Browser, Einfallstor

Browser als Einfallstor: Die unterschätzte Gefahr im Unternehmen

16.11.2025 - 12:20:12

Der Browser ist längst mehr als nur ein Tor zum Internet – er ist zum zentralen Arbeitsplatz geworden. Und damit zur größten ungeschützten Angriffsfläche moderner Unternehmen. Zwei aktuelle Ereignisse machen das Ausmaß deutlich: Microsoft musste gerade eine aktiv ausgenutzzte Zero-Day-Lücke stopfen, während ein brisant neuer Report enthüllt, wie massiv Daten über KI-Tools abfließen. Was bedeutet das für die IT-Sicherheit?

Vergangene Woche schlug die US-Cybersicherheitsbehörde CISA Alarm. Unternehmen sollten sofort eine Schwachstelle im Windows Kernel beheben – Kennung CVE-2025-62215. Die Lücke erlaubt Angreifern, sich vollständige Systemrechte zu verschaffen. Microsoft bestätigte: Die Schwachstelle wurde bereits ausgenutzt, bevor der Patch verfügbar war.

Das Perfide daran: Zwar liegt die Lücke tief im Betriebssystem, doch der Browser dient meist als Einfallstor für solche Angriffe. Zusammen mit neuen Forschungsergebnissen ergibt sich ein klares Bild: Der Kampf um Unternehmenssicherheit findet heute im Browser-Tab statt.

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Ein bahnbrechender Report von Anfang November 2025 zeigt schonungslos, was in Unternehmens-Browsern tatsächlich passiert. Der “Browser Security Report 2025” von LayerX analysierte Millionen realer Browser-Sitzungen. Das Ergebnis: Der Browser ist zum Schatten-IT-Zentrum geworden, in dem Sicherheitskontrollen systematisch umgangen werden.

Die Zahlen sprechen für sich. Traditionelles Identity Management über Single Sign-On (SSO)? Verliert massiv an Bedeutung. 68 Prozent aller Login-Vorgänge zu Cloud-Anwendungen laufen mittlerweile außerhalb verwalteter SSO-Systeme ab. Noch drastischer: 43 Prozent dieser Logins nutzen private, nicht-betriebliche Accounts. Ein gigantischer blinder Fleck für Security-Teams.

Verschärft wird das Problem durch miserable Passwort-Hygiene. 26 Prozent der Nutzer verwenden identische Passwörter für mehrere Accounts. Der Browser wird so zur Brutstätte für Credential-Theft und Session-Hijacking. Angreifer können Multi-Faktor-Authentifizierung einfach umgehen, indem sie aktive Session-Cookies direkt aus dem Browser stehlen.

KI-Tools als Datenabfluss Nummer eins

Generative KI hat die Produktivität revolutioniert – und gleichzeitig den größten Kanal für Datenabfluss geschaffen. Der LayerX-Report enthüllt: 77 Prozent der Mitarbeiter kopieren Unternehmensdaten in KI-Prompts. Das wirklich Alarmierende: 82 Prozent dieser Aktionen finden über private KI-Accounts statt, die für Security-Tools vollkommen unsichtbar bleiben.

Diese direkte Übertragung sensibler Informationen aus der verwalteten Unternehmensumgebung in unkontrollierte private Konten übertrifft mittlerweile alle anderen Formen von Datenlecks. Könnte das der neue Alptraum für Datenschutzbeauftragte werden?

Die Bedrohung wächst durch KI-gestützte Browser und Erweiterungen, die Inhalte aus jedem geöffneten Tab in Echtzeit lesen und verarbeiten können. Diese Tools operieren meist ohne Enterprise-Sicherheitskontrollen und schaffen unsichtbare Pfade zu Drittanbieter-Modellen. Der Report warnt zusätzlich: 8 Prozent der Browser-Erweiterungen fordern Zugriff auf sensible Identitäten oder Cookies – perfekt geeignet für Session-Hijacking.

