Der Zoll-Deal zwischen den USA und der EU steht.
28.07.2025 - 11:26:07Börse Frankfurt-News: Wochenausblick: Erleichterung und Kritik nach dem Zoll-Deal. Trotz massiver Kritik legen die Aktienmärkte zum Wochenstart leicht zu.
Jetzt rückt die laufende Berichtssaison der Unternehmen stärker in den Fokus.
28. Juli 2025. Das von US-Präsident Donald Trump am Sonntagabend bestätigte Zoll-Abkommen zwischen den USA und Europa dominiert zu Wochenbeginn die Berichterstattung. Nach einem anfänglichen Plus zum Handelsstart stehen deutsche Bluechchips allerdings quasi unverändert zum Schlussstand vom Freitag mit 24.314 Punkten.
"Der lange erwartete Deal steht", kommentiert Ulrich Stephan von der Deutschen Bank. Gleichzeitig warnt der Chefanlagestratege vor zu großer Euphorie: "Das Abkommen reduziert zwar die Unsicherheit, doch die Diskussionen über Zölle werden uns - wenn auch auf niedrigerem Niveau - weiterhin begleiten."
Erste Einschätzungen zu dem Abkommen
Importe der USA aus den Ländern der EU sollen - von einigen Ausnahmen abgesehen - mit einem Zoll von 15 Prozent belegt werden. Exporte der USA in die EU bleiben wohl weitgehend zollfrei. Zudem soll Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zugesagt haben, ?-l und Gas im Wert von 750 Mrd. US-Dollar in den USA zu kaufen und dort Investitionen im Wert von 600 Milliarden US-Dollar zu tätigen. Bei branchenspezifischen Zöllen - zum Beispiel auf Halbleiter oder Pharmazeutika - sei allerdings noch keine Einigung erzielt worden.
Jan Holthusen von der DZ Bank meint, dass die EU auch wegen sicherheitspolitischer Aspekte vor den Erpressungen Trumps eingeknickt sei. Der Preis dafür sei hoch. Der neue Zollsatz liege deutlich über dem effektiven Niveau von etwa 1 Prozent, das im Vorjahr galt. Erste Schätzungen für Deutschland würden von einem um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte niedrigeren BIP pro Jahr ausgehen. Auch Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fürchtet "immense negative Auswirkungen auf die exportorientierte deutsche Industrie". Positiv sei, dass eine weitere Eskalationsspirale zunächst abgewendet wurde.
Berichtssaison nimmt Fahrt auf
An den Kapitalmärkten herrscht zunächst trotzdem gute Stimmung. Der weitere Verlauf dürfte auch von den Ergebnissen der Berichtssaison abhängen. Nach Berechnungen der Deka berichten aus dem S&P 500 und dem STOXX 600 in den kommenden Tagen 163 bzw. 185 Unternehmen mit jeweils fast 40 Prozent der Marktkapitalisierung. Im DAX legt diese Woche rund ein Viertel der Firmen ihre Zahlen vor, in der kommenden Woche sind es dann sogar fast 50 Prozent. Den Start in die US-Berichtssaison bezeichnen die Experten als "gut". Über 80 Prozent der Unternehmen haben demnach die Gewinnprognosen übertroffen. In Europa sei der Start zwar holprig ausgefallen, inzwischen habe sich das Bild aber ebenfalls verbessert. Hans-Jürgen Delp von der Commerzbank rechnet angesichts der intensivsten Phase der Berichtssaison "weiterhin mit hohen Kursschwankungen auf Einzelwertebene".
Aktien "nicht sonderlich attraktiv"
Viele Banken warnen derweil vor den hohen Bewertungen an den Aktienmärkten. "Es scheint so, als hätten die Anleger die rosarote Brille aufgesetzt", erklären die Analysten der LBBW. Der US-Aktienmarkt war nach ihren Berechnungen seit 1988 auf Basis des 12-Monats-Forward-KGVs nur an weniger als 5 Prozent aller Tage noch teurer als aktuell. Für das Forward-KGV wird der Kurs in Verhältnis zu den im kommenden Jahr erwarteten Gewinnen der Unternehmen gesetzt. Der Raum für Enttäuschungen sei gering, und die Anlegerinnen und Anleger dürften "bald wieder auf dem Boden der Tatsachen landen".
