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(Aktualisierung: durchgehend aktualisiert mit Debatte)BERLIN - Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Generaldebatte im Bundestag vor allem dazu genutzt, die Kritik der Opposition an der Reformpolitik der Koalition zurückzuweisen.

24.09.2025 - 12:40:25

Merz im Verteidigungsmodus: Reformen sind kein Kahlschlag

(Aktualisierung: durchgehend aktualisiert mit Debatte)

BERLIN (dpa-AFX) - Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Generaldebatte im Bundestag vor allem dazu genutzt, die Kritik der Opposition an der Reformpolitik der Koalition zurückzuweisen. Er verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Regierung betreibe mit ihren Plänen "Kahlschlag" am Sozialstaat. "Das Ziel der Reformen, die wir auf den Weg bringen, ist nicht der Abbruch des Sozialstaats, sondern ist der Erhalt des Sozialstaats, so wie wir ihn wirklich brauchen", sagte der CDU-Chef. Der Opposition warf er vor, ein "Zerrbild" an die Wand zu malen.

Die Generaldebatte gilt als Höhepunkt der Beratungen über den Bundeshaushalt 2026. Merz hatte bereits in der Vorwoche zum Etat 2025 geredet und eindringlich um Unterstützung für Reformen des Sozialstaats geworben. Wie schon am vergangenen Mittwoch wurde der Kanzler auch diesmal nicht konkret.

Auto- und Stahlgipfel in den nächsten Tagen

Für die Kabinettsklausur in der kommenden Woche stellte Merz weitreichende Beschlüsse zur Staatsmodernisierung in Aussicht, ohne Einzelheiten zu nennen. Außerdem kündigte er an, dass die geplanten Gipfeltreffen mit der Auto- und Stahlindustrie in den nächsten Tagen stattfinden werden. Es gehe darum: "Was können wir noch mehr tun, um diese Industrien in Deutschland zu halten und ihnen in Deutschland eine gute Perspektive zu eröffnen."

Der Kanzler wies auch den Vorwurf der Opposition zurück, die Bundesregierung schleife die Klimapolitik. "Nichts könnte ferner von der Realität sein", sagte er. "Wir machen Klimaschutz ohne Ideologie."

Kein Wort zu Trump, Russland oder Israel

Die Außenpolitik sparte Merz überraschenderweise aus. Er ging nicht auf die Rede von US-Präsident Donald Trump vor der UN-Vollversammlung ein und auch nicht auf die Debatte über einen möglichen Abschuss russischer Kampfjets in den Nato-Luftraum. Erneut äußerte er sich nicht zum Krieg im Nahen Osten und zur Diskussion über eine härtere Gangart gegenüber Israel.

Für seine Rede in der Generaldebatte hatte Merz auf die Teilnahme an der UN-Vollversammlung in New York verzichtet. In den ersten Monaten seiner Amtszeit war er immer wieder dafür kritisiert worden, dass er sich mit Reisen nach Washington, Paris oder Kiew zwar außenpolitisch profiliert, aber die Innenpolitik vernachlässigt habe. Dass er der UN-Vollversammlung fernbleibt, trifft nun aber auch auf Kritik.

Grüne: "Sie sollten in New York sein"

"Sie sollten in New York sein", sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Wenn es um Lösungen für Frieden im Nahen Osten oder die Unterstützung der Ukraine gehe, wäre es Aufgabe des Kanzlers, dort zu sein. Haßelmann sprach auch die Rede Trumps in New York an, in der der US-Präsident die UN scharf attackiert hatte. Sie fragte Merz, ob er Trump nicht habe widersprechen wollen.

Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) konterte die Kritik: "Was für ein Theater hätten Sie heute hier gemacht, wenn er heute zur Generaldebatte nicht hier gewesen wäre?", fragte er.

Der Kanzler sagte erneut, dass Außen- und Innenpolitik sich nicht voneinander trennen ließen. Sein Engagement in der Außenpolitik diene der Bewahrung des Friedens, der Freiheit und des Wohlstands "auch und vor allem im Inneren". Er betonte, dass die gesamte westliche Wertegemeinschaft "vor ihrer vielleicht größten Bewährungsprobe" stehe. Dies habe unmittelbare Folgen für die deutsche Wirtschaft, die auf globale Märkte ausgerichtet sei und eine offene und regelbasierte Weltordnung brauche.

AfD fordert Abriss der Brandmauer

Eröffnet wurde die Generaldebatte erstmals von Tino Chrupalla als Chef der größten Oppositionsfraktion AfD. Er rief den Kanzler indirekt dazu auf, sich für eine Zusammenarbeit mit der AfD zu öffnen: "Reißen Sie endlich die politischen Mauern ein und arbeiten mit denen zusammen, die es wirklich gut mit Deutschland und seinen Bürgern meinen." Das Ganze finde in Kommunen, Kreis- und Landtagen längst statt.

Ähnlich äußerte sich AfD-Chefin Alice Weidel, nachdem sie die schwarz-rote Koalition in ihrer Rede erneut scharf kritisiert hatte. Es liege "an Ihnen, sehr geehrte Kollegen von der Union, sich von der Brandmauer zu befreien", sagte sie.

Grünen-Fraktionschefin Haßelmann beschwerte sich, von Merz mit der AfD in eine Ecke gestellt worden zu sein. Damit bezog sie sich offensichtlich auf eine Reaktion des Kanzlers auf Zwischenrufe aus beiden Fraktionen zu seinen Äußerungen zum Klimaschutz. "Dass nun von da und von da dieselben Zwischenrufe kommen, das ist schon ziemlich aufschlussreich", sagte er. Haßelmann bezeichnete das als "bodenlos und krass".

Linke und Grüne erneuern Kritik an Sozialreformen

Linke und Grüne erneuerten in der Debatte ihren Vorwurf, die rot-schwarze Koalition plane Sozialabbau. Linksfraktionschefin Heidi Reichinnek nannte Einschnitte bei der Jugendhilfe, Eingliederungshilfe sowie mögliche Einschränkungen bei Leistungen im Gesundheitssystem als Beispiele. "Wir als Linke werden Ihnen das nicht durchgehen lassen", sagte sie.

Haßelmann warf Merz vor, einen Spalt in der Gesellschaft zu verursachen. "Sie waren es, der von Sozialabbau geredet hat, den dieses Land dringend braucht." Die Grünen sagten dagegen, Sozialreformen seien dringend notwendig, und die schwarz-rote Koalition lasse sich dabei zu viel Zeit.

Miersch fordert zügige Umsetzung von Vorhaben

Für die SPD forderte Fraktionschef Matthias Miersch mehr Tempo bei den weiteren Vorhaben der Bundesregierung. "Herr Bundeskanzler, da bitte ich Sie wirklich jetzt auch in den nächsten Monaten drauf zu achten: Wir stellen Milliarden für die Infrastruktur, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zur Verfügung. Aber mit einem Haushaltsbeschluss alleine kommt noch nichts bei den Menschen an", sagte er. Konkret forderte Miersch einen zügigen Beschluss des sogenannten Bauturbos, der dafür sorgen soll, dass Mittel für den Wohnungsbau auch tatsächlich abfließen.

@ dpa.de

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