Digital Omnibus: EU will Cookie-Banner endlich abschaffen
04.12.2025 - 22:32:12Europas Datenschützer beraten über zentrale Browser-Einstellungen gegen Cookie-Müdigkeit, während eine Studie die mangelnde Freiwilligkeit von Bezahlmodellen aufdeckt.
Schluss mit dem Klick-Chaos: Europas Datenschützer diskutieren heute eine radikale Reform der Online-Tracking-Regeln. Gleichzeitig entlarvt eine neue Studie die beliebten “Bezahlen oder Akzeptieren”-Modelle als Scheinlösung.
Jahrelang haben Internetnutzer sich durch ein Dickicht aus “Alle akzeptieren”-Buttons und verschachtelten Einstellungsmenüs gekämpft – die sogenannte “Cookie-Müdigkeit” ist längst Realität. Heute könnte sich das ändern: In Brüssel berät der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) über den “Digital Omnibus” der EU-Kommission, ein Gesetzespaket, das die Einwilligung für Tracking künftig zentral im Browser verankern soll. Parallel dazu legt die Datenschutzorganisation noyb brisante Zahlen vor: Die vermeintlich DSGVO-konformen Bezahlmodelle vieler Verlage erzeugen keine echte Zustimmung – sie erzwingen sie.
Browser statt Banner: Die Omnibus-Revolution
Der Vorstoß aus Brüssel hat Sprengkraft: Statt auf jeder Website einzeln um Erlaubnis gebeten zu werden, sollen Nutzer ihre Tracking-Präferenzen einmalig in den Browser-Einstellungen hinterlegen können. Alle Websites müssten diese Signale dann respektieren – das Ende der allgegenwärtigen Cookie-Banner?
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Die EU-Kommission verspricht genau das: “Die Anzahl der Cookie-Banner reduzieren” und Nutzern die Kontrolle über ihre Daten zurückgeben. Der Vorschlag operationalisiert damit das lange diskutierte “Cookie Pledge” und könnte die Machtverhältnisse im Netz grundlegend verschieben – weg von Website-Betreibern, hin zum Browser des Nutzers.
Heute hat der EDSA nicht nur über diese Pläne debattiert, sondern sich auch personell neu aufgestellt: Jelena Virant Burnik, die slowenische Datenschutzbeauftragte, wurde zur stellvertretenden Vorsitzenden ernannt. In ihrer Antrittsrede betonte sie, die “Rolle des EDSA als zentrale Autorität im EU-Datenschutz stärken” zu wollen – ein Signal, dass die Durchsetzung der neuen Regeln ernst gemeint ist.
99,9 Prozent Zustimmung – aber nur 20 Prozent wollen es wirklich
Während die Regulierer über die Zukunft diskutieren, liefert noyb heute explosive Daten zur Gegenwart. Die Studie nimmt die sogenannten “Pay-or-Okay”-Modelle ins Visier, bei denen Nutzer zwischen einem Bezahlabo und vollständigem Tracking wählen müssen. Viele große Medienhäuser setzen auf dieses Modell – doch ist die so erzielte Einwilligung überhaupt rechtens?
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Diese Mechanismen treiben die Zustimmungsrate auf 99,9 Prozent. Befragt man dieselben Nutzer jedoch ohne Bezahlschranke nach ihren Präferenzen, stimmen nur rund 20 Prozent dem Tracking zu. “Das System drängt 99,9 Prozent der Nutzer zur Zustimmung, obwohl sie es eigentlich nicht wollen”, so noyb in der Veröffentlichung.
Die Organisation argumentiert, diese Diskrepanz beweise, dass die Einwilligung nicht “freiwillig” im Sinne der DSGVO erfolgt. Das Timing der Studie ist kein Zufall: Am 12. Dezember 2025 – in acht Tagen – veranstaltet der EDSA eine öffentliche Anhörung genau zu diesem Thema. Das Ergebnis könnte in verbindlichen Leitlinien münden, die das Geschäftsmodell vieler Verlage über Nacht obsolet machen.
Strafen in Paris, Erfolge in London
Die Theorie wird längst von Taten begleitet. Ende vergangener Woche verhängte die französische Datenschutzbehörde CNIL eine Strafe von 750.000 Euro gegen Les Publications Condé Nast, den Herausgeber von Vanity Fair. Der Vorwurf: Die Website vanityfair.fr setzte Tracking-Cookies bereits beim Seitenaufruf – noch bevor Nutzer überhaupt eine Einwilligung erteilen konnten.
Besonders pikant: Selbst der “Alle ablehnen”-Button funktionierte nicht korrekt und stoppte das Tracking nicht zuverlässig. Die CNIL sendet damit ein klares Signal: Technische Fehler oder manipulative Design-Praktiken (“Dark Patterns”) werden teuer.
Einen anderen Weg geht Großbritannien. Das dortige Information Commissioner’s Office (ICO) meldete heute einen Durchbruch: 95 Prozent der 1.000 meistbesuchten britischen Websites seien mittlerweile Cookie-rechtskonform – eine drastische Verbesserung nach einem Jahr automatisierter Warnungen und Durchsetzungsandrohungen.
“Wir haben uns das Ziel gesetzt, Menschen bis Ende 2025 echte Kontrolle über ihr Online-Tracking zu geben”, erklärte Tim Capel, kommissarischer Exekutivdirektor der ICO, heute. “Ich kann mit Zuversicht sagen: Wir haben dieses Versprechen eingelöst.”
Was Unternehmen jetzt erwartet
Die Ereignisse der vergangenen Tage markieren einen Wendepunkt: Reine “Compliance-Theater” reicht nicht mehr aus. Der Digital Omnibus verspricht zwar weniger Verwaltungsaufwand für Consent-Management-Plattformen, bedroht aber gleichzeitig das Geschäftsmodell werbebasierter Angebote.
Können Nutzer künftig mit einem Klick im Browser alle Tracking-Versuche blockieren, könnten die von noyb dokumentierten 99,9-Prozent-Zustimmungsraten auf das echte Präferenzniveau von 20 Prozent abstürzen. Für die programmatische Werbewirtschaft wäre das verheerend.
Die “Pay-or-Okay”-Modelle waren die Antwort der Verlage auf strengere Durchsetzung. Doch mit den noyb-Daten und den kommenden EDSA-Leitlinien könnte auch dieses Rettungsboot bald sinken.
Die nächsten Wochen werden entscheidend
Alle Augen richten sich nun auf den 12. Dezember 2025. Die EDSA-Anhörung zu “Pay-or-Okay” wird voraussichtlich die Grundlage für verbindliche Richtlinien schaffen – und könnte das Ende dieser Praxis bedeuten.
Parallel dazu beginnt 2026 der legislative Marathon zum Digital Omnibus. Wird das Gesetz verabschiedet, verschiebt sich die Macht im Internet fundamental: vom Website-Betreiber zum Browser des Nutzers. Unternehmen sollten sich bereits jetzt vorbereiten – durch Diversifizierung ihrer Einnahmequellen jenseits verhaltensbasierter Werbung und durch den Aufbau echter First-Party-Datenstrategien.
Denn eines zeigt die aktuelle Entwicklung deutlich: Echtes Vertrauen lässt sich nicht erzwingen – und schon gar nicht durch einen “Alle akzeptieren”-Button.
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