APA Nachhaltigkeitsbericht 2025 des Fiskalrates.
30.04.2025 - 10:06:41APA Nachhaltigkeitsbericht 2025 des Fiskalrates. Budgetäre...
Budgetäre Langfristprojektion für 2024 bis 2070.
Wien (APA-ots) - Zwtl.: Finanzierung des öffentlichen Haushalts gefährdet: Demografisch bedingte Kostensteigerungen und schwaches BIP-Wachstum führen zu einer großen Finanzierungslücke
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Langfristige Finanzierungslücke beträgt 7,0% des BIP: Finanzierungslücke laut Fiskalrat damit deutlich größer als in Langfristprognosen von Finanzministerium und Europäischer Kommission [1]
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Aktuelles Konsolidierungspaket von 1,7% des BIP muss deutlich ergänzt werden; zuwarten erhöht nötige Konsolidierung weiter
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Zusätzliche umfassende Konsolidierung trotz bestehender Unsicherheiten von Langfristprojektionen unvermeidbar
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Demografische Faktoren belasten das Budget 2070 mit 6,2% des BIP
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Pensionsausgaben steigen 2024 in Prozent des BIP sprunghaft an und erhöhen sich langfristig weiter
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Starker laufender Anstieg der Gesundheits- und Pflegeausgaben bis 2070
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Klimawandel und Klimaziele belasten Budget 2070 mit 1,3% des BIP
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Einnahmenwachstum immer weniger in der Lage, Ausgabenwachstum zu kompensieren
Der FISK-Nachhaltigkeitsbericht zeigt die langfristige Entwicklung der öffentlichen Finanzen Österreichs bis 2070. Der demografisch bedingt starke Anstieg der Ausgaben v. a. für Pensionen, Gesundheit und Pflege steht einem relativ schwachen Anstieg der Staatseinnahmen aufgrund der geringen mittel- bis langfristigen BIP- Wachstumsaussichten gegenüber. Daraus errechnet sich eine große langfristige Finanzierungslücke, die durch Budgetbelastungen aufgrund des Klimawandels und zur Erfüllung der Klimaziele auf 7,0% des BIP ansteigt. Das gegenwärtig verhandelte Konsolidierungspaket reicht auch nicht kurzfristig aus, um die im Bericht unterstellte notwendige jährliche Rückführung der Schuldenquote um 0,5% des BIP ( Minimalanforderung der EU-weiten "Debt Safeguard") zu erreichen. Um die mittel- bis langfristig laufend anwachsende Finanzierungslücke zu schließen, sind große zusätzliche Konsolidierungsschritte unumgänglich und zeitnah umzusetzen. Werden die bestehenden Finanzierungslücken nicht zeitgerecht geschlossen, erhöhen sich die Staatsverschuldung und damit die Zinszahlungen. Der langfristige Konsolidierungsbedarf steigt über die errechneten 7,0% des BIP an und kann über Zinseszinseffekte und steigende Risikoaufschläge eine explodierende Dynamik einnehmen.
Finanzierungslücke steigt von aktuell 2,5% bis 2070 auf 7,0% des BIP an, verzögerte Konsolidierung lässt Werte weiter ansteigen
Der FISK-Nachhaltigkeitsbericht errechnet als zentrale Nachhaltigkeitsgröße die "Finanzierungslücke bzw. fiskalische Lücke". Dabei handelt es sich um den Abstand zwischen dem gegenwärtig projizierten Primärsaldo und dem notwendigen Primärsaldo, um die Schuldenquote pro Jahr um 0,5% des BIP rückzuführen ( Minimalanforderung der "Schutzvorkehrung zur Schuldenrückführung/Debt Safeguard" im neuen EU-Fiskalregelwerk [2] ). Ausgehend von 2,5% des BIP im Jahr 2025 steigt die Finanzierungslücke langfristig auf 7,0% des BIP an. Die verspätete Konsolidierung erhöht die langfristige Konsolidierungslücke: Die im Regierungs-programm 2025 avisierte Konsolidierung reicht nicht aus, um die aktuelle Lücke von 2,5% zu schließen. Damit erhöht sich die notwendige langfristige Konsolidierungsanstrengung, da die Schuldenquote auch 2025 steigt.
Zusätzliche Konsolidierung trotz bestehender Unsicherheiten unvermeidbar
Der Fiskalrat berechnete 21 Alternativszenarien, um den Unsicherheiten einer Langfristprojektion zu begegnen. Alle Szenarien und damit eine große Bandbreite an möglichen zukünftigen Entwicklungen (u. a. höheres Wirtschaftswachstum oder Anstieg des Bevölkerungswachstums) weisen für Österreich eine deutliche langfristige Finanzierungslücke aus. Betrachtete Einzelmaßnahmen, wie die Erhöhung des Regelpensionsalters um ein Jahr oder eine Bremse für Gesundheitsausgaben, können die Finanzierungslücke zwar verringern, reichen jedoch bei Weitem nicht aus, um sie zu schließen. Zur Sicherung der langfristigen Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen in Österreich sind daher umfassende Konsolidierungsanstrengungen, die weit über das aktuelle Konsolidierungspaket hinausgehen, unausweichlich.