Patch-Woche zeigt anhaltende Bedrohung

Der November-Patch-Tuesday von Microsoft unterstrich die permanente Bedrohungslage. Am 11. November veröffentlichte das Unternehmen Fixes für 63 einzelne Schwachstellen. Herzstück war der Patch für die Zero-Day-Lücke CVE-2025-62215 im Windows Kernel – eine Privilege-Escalation-Schwachstelle, die Angreifern mit niedrigem lokalem Zugriff volle Systemkontrolle ermöglicht.

CISA hat die Schwachstelle inzwischen in den Katalog bekannter ausgenutzter Schwachstellen (KEV) aufgenommen. Bundesbehörden müssen den Patch bis 3. Dezember 2025 einspielen. Für deutsche Unternehmen gilt: Wer international tätig ist, sollte dieselben Standards anlegen.

Neben der Zero-Day-Lücke enthielt das Update fünf erneut veröffentlichte Sicherheits-Fixes für den Chromium-basierten Edge-Browser. Diese Patches stammen aus dem Chromium-Projekt und beheben Risiken wie Memory Corruption und Sandbox-Escapes – fundamentale Schwachstellen für webbasierte Angriffe. Die regelmäßige Kadenz solcher kritischen Patches zeigt: Angreifer suchen unablässig nach Browser-Lücken.

Der Browser wird zum Betriebssystem

Diese Entwicklungen bestätigen eine strategische Prognose des Analystenhauses Gartner: Bis 2030 wird der Enterprise-Browser zur Kernplattform für alle Produktivitäts- und Sicherheitssoftware. Während Anwendungen, Daten und Workflows von lokalen Servern in Cloud-SaaS-Plattformen wandern, verwandelt sich der Browser vom simplen Programm zur primären Arbeitsumgebung.

Diese Verschiebung macht traditionelle Sicherheitslösungen weitgehend wirkungslos. Netzwerk-Firewalls oder selbst moderne Endpoint-Detection-and-Response-Tools (EDR) fehlt oft die tiefe Einsicht in Browser-Sitzungen – besonders bei verschlüsseltem Traffic, der mittlerweile Standard ist. Der Browser ist die Stelle, an der Daten aus verschiedenen SaaS-Anwendungen zusammenlaufen, wo Identitäten verwaltet (und missbraucht) werden, wo Nutzer mit neuen, unkontrollierten Technologien wie GenAI interagieren.

Kein Wunder also, dass die Sicherung der Browser-Sitzung selbst zur obersten Priorität wird.

Die Zukunft: Browser-zentrierte Sicherheit als Pflicht

Die Cybersecurity-Branche reagiert. Enterprise-Browser-Lösungen und dedizierte Browser-Sicherheitsplattformen entstehen im Eiltempo. Die Industrie hat erkannt: Browser können nicht länger als gewöhnliche Anwendung behandelt werden. Diese Lösungen zielen darauf ab, Datenflüsse sichtbar zu machen, SaaS-Zugriffe zu kontrollieren und Bedrohungen durch Erweiterungen direkt an der Quelle zu bekämpfen.

Für Unternehmen bedeutet das einen fundamentalen Wandel. IT- und Security-Verantwortliche müssen ihre Sichtbarkeit über Netzwerk und traditionellen Endpoint hinaus erweitern und die granulare Kontrolle über den Browser selbst übernehmen. Das umfasst die Entdeckung riskanter Erweiterungen, die Verhinderung von Dateneingaben in private KI-Tools und durchgängige Identitätskontrollen für alle SaaS-Zugriffe – unabhängig von SSO.

Da der Browser die klassische Security-Architektur zunehmend aushebelt, wird die Fähigkeit, diese neue Arbeitsumgebung zu überwachen und zu schützen, über den Erfolg von Cybersecurity-Strategien in diesem Jahrzehnt entscheiden. Unternehmen, die jetzt nicht handeln, dürften bald mit den Konsequenzen konfrontiert werden.

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