Arbeitszeiterfassung: Große Koalition lässt Unternehmen im Stich
09.12.2025 - 20:42:12Sieben Monate nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrags warten deutsche Betriebe weiterhin vergeblich auf das versprochene Gesetz zur Arbeitszeiterfassung. Eine heute veröffentlichte Analyse des Fachverlags Haufe macht deutlich: Die „Modernisierungslücke” im deutschen Arbeitsrecht wächst – und mit ihr die Rechtsunsicherheit für Unternehmen und Betriebsräte.
Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD hatte im Mai 2025 eine „unbürokratische” Lösung für die Zeiterfassung angekündigt. Passiert ist seitdem: nichts. Kein Gesetzentwurf, keine Diskussionsgrundlage. Stattdessen müssen sich Betriebe weiterhin an das strikte Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) von 2022 halten – ohne die versprochene gesetzliche Flexibilität für vertrauensbasierte Arbeitszeitmodelle.
Das Kernproblem liegt tiefer: Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist nicht mehr zeitgemäß. Während Homeoffice, KI-gestützte Systeme und digitale Arbeitsmodelle längst Alltag sind, regeln die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte noch immer Arbeitswelten von gestern.
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„Das BetrVG ist im 20. Jahrhundert steckengeblieben”, konstatiert die Haufe-Analyse unmissverständlich. Besonders brisant wird diese Diskrepanz bei den anstehenden Betriebsratswahlen 2026. Vom 1. März bis 31. Mai 2026 finden bundesweit Wahlen statt – vermutlich noch immer nach veralteten Regeln, die digitale Abstimmungen oder Remote-Wahlkampf kaum berücksichtigen. Was bedeutet das für Belegschaften, die überwiegend von zu Hause arbeiten?
Vertrauensarbeitszeit in der Schwebe
Für Personalabteilungen ist die Lage besonders frustrierend. Das BAG-Urteil vom September 2022 verpflichtet Arbeitgeber zur Erfassung von „Beginn, Ende und Dauer” der täglichen Arbeitszeit. Gleichzeitig hatten Union und SPD im Koalitionsvertrag vom 5. Mai 2025 versprochen, Vertrauensarbeitszeit weiterhin zu ermöglichen.
„Unternehmen wurde ein gesetzliches Sicherheitsnetz versprochen, das flexible Modelle legalisieren sollte”, erklärt Arbeitsrechtler Dr. Thomas Wagner. „Stattdessen operieren sie in einem Vakuum, in dem die strenge richterliche Vorgabe gilt – aber ohne die politisch zugesagten Ausnahmen.”
Die Folge: Betriebsräte fordern in Verhandlungen zunehmend strenge elektronische Erfassungssysteme, um rechtssicher zu sein. Arbeitgeber zögern jedoch mit teuren Investitionen in Infrastruktur, die möglicherweise obsolet wird, sobald das Gesetz endlich kommt – falls es denn kommt.
KI-Systeme als Mitbestimmungs-Stolperstein
Neben der Zeiterfassung sorgt die „Modernisierungslücke” auch bei IT- und KI-Systemen für Konflikte. Nach § 87 Absatz 1 Nummer 6 BetrVG haben Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht, wenn technische Einrichtungen eingeführt werden, die das Verhalten oder die Leistung von Beschäftigten überwachen können.
Doch wie sieht es mit KI-gestützten Analysetools aus? Die entscheidende Frage lautet: Löst bereits die technische Möglichkeit zur Datenerfassung das Mitbestimmungsrecht aus – selbst wenn Überwachung nicht der primäre Zweck ist?
In zahlreichen Betrieben blockieren Betriebsräte derzeit Updates globaler HR-Software oder den Einsatz von KI-Produktivitätstools. Sie berufen sich dabei auf ihre Mitbestimmungsrechte. Die Haufe-Studie warnt: Ohne klare gesetzliche Vorgaben werden solche Konflikte zunehmen und die Digitalisierung deutscher Unternehmen ausbremsen.
Konkret fordert die Analyse ein „digitales Update” für § 87 BetrVG, das den Anwendungsbereich bei KI-Tools ohne Überwachungsfunktion präzisiert. Gefragt ist eine Balance zwischen Datenschutz der Beschäftigten und der betrieblichen Notwendigkeit moderner Software-Infrastruktur.
Wirtschaft frustriert, Betriebsräte in Wartestellung
Unternehmensverbände reagieren mit wachsendem Unmut. „Wir brauchen Rechtssicherheit, keinen permanenten Provisoriumszustand”, erklärte ein Sprecher eines mittelständischen Verbands diese Woche. Die fehlende gesetzliche Klarheit widerspreche dem Koalitionsversprechen, Bürokratie abzubauen.
Für Betriebsräte wiederum geht es um Datenschutz und die Verhinderung unbezahlter Überstunden. Das Fehlen eines Bundesgesetzes verschafft ihnen eine starke Verhandlungsposition: Sie können sich auf das strikte BAG-Urteil berufen und umfassende Zeiterfassungssysteme durchsetzen – die manche Arbeitgeber als überzogen empfinden.
Wahlen 2026: Tickt die Uhr für die Regierung?
Der Druck auf die Bundesregierung steigt. Sollte bis Anfang 2026 kein Gesetzentwurf im Schnellverfahren eingebracht werden, finden die Betriebsratswahlen in einem Klima rechtlicher Unsicherheit statt. Experten sehen darin ein beträchtliches Risiko für die demokratische Legitimität der Arbeitnehmervertretungen.
Unternehmen wird derzeit geraten, pragmatische Übergangsbetriebsvereinbarungen auszuhandeln. Diese sollten die BAG-Mindeststandards erfüllen, gleichzeitig aber „Öffnungsklauseln” enthalten, die Anpassungen ermöglichen, sobald das Bundesgesetz endlich verabschiedet wird.
Die Frage bleibt: Wann handelt Berlin endlich?
Hinweis: Dieser Artikel informiert über aktuelle Rechtsentwicklungen und stellt keine Rechtsberatung dar. Unternehmen sollten bei konkreten Mitbestimmungsfragen juristischen Rat einholen.
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