Auch die Kollegen der Helaba warnen, dass sich die wichtigsten Indizes "deutlich oberhalb ihres fairen Bereichs bewegen". Das Chance-Risiko-Profil von Aktien sei gegenwärtig "nicht sonderlich attraktiv".
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Montag, 28. Juli
USA/China: Start der zweitägigen Beratungen auf Ebene der Finanzminister in Stockholm über den Zollstreit zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften
Dienstag, 29. Juli
6.00 Uhr: USA: Index des Verbrauchervertrauens. Der Konsens rechnet für den Juli mit einem Anstieg des Index auf 95,9 Punkte gegenüber 93,0 Punkten im Vormonat.
Mittwoch, 30. Juli
10.00 Uhr. Deutschland: BIP. Nach dem deutlichen Anstieg der Bruttoinlandsprodukt in den ersten drei Monaten des Jahres fürchten die Strategen der Deka für das zweite Quartal einen "Rückpralleffekt", da die Vorzieheffekte vieler US-Importeure im Rahmen der Zollerhöhungen das Wachstum in dieser Periode nicht mehr gestützt haben
14.30 Uhr. USA: BIP In den USA hingegen rechnet die Deka mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukt im Q2. Die Interpretation der Gesamtrate werde jedoch durch Zolleffekte erschwert, die zu Verschiebungen in der Außenhandelsstatistik und in Teilbereichen der inländischen Nachfrage geführt haben.
14.30 Uhr. USA: Fed-Zinsentscheid. Die Analysten der LBBW gehen (wie fast jeder) davon aus, dass die US-Währungshüter "den ständigen Tiraden Trumps, dass der Zinssatz unbedingt sinken müsse, standhalten und den Leitzins somit unverändert belassen."
Donnerstag, 31. Juli
3.30 Uhr. China: Einkaufsmanagerindex Die chinesische Industrie hat sich laut der Deka trotz der hohen US-Zölle im bisherigen Jahresverlauf robust gezeigt. Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe dürfte sich demnach auch im Juli nahe der 50-Punkte-Marke gehalten haben.
Japan: BoJ-Zinsentscheid. Nach Ansicht der Helaba ist auch in Japan nicht mit einer Veränderung der Leitzinsen zu rechnen. Die japanische Zentralbank dürfte bei ihrer Entscheidung vor allem das ausgehandelte Abkommen mit den USA mit Zöllen von 15 Prozent berücksichtigen. Für Unsicherheit sorgt allerdings der Verlust der Mehrheit der amtierenden Regierungskoalition von Ministerpräsident Shigeru Ishiba, was zu steigenden Kapitalmarktzinsen geführt habe.
Freitag, 1. August
14:30 Uhr. USA: Arbeitsmarktdaten. Die Deka-Volkswirte bewerten den US-Arbeitsmarkt mit Blick auf die zollbedingte Verunsicherung als "erstaunlich robust". Allerdings sei die Dynamik schwächer als im Vorjahr und die Preisentwicklungen würden zeigen, dass sich die Zolleffekte mit zeitlicher Verzögerung niederschlagen. Im Juli soll der Stellenaufbau auch wegen des Wegfalls eines Sondereffekts geringer ausfallen als in den Vormonaten.
16:00 Uhr. USA: ISM-Einkaufsmanagerindex Laut der Helaba dürfte der ISM-Index im Juli unter dem Eindruck der andauernden Unsicherheit an der Handelsfront nahe der Stagnationsgrenze von 50 verharrt haben. Auch dieser (vorlaufende) Indikator signalisiert nach Meinung der Analysten damit bis dato keinen abrupten "downshift" von den Niveaus der vergangenen zwölf bis 18 Monate, wie es zu einem Rezessionsszenario passen würde.
Von Thomas Koch, 28. Juli 2025, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)