Azubi nach gefährlichem Wasser-Streich fristlos entlassen
19.11.2025 - 15:40:12Ein 18-jähriger Azubi kippt Lösungsmittel in die Trinkflasche eines Kollegen – als Scherz gedacht, endete die Aktion mit der fristlosen Kündigung. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat diese Woche den Fall verhandelt und damit ein deutliches Signal gesetzt: Wer die Gesundheit von Kollegen gefährdet, muss mit härtesten Konsequenzen rechnen. Selbst der besondere Kündigungsschutz für Auszubildende schützt nicht vor dem sofortigen Rauswurf.
Der Vorfall ereignete sich in einem Stahlunternehmen. Der Auszubildende füllte ein konzentriertes und gesundheitsgefährdendes Entfettungsmittel in die Trinkflasche eines Kollegen. Während der ursprünglich ins Visier genommene Azubi die Aktion bemerkte und nicht trank, nahm ein dritter Mitarbeiter später einen Schluck. Nur weil er die Flüssigkeit wegen des seltsamen Geschmacks sofort ausspuckte, wurde eine ernsthafte Vergiftung verhindert. Das Unternehmen reagierte umgehend: Nach Anhörung des Betriebsrats folgte die fristlose Kündigung.
Der entlassene Azubi wollte sich mit der Kündigung nicht abfinden und zog vor das Arbeitsgericht Duisburg. Doch dort erlitt er am 4. Juni 2025 eine deutliche Niederlage: Das Gericht bestätigte die fristlose Kündigung als rechtmäßig (Az. 4 Ca 280/25). Die Richter bewerteten die Tat als schwerwiegende Pflichtverletzung, die eine sofortige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses rechtfertige.
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Der vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) vertretene Azubi ging in Berufung vor das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Az. 3 SLa 346/25). Doch hier nahm der Fall eine überraschende Wendung: Der mittlerweile 19-Jährige erschien trotz persönlicher Ladung nicht zum Termin. Der Vorsitzende Richter der 3. Kammer, Olaf Klein, stellte ein „geringes Interesse am Berufungsverfahren” fest. Obwohl sein Anwalt mehrfach versucht hatte, Kontakt aufzunehmen, blieb der Kläger verschollen. Die Verhandlung endete schließlich mit einem unter Widerrufsvorbehalt stehenden Vergleich.
Strenger Kündigungsschutz – aber nicht grenzenlos
Grundsätzlich genießen Auszubildende in Deutschland einen besonders starken Kündigungsschutz. Nach Ablauf der maximal viermonatigen Probezeit ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Eine Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ist nur noch bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes” möglich – also wenn die Fortsetzung der Ausbildung für den Arbeitgeber unzumutbar wird.
Was gilt als wichtiger Grund? In der Regel schwere Pflichtverstöße. Dabei prüfen die Gerichte mehrere Faktoren: Wie gravierend war das Fehlverhalten? Wie alt und reif ist der Azubi? Wie lange dauerte die Ausbildung bereits? Normalerweise muss vor einer Kündigung eine Abmahnung erfolgen, die dem Auszubildenden die Chance gibt, sein Verhalten zu korrigieren. Doch bei besonders schweren Verstößen – etwa Diebstahl oder Gefährdung der Gesundheit von Kollegen – kann auf diese Warnung verzichtet werden. Genau hier ordnete das Gericht den Lösungsmittel-Streich ein: als fundamentale Vertrauensverletzung, die keine zweite Chance verdient.
Klare Botschaft an Betriebe und Azubis
Der Fall sendet unmissverständliche Signale an beide Seiten. Für Ausbildungsbetriebe bedeutet das Urteil: Auch wenn Azubis stark geschützt sind, können und müssen sie bei gravierenden Sicherheitsverstößen konsequent handeln. Die Bestätigung der fristlosen Kündigung zeigt, dass die Justiz die vorsätzliche Gefährdung von Kollegen als fundamentalen Vertrauensbruch wertet.
Für Auszubildende ist die Botschaft ebenso deutlich: Sogenannte „Scherze” mit gefährlichen Substanzen oder anderen gesundheitsgefährdenden Elementen werden nicht toleriert. Eine solche Aktion kann die gesamte berufliche Zukunft gefährden, denn mit einer fristlosen Kündigung im Lebenslauf wird die Suche nach einem neuen Ausbildungsplatz zur Herausforderung. Dass der Kläger nicht einmal zu seiner eigenen Berufungsverhandlung erschien, wertete das Gericht kritisch – ein Verhalten, das seine Position zusätzlich schwächte.
Welche Konsequenzen bleiben?
Der unter Widerrufsvorbehalt geschlossene Vergleich lässt den endgültigen Ausgang noch offen. Sollten die Parteien den Vergleich widerrufen, wird das Gericht ein förmliches Urteil verkünden. Doch die klare Haltung des Erstgerichts und der Verlauf der Berufungsverhandlung deuten darauf hin, dass die Chancen des ehemaligen Azubis auf Erfolg äußerst gering sind.
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf dürfte in künftigen Fällen von Fehlverhalten in der Ausbildung häufig zitiert werden. Es unterstreicht: Der besondere Schutz für Auszubildende ist kein Freibrief für rücksichtsloses Verhalten. Ausbildungsbetrieben wird empfohlen, ihre Arbeitsschutzrichtlinien und die möglichen Konsequenzen bei Verstößen von Beginn an klar zu kommunizieren. Denn am Ende kann das eigentliche Ziel einer Ausbildung – einen Beruf zu erlernen – nur in einem sicheren und respektvollen Umfeld erreicht werden.
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