Errechnete Finanzierungslücke übersteigt Werte des BMF und der EK deutlich
Der Fiskalrat errechnet eine Verschlechterung des Primärsaldos von 2023 bis 2060 im Umfang von 5,1% des BIP, während das Finanzministerium und die Europäische Kommission mit einer Verbesserung von 0,4% bzw. einer Verschlechterung von 1,6% des BIP von einer deutlich besseren Entwicklung der Budgetlage ausgehen. Im Fall der BMF-Langfristprognose ist der Unterschied primär auf den deutlich früheren Erstellungszeitpunkt im Jahr 2022 vor den Haupteffekten der Hochinflationsphase zurückzuführen. Bei der Projektion des Ageing Reports 2024 der EK dürften die gewählten günstigen Annahmen zur langfristigen Wirtschaftsentwicklung den erwarteten geringen Anstieg der demografieabhängigen Ausgaben erklären. Damit stellt die EK-Projektion im Vergleich zu den anderen verfügbaren Projektionen für Österreich einen Ausreißer dar.
Anstieg der Gesundheits-, Pensions- und Pflegeausgaben führen zu großer Finanzierungslücke
Die demografiebedingten Ausgaben steigen gegenüber 2023 langfristig um 6,2% des BIP an und sind damit hauptverantwortlich für die Verschlechterung der langfristigen Budgetlage. Dabei fällt der Anstieg der Gesundheitsausgaben um 2,3%, gefolgt vom Anstieg der Pensionsausgaben und Pflegeausgaben um 1,9% bzw. 1,8% des BIP, besonders groß aus. Im Fall der Pensionsausgaben erfolgt der Großteil des Anstiegs der Ausgaben aufgrund der verspäteten Wirkung der Hochinflationsphase auf die Pensionen bereits in den Jahren 2024 und 2025 (durchschnittliche Pensionserhöhungen um 9,7% bzw. 4,6% sind hauptsächlich für den Anstieg der Pensionsausgaben um 1,3% des BIP bis 2025 verantwortlich). Der Anstieg der Gesundheits- und Pflegeausgaben erfolgt hingegen stärker über den Projektionshorizont verteilt, wobei der stärkste Anstieg in den Jahren 2030 bis 2050 zu erwarten ist und 2060 bis 2070 wieder etwas zurückgeht.
Klimawandel bzw. Einhaltung der Klimaziele erhöhen Finanzierungslücke 2070 um 1,3% des BIP
Der voranschreitende Klimawandel und die verpflichtenden EU- Klimaziele beeinflussen die öffentlichen Finanzen in Österreich vielfältig. Der FISK-Nachhaltigkeitsbericht 2025 greift diese Einflussfaktoren erstmals auf und berechnet deren Budgeteffekte im Rahmen eines neu konzipierten Klimamoduls des FISK-OLG-Modells. Die Projektionen machen deutlich, dass die mit Abstand größte langfristige Budgetbelastung aufgrund des Wegfalls der energiebezogenen Steuern durch die Veränderung des Energiemixes hin zu einer verstärkten Nutzung von erneuerbarer Energie entsteht. Zusätzlich führen notwendige Zertifikatszukäufe aufgrund der Verfehlung der EU-Klimaziele zu einem Anstieg der langfristigen Staatsausgaben. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die erwarteten öffentlichen Schadenskosten durch häufiger auftretende Naturkatastrophen sind hingegen relativ moderat.
Einnahmen können aufgrund des schwachen Wirtschaftswachstums starken Ausgabenanstieg nicht kompensieren
Der BIP-Rückgang infolge der Hochinflationsphase und der Energiekrise scheint laut aktueller Wirtschaftsprognosen permanent zu sein. Im Gegensatz zum BIP-Einbruch im Zuge der COVID-19-Pandemie wird hier keine Rückkehr auf den ursprünglichen BIP-Pfad erwartet. Ausgehend von diesem permanenten Verlust an Wirtschaftsleistung führen ein demografisch bedingtes geringes Beschäftigungswachstum und ein moderater erwarteter technologischer Fortschritt zu einem im historischen Vergleich schwachen mittel- bis langfristigen Wirtschaftswachstum. Der dadurch gedämpfte Anstieg der Staatseinnahmen ist damit immer weniger in der Lage, den starken Anstieg der Staatsausgaben zu kompensieren.
Finanzierungslücke kann nur mit einer Kombination aus vielen Maßnahmen geschlossen werden
Die Umsetzung der gegenwärtig geplanten Konsolidierung ist ein wichtiger, aber nur erster Schritt zur Sicherung der Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen in Österreich. Das starke Ausgabenwachstum im Gesundheits-, Pflege- und Pensionsbereich muss durch Strukturreformen adressiert werden. Gleichzeitig gilt es, das Einnahmenwachstum durch wachstumsfördernde Industrie- und Wirtschaftspolitik zu erhöhen. Die reale Wertsicherung von Staatsausgaben und Staatseinnahmen sollte gemeinsam gedacht werden und die vorherrschende Budgetsituation berücksichtigen.
Presseunterlagen, Berichte und Empfehlungen unter Fiskalrat - Presseinformationen .
[1] Beruht auf der WIFO-Mittelfristprognose Jänner 2025. Das langfristige durchschnittliche reale BIP-Wachstum beträgt 1,2%.
[2] Diese Regel ist für Länder während eines ÜD-Verfahrens ausgesetzt.
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