Black Week enthüllt: Ausbeutung im Paketdienst
26.11.2025 - 23:21:12Während die Shopping-Woche ihren Höhepunkt erreicht, offenbaren neue Untersuchungen erschreckende Zustände: Neun von zehn Paketboten müssen deutlich mehr leisten – bei gleicher Bezahlung. Gewerkschaften und Politik fordern jetzt ein Subunternehmer-Verbot nach Vorbild der Fleischindustrie.
Ausgerechnet in der umsatzstärksten Woche des Jahres rückt die Schattenseite des E-Commerce-Booms in den Fokus. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di präsentierte am Dienstag Ergebnisse einer Großbefragung, die ein drastisches Bild zeichnen: Die Arbeitsbedingungen für Paketzusteller haben sich massiv verschlechtert. Zeitgleich warnt NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) vor “strukturellen Defiziten” beim Arbeitsschutz – Ergebnis monatelanger Kontrollen seiner Behörden.
Das Timing könnte kaum brisanter sein. Millionen zusätzlicher Pakete überfluten diese Woche die Logistiknetzwerke und treiben eine bereits überlastete Belegschaft an ihre Grenzen. “Die Arbeit ist kaum noch zu schaffen”, bringt es Betriebsrat Ralf Cremerius auf den Punkt.
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Die “Beschäftigtenbefragung Paketdienste 2025”, durchgeführt von Input Consulting im Auftrag von Ver.di, basiert auf Antworten von rund 3.000 Beschäftigten. Um die vielfältige Belegschaft zu erfassen, konnten die Teilnehmer in 14 Sprachen antworten.
Die am 25. November veröffentlichten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 89 Prozent der Kuriere müssen “deutlich mehr Arbeit” in derselben Zeit bewältigen wie noch vor einem Jahr. Die Folgen sind dramatisch:
- Gesundheitskrise: Nur 8 Prozent glauben, körperlich bis zur Rente durchhalten zu können
- Qualität unter Druck: 79 Prozent geben zu, bei der Servicequalität Abstriche machen zu müssen, um ihr Tagessoll zu schaffen
- Mieser Job: Mit 40 Punkten im DGB-Index “Gute Arbeit” landet die Branche in der Kategorie “schlechte Arbeit” – weit unter dem Bundesdurchschnitt von 65 Punkten
“Die Kombination aus harter körperlicher Arbeit, niedriger Bezahlung, hohen Gesundheitsrisiken und Verstößen gegen Arbeitsrechte führt dazu, dass die Branche ihre Menschen verschleißt”, erklärte Andrea Kocsis, stellvertretende Ver.di-Vorsitzende, bei der Präsentation in Berlin.
Behörden decken systematische Mängel auf
Die Alarmrufe der Gewerkschaft bestätigen Befunde des nordrhein-westfälischen Arbeitsministeriums. Zwischen Mai und August 2025 kontrollierten Inspektoren gezielt Paketdienste – mit erschreckendem Ergebnis: Bei mehr als der Hälfte der geprüften Unternehmen stellten sie Mängel beim Arbeitsschutz fest.
Minister Laumann sprach am 24. November Klartext und nannte die Situation “Ausbeutung”. Die Kontrollen ergaben: Jeder fünfte Kurier arbeitet länger als die gesetzlich erlaubten zehn Stunden täglich. Vielen Fahrern fehlt zudem grundlegende Sicherheitsausrüstung oder gesetzlich vorgeschriebene Hilfsmittel wie Sackkarre für schwere Pakete.
“Wir sehen ein strukturelles Defizit beim Arbeitsschutz”, so Laumann. Er zieht einen direkten Vergleich zur Fleischindustrie, die mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert war, bevor die Regierung mit einem Subunternehmer-Verbot eingriff. Laumann fordert nun ein analoges “Verbot von Werkverträgen” in der Paketbranche, damit Unternehmen direkte Verantwortung für ihre Belegschaft übernehmen.
Subunternehmer-System in der Kritik
Der Kern des Problems liegt im weitverbreiteten Einsatz von Subunternehmern. Während Marktführer DHL einen Großteil seiner Mitarbeiter direkt beschäftigt, setzen Wettbewerber oft auf komplexe Ketten von Subunternehmern und Sub-Subunternehmern. Gewerkschaften werfen ihnen vor, dieses System ermögliche “organisierte Verantwortungslosigkeit”.
Die zentralen Forderungen dieser Woche:
- Subunternehmer-Verbot: Ver.di und Minister Laumann verlangen eine gesetzliche Pflicht zur direkten Beschäftigung von Zustellpersonal
- Strikte 20-Kilo-Grenze: Ver.di fordert die konsequente Umsetzung einer Gewichtsobergrenze für Pakete, die eine Person allein handhaben muss. Zwar wurde das Postgesetz um Kennzeichnungspflichten für Schwerpakete ergänzt, doch Kritiker bemängeln fehlende praktische Wirkung
- Wirksame Kontrollen: Die am 26. November gestartete Kampagne “Faire Zustellung” des DGB Baden-Württemberg betont die Notwendigkeit strengerer staatlicher Aufsicht und härterer Strafen bei Verstößen
Die Bundesregierung hat kürzlich das “Paketboten-Schutz-Gesetz” entfristet und die Haftung von Hauptauftraggebern für ausstehende Sozialversicherungsbeiträge ihrer Subunternehmer ausgeweitet. Kritiker bezeichnen diese Maßnahme allerdings als “Papiertiger”, der die eigentlichen Ursachen der Ausbeutung nicht angeht.
Branche wehrt sich – Politik unter Zugzwang
Der Branchenverband BIEK, der die großen DHL-Wettbewerber vertritt, wies die Kritik zurück. In einer Stellungnahme zur Ver.di-Umfrage behauptete der Verband, die Gewerkschaftsdaten spiegelten nicht die Realität wider. Eigene Erhebungen zeigten höhere Zufriedenheitswerte. Flexible Beschäftigungsmodelle seien nötig, um schwankende Paketmengen zu bewältigen – besonders zu Spitzenzeiten wie Weihnachten.
Die DHL Group hingegen positioniert sich als “Klassenprimus” und verweist auf ihr Direktbeschäftigungsmodell sowie die Unterstützung der 20-Kilo-Grenze.
Während die Black Week weiterläuft, wächst der Druck auf die Gesetzgeber. Mit der NRW-Landesregierung, die eine Bundesinitiative ankündigt, und landesweiten Gewerkschaftskampagnen dürfte die Debatte über ein “Fleischindustrie-Gesetz für Paketdienste” die Arbeitsmarktpolitik der kommenden Monate dominieren.
Für Verbraucher, die diese Woche ihre Pakete empfangen, lautet die Botschaft der Zusteller unmissverständlich: Der Komfort kostenloser, schneller Lieferung wird derzeit durch die Gesundheit und Rechte jener Menschen subventioniert, die ihn an die Haustür bringen.
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