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Digital Omnibus: EU droht mit KI-Sonderzonen historischer Datenschutz-Rollback

25.12.2025 - 20:32:11

Der umstrittene EU-Gesetzentwurf könnte den Datenschutz durch Privilegien für KI-Technologien aushöhlen und die Nutzung von Daten ohne Einwilligung ermöglichen.

Die EU-Kommission will mit ihrem Digitalpaket Bürokratie abbauen – doch Experten warnen am heutigen Weihnachtstag vor einem stillen Ausverkauf der Grundrechte. Der umstrittene „Digital Omnibus“ könnte laut neuen Analysen den europäischen Datenschutz fundamental schwächen.

Neuer Rechtsgutachten warnt vor „Point of No Return“

Die Debatte eskalierte diese Woche. Eine scharfe Analyse des Fachportals Xpert.digital bezeichnete den Entwurf nicht als bloße Vereinfachung, sondern als möglichen „Point of No Return“ für den europäischen Datenschutz. Kern der Kritik: Das Paket droht, das Prinzip der technologischen Neutralität auszuhöhlen. Diese GDPR-Grundregel schützt Daten unabhängig von der Verarbeitungsmethode.

Der Omnibus-Entwurf könnte dieses Prinzip brechen, indem er spezielle Privilegien für KI-Technologien schafft. Experten befürchten „unbegrenzte Sonderrechtszonen“. Unternehmen könnten so strenge Datenschutzvorgaben umgehen, indem sie ihre Prozesse einfach als „KI-basiert“ deklarieren. „Es ist ein Lackmustest dafür, ob Europa bereit ist, sein eigenes Datenschutzversprechen zugunsten eines vermeintlich schnelleren KI-Fortschritts aufzuweichen“, so die Analyse.

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Streit unter Experten: „Nüchterne Anpassung“ oder Grundrechte-Abbau?

Nicht alle Juristen teilen diese düstere Einschätzung. Im Interview mit dem Anwaltsblatt verteidigte IT-Rechtsexperte Nico Härting den Kommissionsentwurf als „nüchterne Anpassung“. „Der Entwurf kippt den Datenschutz sicher nicht aus den Angeln“, so Härting. Er räumte zwar neue Rechtsunsicherheiten ein, betonte aber den notwendigen Schritt für eine von Komplexität gelähmte Branche.

Für Kritiker ist genau diese Unsicherheit das Problem. Sie argumentieren: Klare Verbote würden durch flexible, risikobasierte Assessments ersetzt. Das begünstige große Tech-Konzerne mit riesigen Rechtsabteilungen – zu Lasten von Verbrauchern und kleineren Unternehmen.

Die „berechtigtes Interesse“-Lücke: Ein Geschenk an Big Tech?

Im Zentrum des Streits steht eine scheinbar technische Neuregelung: die Verschiebung der Rechtsgrundlage für das Training von KI-Modellen. Die Kommission will es Unternehmen erlauben, personenbezogene Daten für KI-Training auf Basis eines „berechtigten Interesses“ zu nutzen – statt auf expliziter Nutzereinwilligung.

Die Brüsseler Behörde begründet dies mit der Wettbewerbsfähigkeit Europas im globalen KI-Rennen. Gegner sehen darin eine Kapitulation vor Silicon Valley. Die Änderung würde die „Opt-in“-Logik der GDPR für eine der datenintensivsten Branchen der Welt aushebeln.

„Wenn die Kommission diese Regeln lockert, liefert sie den Unternehmen Schlupflöcher auf dem Silbertablett“, warnte Ramona Pop, Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), in einer Stellungnahme. Die Befürchtung: Sensible persönliche Daten, bisher ohne Einwilligung tabu, könnten nun unter dem Deckmantel der Innovation in undurchsichtige KI-Modelle fließen.

Geopolitischer Druck beschleunigt Reform

Die Dringlichkeit der Reformen hat auch einen geopolitischen Hintergrund. Erst gestern, am 24. Dezember, eskalierte der Streit zwischen USA und EU um digitale Souveränität. Berichte über US-Sanktionen gegen europäische Digital-Behörden unterstreichen den massiven Druck auf Brüssel. Die EU soll ihr regulatorisches Umfeld an amerikanische Interessen anpassen, um einen transatlantischen Handelskrieg zu vermeiden.

Mit dem Start ins Jahr 2026 wird der Digital Omnibus zum zentralen Schlachtfeld für digitale Rechte in Europa. Der Gesetzgebungsprozess im Parlament und unter den Mitgliedstaaten verspricht kontrovers zu werden. Die Warnung der Experten ist klar: Die versprochene „Vereinfachung“ könnte einen hohen Preis haben. Die aktuelle Entwicklung deute auf ein hybrides System hin, in dem „Unsicherheit zum Dauerzustand“ werde – mit potenziell schwächeren Rechten für europäische Nutzer als im vergangenen Jahrzehnt.

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