Betriebsräte, Prüfpunkte

Betriebsräte: Drei akute Prüfpunkte für den Jahreswechsel

24.12.2025 - 07:15:12

Ab Januar 2026 gelten neue Vorschriften für Betriebsräte: Digitalisierung der Dokumentation, strengere Grenzwerte für Gefahrstoffe und rechtliche Risiken durch Online-Krankschreibungen.

Der Jahreswechsel bringt für Betriebsräte eine Fülle neuer Pflichten. Digitalisierte Sicherheitsdokumente, neue Grenzwerte für Gefahrstoffe und eine gefährliche Falle bei Krankschreibungen erfordern sofortiges Handeln.

Während viele Beschäftigte bereits im Feiertagsmodus sind, müssen sich betriebliche Interessenvertreter auf wesentliche Änderungen einstellen. Ab dem 1. Januar 2026 treten wichtige Neuerungen im Arbeitsschutz in Kraft. Die wohl einschneidendste betrifft die Dokumentation: Die strenge Schriftform für Unterlagen wie Gefährdungsbeurteilungen wird weitgehend durch die Textform ersetzt. Das erleichtert digitale Prozesse, schafft aber neue Überwachungsaufgaben für den Betriebsrat.

„Der Wechsel zu digitaler Dokumentation ist keine Lizenz für schlampige Aufzeichnungen“, warnten kürzlich Rechtsexperten des Bund-Verlags. Betriebsräte müssen sicherstellen, dass die neuen Systeme revisionssicher sind und die Belegschaft die digitalen Unterweisungen auch tatsächlich erhält und versteht. Eine erste Prüfung im Januar sollte klären: Funktionieren die Workflows für digitale Unterschriften? Werden Mitarbeiter ohne PC-Arbeitsplatz nicht abgehängt?

Die gefährliche „Online-AU“: Ein Kündigungsgrund

Ein brisantes Thema für die ersten Belegschaftsversammlungen 2026 ist der Umgang mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU). Mitte Dezember 2025 bestätigte das Landesarbeitsgericht Hamm die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der eine „Online-AU“ ohne jeglichen Arztkontakt vorgelegt hatte. Ein über ein Internetportal gekauftes Attest ohne medizinische Untersuchung stelle keinen ausreichenden Krankheitsnachweis dar.

„Das ist eine große Falle für Beschäftigte, besonders in der aktuellen Grippesaison“, warnt Arbeitsrechtlerin Dr. Elena Weber. „Betriebsräte haben hier eine Fürsorgepflicht. Sie müssen die Belegschaft darüber aufklären, dass ‚Klick-und-Kauf‘-Krankschreibungen zur sofortigen Entlassung führen können.“ Der Betriebsrat sollte prüfen, ob die Richtlinien des Arbeitgebers zur Annahme von AUs klar sind und ob Beschäftigte durch unseriöse Anbieter nicht in eine disziplinarische Falle tappen.

Neue Grenzwerte und höhere Anforderungen an den Erste-Hilfe-Raum

Die Gefahrstoffverordnung wurde deutlich verschärft und verlangt sofortiges Handeln. Für krebserzeugende Stoffe gelten ab 2026 neue, strengere Grenzwerte, die aktualisierte Gefährdungsbeurteilungen erforderlich machen.

Zudem wurden die technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) zu Erste-Hilfe-Räumen verschärft. Für Betriebe einer bestimmten Größe oder Gefährdungsklasse wurden die Anforderungen an Ausstattung und Erreichbarkeit hochgeschraubt. Hier hat der Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG. Der Jahreswechsel ist der ideale Zeitpunkt für eine Begehung, um zu prüfen:
1. Ob die aktuellen Versionen der aushangpflichtigen Gesetze (2026) physisch oder digital zugänglich sind.
2. Ob die Erste-Hilfe-Einrichtungen den neuen ASR-Vorgaben entsprechen.
3. Ob die Gefährdungsbeurteilungen für Mitarbeiter, die mit neu eingestuften Gefahrstoffen arbeiten, aktualisiert wurden.

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Die neuen Grenzwerte für Gefahrstoffe und die verschärften ASR-Vorgaben zwingen Betriebe, Gefährdungsbeurteilungen schnell zu aktualisieren. Viele Betriebsräte und Sicherheitsbeauftragte wissen nicht, wo sie anfangen – und riskieren Bußgelder oder Mängel bei Kontrollen. Ein kostenloser Leitfaden mit fertigen Vorlagen und Checklisten zeigt, welche Schritte wirklich notwendig sind und wie Sie Ihre GBU revisionssicher dokumentieren. Jetzt kostenlose GBU-Vorlagen & Checklisten herunterladen

Superwahljahr 2026: Die „Matrix“-Herausforderung

Über all diesen operativen Aufgaben schwebt die Vorbereitung der Betriebsratswahlen 2026 im Frühjahr. Dieser Wahlzyklus wird durch die zunehmende Verbreitung von Matrix-Strukturen in Unternehmen besonders komplex.

In einer Grundsatzentscheidung im Mai 2025 präzisierte das Bundesarbeitsgericht (BAG), wer als „Matrix-Manager“ wahlberechtigt ist. Diese Führungskräfte, die teams an verschiedenen Standorten leiten, können demnach in Betrieben wählen oder kandidieren, in denen sie wesentliche Entscheidungsbefugnisse haben – auch wenn ihr „Stammarbeitsplatz“ anderswo liegt.

„Dieses Urteil verändert die Spielregeln für die Wählerlisten“, erklärt Wahlrechtsexperte Thomas Müller. „Die im Frühjahr 2026 zu bestellenden Wahlvorstände müssen die Unternehmensstruktur akribisch prüfen. Die fehlerhafte Ausschlussk eines Matrix-Managers könnte die gesamte Wahl anfechtbar machen.“

Der Fokus wird sich im ersten Quartal 2026 voraussichtlich auf den EU AI Act und das nationale Beschäftigtendatenschutzgesetz verlagern. Der Entwurf sieht starke Initiativrechte der Betriebsräte bei der Bestellung von Datenschutzbeauftragten und der Kennzeichnung von KI-Systemen vor. Die Überwachung der „digitalen Arbeitssicherheit“ dürfte dann das Agenda dominieren. Bis dahin gilt: Die Basics für den 1. Januar müssen stimmen. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel – und für die Betriebsräte hat die Saison 2026 bereits begonnen.

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