Gesamtvolumen der notwendigen Investitionen liegt deutlich über den letztenJahren und oft müssen diese parallel finanziert werden. Stadtwerke und regionaleVersorger stehen dabei unter besonders hohem Druck. Ihr Verschuldungsgrad hatsich laut Kearney von 2,4-fach (2018) auf durchschnittlich 4,0-fach (2023)erhöht. Gleichzeitig ist das durchschnittliche Ertragsniveau in dieser Zeit von13,5 Prozent auf 8,4 Prozent gesunken.
"Viele Stadtwerke befinden sich am oberen Limit dessen, was Geschäftsbanken undSparkassen noch finanzieren", weiß Christian Feldmann, ebenfalls Partner beiKearney. Bei Investitionen in Netze, Wärme und Dekarbonisierung sehen sichkleinere Versorger häufig mit restriktiven Kreditvergabekriterien konfrontiert.Besonders problematisch: Ein großer Teil der Investitionen ist gesetzlichvorgeschrieben, eine Priorisierung durch Wirtschaftlichkeit ist kaum möglich.Damit geraten insbesondere kommunale Anbieter mit sozialen und ökologischenVersorgungsaufträgen in Schieflage.
Private Anleger als Lösung? Kapital ist da, aber schwer aktivierbar
Der Finanzierungsbedarf lasse sich nur durch neue Kapitalquellen schließen,betont Feldmann: "Auf deutschen Sparkonten liegen rund 2.830 Milliarden Euro.Ein Bruchteil davon würde reichen, um die Energiewende zu sichern." Zusätzlichstehen über 100 Milliarden Euro aus europäischen Infrastrukturfonds bereit."Doch dieses Kapital fließt nur, wenn wir geeignete Vehikel schaffen, ergänzt umsteuerliche Anreize, stabile Regulierung und kalkulierbare Renditen", soFeldmann.
ELTIFS (European Long-Term Investment Funds) oder grüne Anleihen etwaermöglichen es auch privaten Anlegern, sich an langfristigenInfrastrukturvorhaben wie dem Netzausbau oder Windenergieprojekten zu beteiligenund ermöglichen so einen notwendigen Beitrag zur Mobilisierung zusätzlichenKapitals. Auch öffentlich-private Partnerschaften und neue Finanzierungsformenwie Mezzaninen-Kapital, also eine Mischung aus Fremd- und Eigenkapital, könntenhelfen, die Lücke zu schließen.
Gleichzeitig verändert sich laut Feldmann die Finanzierungskultur in derBranche: "Viele Stadtwerke arbeiten aktiv an der Verbesserung ihrerkaufmännische Steuerung - von integrierten Unternehmensplanung bis hin zurLiquiditätsvorschau. Für stark verschuldete Versorger wird zudem eintransparentes Finanzreporting zur Voraussetzung, um weiteres Fremdkapital zuerhalten - es gibt hier viel zu tun."
Ohne soziale Akzeptanz keine Energiewende
Bürgerbeteiligungen - etwa in Form kommunaler Anleihen, lokaler Genuss-Scheineoder direkter Beteiligungen an Energieprojekten - könnten ein entscheidenderHebel sein, um die Finanzierung der Energiewende lokal zu verankern. Siemobilisieren Kapital, das ansonsten ungenutzt bleibt, und schaffen zugleichTransparenz und Mitverantwortung. Besonders bei Vorhaben wie Wärmenetzen,Windparks oder Photovoltaik-Anlagen erhöht eine aktive Einbindung derBevölkerung die gesellschaftliche Akzeptanz und kann Planungs- undGenehmigungsprozesse beschleunigen.
"Wenn Projekte transparent und lokal verankert sind, steigt die Identifikation -das stärkt nicht nur die Finanzierung, sondern auch das Vertrauen", sagt Arms.Zudem habe eine ausbleibende Lösung des Problems auch gesamtgesellschaftlicheFolgen. Wenn die Energiewende nicht bezahlbar bleibt, droht ein massiverVertrauensverlust. Schon heute seien Energiepreise in Deutschland bis zu 60Prozent höher als in wichtigen Konkurrenzmärkten. Das belastet nicht nurenergieintensive Unternehmen, sondern auch einkommensschwache Haushalte. "Diesoziale Gerechtigkeit gerät ebenso unter Druck wie die industrielleWettbewerbsfähigkeit", so Arms. "Der Umbau des Energiesystems muss nicht nurklimatisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich tragfähig und sozialvermittelbar sein - sonst droht ein Rückschlag mit politischem Sprengstoff."
Über Kearney
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